Ohne ChemieHodenring verspricht wirksame Verhütung für den Mann
Das Universitätsspital Genf testet eine neue Verhütungsmethode für Männer: Dabei werden die Hoden mit einem Ring zurück in den Körper geschoben. 30 Männer nehmen an der einjährigen Studie teil.
So funktioniert der Hodenring.
20minDarum gehts
Das Unispital Genf testet eine neue Verhütungsmethode für den Mann.
Dabei werden die Hoden mittels eines Rings aus dem Hodensack in den Körper geschoben.
Die dort herrschende Temperatur bremst die Bildung von Samenzellen.
Damit soll beim Anwender eine temporäre Unfruchtbarkeit erreicht werden.
Sie sind jung, gebildet, in einer Beziehung und leben hauptsächlich in Wohngemeinschaften. So sehen Männer aus, die bereit sind, die sogenannte thermische testikuläre Verhütung zu testen. Eine kürzlich von der Unité de Santé Sexuelle et Planning Familial (USSPF) und dem Centre Médical Universitaire des Unispitals Genf (HUG) eingeleitete Studie hat das typische Profil der Nutzer dieses experimentellen Verhütungsmittels ausgearbeitet. Die Kandidaten wurden zwischen Juni und November 2023 ausgewählt.
Sara Arsever, die für die USSPF zuständige stellvertretende Ärztin, sagt dazu: «Das Medianalter liegt bei unter 30 Jahren. Sie haben einen Universitätsabschluss und die meisten verwenden mindestens ein männliches Verhütungsmittel, nämlich Kondome, die Rückzugstechnik (Coitus interruptus) oder beides.»
«Für mehr Gleichberechtigung in der Verhütung»
Jérôme, ein 28-jähriger Mann aus Lausanne, ist einer der Studienteilnehmer. «Es ist ein etwas militanter Schritt. Ich möchte den Weg für eine gleichberechtigtere Verhütung ebnen. Die Wissenschaft braucht Versuchskaninchen, um die Dinge voranzubringen.»
Der junge Mann benutzt den Ring (siehe Box) seit Juli letzten Jahres und ist sehr zufrieden. «Ich laufe, fahre Fahrrad und schwimme, ohne dass es mich stört. Es kommt vor, dass ich ihn beim Sex anbehalte. Nach einer Weile vergisst man ihn. Selbst das Anlegen wird zur Routine.»
Der Ring, der die Hoden wärmt
Bei der thermischen Empfängnisverhütung für Männer wird die Temperatur der Hoden erhöht, indem sie mithilfe eines Silikonrings in den Leistenkanal hochgedrückt werden. Dieser Ring kann allein stehen, wie der Andro-Switch, oder in Unterwäsche integriert sein, wie der Jockstrap.
Bisher ist kein Gerät für den Verkauf in Europa zugelassen. Das Zulassungsgesuch für den Andro-Switch liegt bei der französischen Behörde für Arzneimittelsicherheit (ANSM). Es ist aber möglich, den Ring online für etwa 40 Franken als sogenannten «Talisman» zu Dekorierungszwecken zu kaufen. Mit Ausnahme von Kondomen gibt es derzeit keine reversiblen und sicheren Verhütungsmethoden für Männer.
«Ein phänomenaler Erfolg»
«Seit Sommer 2020 steigt die Zahl der Anfragen nach thermischen Verhütungsmitteln für Männer», erklärt die Ärztin des HUG. So entstand die Idee zur Studie. «Der Erfolg war phänomenal», freut sich die Arsever. «Interessenten haben sich sogar aus Frankreich, Kanada und Belgien beworben. Wir mussten rund 60 Freiwillige ablehnen.» Schliesslich wurden 34 Westschweizer ausgewählt, die ein Jahr lang an der Studie teilnehmen.
Alle drei Monate wird bei ihnen ein Spermiogramm erstellt, um die Entwicklung der Spermienproduktion zu beobachten. Um wirklich wirksam zu sein, muss die Spermienkonzentration so weit sinken, dass sie weniger als eine Million Spermien pro Milliliter Sperma beträgt, im Vergleich zu mehr als 16 Millionen Spermien im Normalfall. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Kandidaten den Ring 15 Stunden pro Tag über mindestens drei Monate tragen.
Eine noch experimentelle Technik
Sara Arsever betont: «Die Wirksamkeit der Technik ist noch nicht bestätigt, da es nur wenige wissenschaftliche Studien gibt. Wir sind uns relativ sicher, dass sie funktioniert, aber wir wissen nicht, wie gut sie funktioniert.» Und was ist mit den Nebenwirkungen? «Eine Studie hat ergeben, dass die Spermien, die von Männern produziert werden, die den Ring verwenden, mehr Anomalien aufweisen. Das ist ein theoretisches Risiko. Jetzt müssen wir es in der Praxis überprüfen.»
Die Frage der Umkehrbarkeit ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. «Zu wissen, ob eine Rückkehr zur Normalität möglich ist, ist nicht unbedeutend. Schliesslich sind auch die Verträglichkeit des Geräts und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu beachten.»
Was hältst du von der Verhütung mit dem Hodenring?
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Hier findest du Hilfe:
Beratungsstellen nach Region
Appella, Telefon- und Onlineberatung
Kindsverlust.ch, Beratung bei Kindstod vor, während und nach Geburt
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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