Oscar-Preisträger: Hamdan Ballal von israelischen Soldaten verschleppt

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Nach Angriff in IsraelOscarprämierter Regisseur Hamdan Ballal wurde aus Haft entlassen

Der 36-jährige Palästinenser hat für seine Friedensdoku einen Goldjungen gewonnen. Dann haben ihn israelische Soldaten verschleppt und einen Tag festgehalten.

Vor drei Wochen holte sich Regisseur Hamdan Ballal in Los Angeles noch einen Oscar ab für seinen Dokumentarfilm «No Other Land». Dann haben israelische Soldaten den Palästinenser laut Augenzeugen angegriffen und festgenommen.
Nach einem Tag in Haft wurde er am Dienstag wieder freigelassen.
In Ballals Film schliessen sich ein palästinensischer Aktivist und ein israelischer Journalist zusammen, um über das Schicksal eines Dorfes im Westjordanland zu berichten.
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Vor drei Wochen holte sich Regisseur Hamdan Ballal in Los Angeles noch einen Oscar ab für seinen Dokumentarfilm «No Other Land». Dann haben israelische Soldaten den Palästinenser laut Augenzeugen angegriffen und festgenommen.

IMAGO/Cover-Images

Darum gehts

  • Regisseur Hamdan Ballal, ein Oscar-Gewinner, wurde vermisst, nachdem israelische Soldaten ihn laut Augenzeugen angegriffen und einen Tag lang festgenommen haben.

  • Die israelische Armee spricht von einem eskalierten Streit zwischen Palästinensern und Israelis.

  • Ballal gewann den Oscar für seine Friedensdokumentation «No Other Land», die ein palästinensisch-israelisches Bündnis zeigt.

Was Freunde und Augenzeugen von Hamdan Ballal berichten, könnte als Plot für einen Actionfilm herhalten, doch für den Regisseur war der Horror real. «Israelische Siedler haben den Oscar-Preisträger im besetzten Westjordanland zusammengeschlagen, israelische Soldaten haben Hamdan Ballal danach festgenommen», berichtete CNN.

Am Dienstag wurde er aus der Haft wieder entlassen. Hamdan Ballal und zwei weitere Palästinenser verliessen eine Polizeistation in der Siedlung Kiryat Arba im Westjordanland, wo sie festgehalten wurden. Ballal hatte Blutergüsse im Gesicht und Blutflecken an der Kleidung, wie «The Guardian» berichtet. Die drei hatten die Nacht auf dem Boden eines Militärstützpunkts verbracht und dabei an den schweren Verletzungen gelitten, so Ballals Anwältin Lea Tsemel.

Sein Regie-Kollege Basel Adra (28), der ebenfalls Zeuge des Angriffs war, sagte der AP, die Siedler seien in das palästinensische Dorf Sussija im Gebiet von Massafer Jatta eingedrungen, kurz nachdem die Bewohner das tägliche Fasten im muslimischen heiligen Monat Ramadan gebrochen hatten. Soldaten hätten in die Luft geschossen, Ballals Frau habe gehört, wie ihr Mann vor dem Haus geschlagen wurde und schrie: «Ich sterbe.» Als Arda bei Ballals Haus ankam, habe er gesehen, wie er und eine weitere Person abgeführt worden seien. Das Blut des Oscar-Gewinners sei immer noch auf dem Boden vor seiner eigenen Haustür verspritzt. Einige Details von Adras Bericht wurden von einem anderen Augenzeugen bestätigt, der aus Angst anonym bleiben wollte.

Angebliches Video der Attacke

Bei X teilt der israelische Journalist und Co-Regisseur Yuval Abraham (30) ein Video der angeblichen Attacke. Ballal soll durch die Attacke Verletzungen am Kopf und im Unterleib erlitten haben.

Aktivisten des Center for Jewish Nonviolence angegriffen

Eine Gruppe von zehn bis 20 maskierten Siedlern habe mit Steinen und Stöcken auch Aktivisten des Center for Jewish Nonviolence angegriffen, Autoscheiben zerschlagen und Reifen aufgeschlitzt, sagte einer der Aktivisten der AP.

Das israelische Militär teilte nach dem Vorfall mit, es habe drei Palästinenser festgenommen, weil diese verdächtigt würden, Steine auf Soldaten geworfen zu haben, sowie einen israelischen Zivilisten, der an einer «gewaltsamen Konfrontation» zwischen Israelis und Palästinensern beteiligt gewesen sei – eine Behauptung, die von der AP befragte Zeugen bestritten. Das Militär teilte mit, es habe die drei Palästinenser zur Befragung an die Polizei übergeben und einen israelischen Bürger aus dem Gebiet evakuiert, um ihn medizinisch behandeln zu lassen.

Hamdan Ballal gewann mit israelischem Journalisten einen Oscar

Anfang Monat war Hamdan Ballal noch in Los Angeles, wo er einen Oscar für seinen Dokumentarfilm «No Other Land» gewonnen hat. Die Macher beschrieben das Projekt als «unwahrscheinliches Bündnis». Im Film schliessen sich ein palästinensischer Aktivist und ein israelischer Journalist zusammen, um zu zeigen, wie ein Dorf im Westjordanland mit dem andauernden Konflikt lebt.

«Wir sind von der Oscar-Verleihung zurückgekommen, und seitdem werden wir jeden Tag angegriffen», sagte Adra. «Das könnte ihre Rache an uns sein, weil wir den Film gemacht haben. Es fühlt sich wie eine Bestrafung an», sagte er der AP.

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Ballal beschrieb die Dokumentation als «gewaltlosen Aufruf zu mehr Gerechtigkeit und Gleichheit». In Deutschland löste der Film eine Polemik aus, in der Schweiz zeigte das jüdische Filmfestival Yesh! die Geschichte.

Eine Petition von Filmschaffenden weltweit fordert bereits die Freilassung von Hamdan Ballal. «Eine solche Behandlung eines international anerkannten Filmemachers untergräbt die künstlerische Freiheit, die Menschenrechte und die Meinungsfreiheit – zentrale Werte, die für demokratische Gesellschaften unerlässlich sind», schreiben die Filmschaffenden in einem Statement bei Change.org.

Der Trailer zu «No Other Land».

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