Neuer Bluttest sagt Todesrisiko voraus

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90 Prozent GenauigkeitNeuer Bluttest sagt Todesrisiko voraus

Der Verlauf ist bei jedem Covid-19-Patienten anders, ihn vorherzusehen schwierig. Nun gibt es einen Test, der verrät, ob die Erkrankten zehn Tage später noch leben oder nicht.

Darum gehts

  • Den Verlauf von Covid-19 kann niemand vorhersagen. Schon gar nicht, ob der Patient überleben oder sterben wird.
  • Ein Bluttest von chinesischen Forschern könnte das ändern.
  • Ausschlaggebend für die Prognose sind drei Stoffe: In Kombination lässt sich mit ihnen mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent voraussagen, ob Covid-19-Patienten zehn Tage später noch leben oder nicht.

Wie wird es mit dem Patienten weitergehen? Diese Frage konnten Mediziner, die Sars-CoV-2-Infizierte betreuen, bislang kaum beantworten. Schon gar nicht liess sich sagen, ob sie die Viruserkrankung überleben oder nicht.

Ein Test, den Forscher um Li Yan vom Tongji Hospital in Wuhan im Fachjournal «Nature Machine Intelligence» vorstellen, könnte das ändern. Dieser soll mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent voraussagen, ob Covid-19-Patienten zehn Tage später noch leben oder nicht.

Drei Biomarker identifiziert

Die Wissenschaftler hatten zuvor die Blutproben von 375 Covid-19-Patienten analysiert, deren Verläufe ganz unterschiedlich waren. 174 starben infolge der Infektion.

Für das Vorhaben von Li Yan und seinen Mitstreitern war die hohe Zahl der Opfer von Vorteil. So konnten sie nämlich in den gewonnenen Daten nach möglichen Biomarkern suchen, die mit der Sterblichkeit zusammenhängen und diese vorhersehbar machen könnte.

Tatsächlich entdeckten die Forscher drei Stoffe, die eine Prognose möglich machen, wie sie schreiben: ein Enzym (Lactatdehydrogenase, kurz: LDH), ein Eiweissstoff (hochsensitives CRP) und die zu den weissen Blutkörperchen gehörenden Lymphozyten.

Bereits erprobt

Alle drei Blutbestandteile können gemäss den Wissenschaftlern leicht untersucht werden und so «in überfüllten Spitälern und bei knappen Ressourcen dazu beitragen, schnell Prioritäten zu setzen» und die Behandlung entsprechend auszurichten. Weiterer Vorteil sei, dass alle drei als Biomarker gut bekannt seien.

So stehen erhöhte LDH-Werte für Gewebeschäden und deuten auf schwere Lungenerkrankungen hin; CPR-Werte geben Auskunft über Entzündungen und werden zur Bestimmung von akutem Lungenversagen herangezogen. Ein Mangel an Lymphozyten war dagegen schon bei den Sars- oder Mers-Epidemien aufgefallen.

Stark in der Kombination

Kombiniert sagten die drei Biomarker mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent zehn Tage im Voraus den Tod der Patienten voraus, so das Team um Li Yan – und zwar unabhängig von dem, was die Ärzte prognostiziert hatten. Entsprechend könnten die Substanzen mit hoher Zuverlässigkeit verwendet werden.

Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass es sich bei ihrer Studie um eine retrospektive Studie mit verhältnismässig wenigen Teilnehmern gehandelt hat. Sie empfehlen daher, die Erkenntnisse in einer grösseren Untersuchung mit einem erweiterten Versuchsaufbau zu überprüfen.

Auch im Urin lässt sich lesen

Erst kürzlich berichteten deutsche Forscher von einem Test, der Auskunft über den weiteren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung geben kann.

Wie die Mediziner des Universitätsklinikums Göttingen (UMG) im Fachjournal «The Lancet» schreiben, weist der Urin von Patienten, die innerhalb weniger Tage sehr krank werden, Abnormitäten auf. Relevant sind dafür drei Parameter. Ist nur einer auffällig, kann noch Tage bevor Lunge und andere Organe schwer versagen, mit der Behandlung drohender Komplikationen begonnen werden.

Was auf den Urintest folgt

Werden im Urin Abnormitäten festgestellt, folgt eine genauere Analyse. Bei dieser wird der Gehalt des Proteins Albumin im Blut und im Urin bestimmt sowie die Konzentration des Bluteiweisses Antithrombin III – das lässt sich daraus lesen:

Ein schwerer Albumin-Mangel im Blut deutet auf das sogenannte Capillary-Leak-Syndrom hin. Besteht dieses, sickern Bluteiweisse und Flüssigkeit durch die löchrig gewordenen Wände der kleinen Blutgefässe in die Gewebe der Lunge und anderer Organe ein. In der Folge schwillt das Lungengewebe an, wodurch der Sauerstoffaustausch behindert wird. Helfen können laut den UMG-Ärzten hochdosierte Entwässerungsmedikamente und kreislaufstabilisierende Mittel.

Ein Antithrombin-III-Mangel im Blut zeigt an, dass die Blutgerinnung bereits deutlich erhöht ist und Thrombosen und Lungenembolien drohen. Betroffene sollten daher Blutverdünnungsmittel erhalten, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern. Diese müssen laut den UMG-Medizinern hoch dosiert werden, da der Antithrombin-Mangel ihre Wirksamkeit verringert.

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