Ökonomen warnen«Naiver Ansatz»: Hat Trump das Handelsdefizit falsch verstanden?
Hinter Donald Trumps Zöllen steckt seine Abneigung gegen das Handelsdefizit der USA. Das sei jedoch zu kurz gedacht, warnen Ökonomen.
Trump-Zölle: Darum gehts
Donald Trump führt Zölle ein, um das Handelsdefizit der USA zu reduzieren.
Ökonomen warnen, dass dieser Fokus auf das Defizit zu kurz gedacht ist.
Die Zölle könnten der US-Wirtschaft am Ende mehr schaden als nützen.
Der Schock sitzt tief: US-Präsident Donald Trump schwingt die Zoll-Keule breitflächig. Die Schweiz trifft es mit Strafzöllen auf hierzulande produzierte Waren in einer Höhe von 31 Prozent. Doch es erwischt auch – weitaus weniger bekannte und dafür umso überraschendere – Gebiete wie die Heard Insel und die McDonalds-Inseln. Zwei Gebiete, die zwar zu Australien gehören, aber als einzige Bewohner bloss einige Pinguine aufzählen. Wieso das?
Dass Trump die beiden Regionen explizit mit Strafzöllen belegt, liegt an seinem Vorgehen. Denn: Wie Zahlen der Weltbank zeigen, importierte die USA 2022 Waren im Wert von 1,4 Millionen US-Dollar von den Inseln und exportierte Güter im Wert von 21'610 Dollar dort hin. Es geht also um die Handelsbilanz. Trump sieht es als grosse Gefahr an, wenn die USA mehr importiert als exportiert. Die Zölle sind seine Antwort darauf.

Die USA lebten gut mit dem Handelsdefizit
Die Handelsbilanz ist die Gegenüberstellung zwischen dem Wert der Waren und Dienstleistungen, die ein Land einführt und dem Wert der Waren und Dienstleistungen, die es ausführt, erklärt Christian Brändli, Ökonom und Forscher bei der ZKB. In Trumps Fall wird der Begriff enger gefasst und bezieht sich nur auf den Warenhandel. Mit den Pinguinen vor Australiens Küste hat die USA also ein Handelsbilanzdefizit.

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Unter den Top-Handelspartnern der USA hat das Land nur mit Grossbritannien einen Handelsüberschuss.Quelle: Wikipedia
Der alleinige Fokus auf die Handelsbilanz sei jedoch etwas zu simpel. «Er reduziert die Diskussion darauf, dass Exporte gut und Importe schlecht sind. Die Handelsbilanz ist jedoch nur ein Rädchen im grösseren Getriebe der Leistungs- oder Zahlungsbilanz.» Die USA lebe unter anderem dank der starken Wirtschaft und der Kontrolle über den Dollar seit Jahren gut mit ihrem Handelsbilanzdefizit. «Die US-Haushalte können dadurch mehr konsumieren, als sie produzieren.»
Schweizer Handelsbilanz
Die Schweiz exportiert sehr viel in die USA, während sie nur wenig aus dem Land importiert. Somit hat sie eine sehr positive Handelsbilanz mit den USA. Im Handel mit Deutschland sieht es derweil genau umgekehrt aus.

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Die Handelsbilanz unter den Top-Handelspartnern der Schweiz 2024.Quelle: Swiss-Impex
Welchen Effekt haben nun die Zölle?
Zölle führen in Bezug auf die Handelsbilanz zu höheren Preisen für die Verbraucher. Dies dämpfe den Konsum und führe zu einer geringeren Nachfrage nach Importgütern. Das wiederum werde wahrscheinlich auch das Handelsbilanzdefizit drücken, aber nicht, weil es den Verbrauchern besser geht, sondern weil sie ärmer geworden sind. «Trumps enge Fokussierung auf das Handelsbilanzdefizit ist aus ökonomischer Sicht irrational, also nicht sinnvoll.»
«Trumps enge Fokussierung auf das Handelsbilanzdefizit ist aus ökonomischer Sicht irrational.»
Ähnlich sieht dies auch Daniel Murray, stellvertretender CIO und Global Head of Research bei EFG Asset Management. Wenn das Handelsdefizit sinkt, weil eine Volkswirtschaft mehr exportiert und das Handelsvolumen insgesamt steigt, sei dies zwar eine gesunde Entwicklung. «In diesem Fall wäre jedoch zu erwarten, dass das Handelsdefizit bei sinkendem Handelsvolumen schrumpft, was besorgniserregender wäre.»
«Naiver Ansatz»
Geht Trumps Plan am Schluss gar nach hinten los und schadet der US-Wirtschaft? Murray geht davon aus, dass das Wachstum geringer und die Inflation höher ausfallen werden, als es sonst der Fall gewesen wäre. «Der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert.»
«Der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert.»
Die gute Absicht beruhe in diesem Fall auf der Annahme, dass Zölle die Staatseinnahmen erhöhen werden und gleichzeitig mehr Investitionen und Produktion im Inland fördern. «Dies mögen zwar ehrenwerte Ziele sein, doch die Geschichte zeigt, dass ein solch naiver Ansatz in der Handelspolitik nicht gut ausgeht.»
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