FaktencheckNein, der Absturz eines Industriellen hat nichts mit den Nord-Stream-Lecks zu tun
In den sozialen Medien wird ein Zusammenhang zwischen dem tödlichen Flugzeugabsturz eines deutschen Unternehmers und den Nord-Stream-Lecks konstruiert. Doch den gibt es nicht.
Darum gehts
Die Versuchung war für einige Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretiker wohl einfach zu gross. Auf der einen Seite war da die führerlose Cessna, die von Kampfjets begleitet Anfang September in die Ostsee stürzte, wobei der deutsche Industrielle Peter Griesemann und drei weitere Personen starben. Auf der anderen Seite gab es drei Wochen später mehrere Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines, die vier Gaslecks zur Folge hatten und deren Urheber bisher unbekannt ist. Wenn man dann noch weiss, dass der verunglückte Industrielle Gründer einer in der Rohrleitungstechnik und im Tankbau tätigen Firma ist, lässt sich schnell ein Zusammenhang zwischen den Ereignissen herbei fabulieren.
Und prompt machte kurz nach dem Auftauchen der Nord-Stream-Lecks das Gerücht die Runde, dass der Absturz von Peter Griesemann, Gründer der Griesemann Gruppe, und die vermutliche Sabotage an den Ostsee-Pipelines miteinander zu tun hätten. Denn, so wird behauptet, die Griesmann Gruppe sei «das Unternehmen, das die Nord Stream 1 und 2 Pipelines wartet und repariert.» Und: «Die deutschen Medien schweigen komplett.» Ein gefundenes Fressen für allerlei Eiferinnen und Eiferer. Ein entsprechender Tweet wurde über 1400-mal geteilt und natürlich fand die Behauptung auch Einzug in die Kommentarspalte der «Weltwoche». Auch hier mit dem Vorwurf, dass das Ereignis in der Presse «quasi» nicht stattfand.
Und tatsächlich berichteten die Medien nicht über den vermeintlichen Zusammenhang dieser beiden Ereignisse. Was aber in erster Linie daran liegt, dass es diesen konstruierten Zusammenhang schlicht nicht gibt.
Beide Ereignisse fanden statt …
Fakt ist: Am 4. September stürzte die vom Unternehmer Peter Griesemann (72) pilotierte
Cessan Citation nach einem mehrstündigen Irrflug vor der lettischen Küste in die Ostsee. Dabei verloren Griesemann, seine Frau sowie deren Tochter und ihr Freund ihr Leben. Zum Irrflug war es gekommen, weil in der Maschine auf dem Weg von Spanien nach Köln der Druck in der Kabine abfiel, woraufhin die Insassen wegen Sauerstoffmangels bewusstlos wurden. Dass der Privatjet bis in die Ostsee weiterflog, dürfte dem aktivierten Autopiloten geschuldet sein. Zum Absturz kam es schliesslich, weil der Tank leer war.
Fakt ist auch, dass am 26. September an den beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2, die für den Transport von russischem Erdgas nach Europa gebaut worden waren, ein starker Druckabfall festgestellt wurde. Dieser rührte von vier Lecks her, wie sich schnell herausstellte. Viele Staaten gehen inzwischen von einem Sabotageakt aus, da zeitgleich mehrere Explosionen gemessen wurden, die «vermutlich einer Sprengladung von mehreren Hundert Kilogramm» entsprachen, wie das dänische Seismologische Institut mitteilte. Während sich der Westen und Russland gegenseitig die Schuld zuschieben, ist bisher unklar, wer für die Explosionen verantwortlich war.
… doch ein Zusammenhang besteht nicht
Klar ist aber, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Nord-Stream-Lecks und dem tödlichen Absturz von Peter Griesemann, der 2015 die Geschäftsführung an seinen Sohn Björn Griesemann übergeben hatte, gibt. Denn die Griesemann Gruppe hatte nie etwas mit den Nord-Stream-Pipelines zu tun. Auf Anfrage versichert die Firma, «dass die Griesemann Gruppe keine geschäftlichen Beziehungen mit der Nord Stream AG unterhält.» Wie Sebastian Orzel, Referent Marketing und Unternehmenskommunikation der Griesemann Gruppe, erklärt, gab und gibt es weder in der Vergangenheit noch zum aktuellen Zeitpunkt Wartungsaufträge für die Pipelines oder zugehörige Technologien. «Auch am Bau der Pipelines gibt es keine Beteiligung der Griesemann Gruppe», so Orzel.
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