Online-HändlerNach Beschwerde bei Seco: Temu-Anwalt unterbreitet Angebot
Nach der Klage der Swiss Retail Federation prüft das Seco das Vorgehen gegen Temu. Der Konzern selbst reagierte darauf. Trotzdem scheint der Umgang mit Temu schwierig.
Darum gehts
Der Verband der Schweizer Retailer klagte im Frühling beim Seco gegen Temu.
Um einem Gerichtsverfahren zu entgehen, boten Anwälte von Temu nun an, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Doch die Swiss Retail Federation und das Seco sind mit Schwierigkeiten konfrontiert, das chinesische Unternehmen zu kontaktieren.
Im Frühling reichte die Swiss Retail Federation (SRF) beim Seco Beschwerde gegen Temu ein. Dabei bezieht sich der Verband der hiesigen Einzelhändler auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und der Preisbekanntgabeverordnung.
Temu hat inzwischen auf die Klage reagiert und bot dem Verband eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung an. Allerdings bleibt unklar, wie und mit wem über eine solche Erklärung verhandelt werden soll, da Temu keine Anlaufstelle in der Schweiz hat.
«Kollektivinteressen bedroht»
Die SRF beschwert sich über verschiedene Punkte, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt. Nicht nur erfüllten viele Produkte die hiesigen Sicherheitsvorschriften nicht. Temu verscherble seine Ware auch unter dem Einkaufspreis, werbe mit Fake-Rabatten und versuche, die Kunden mit irreführenden Behauptungen wie «nur noch fünf Stück übrig!» oder «Fast ausverkauft» zu ködern. All dies, so der Verband, widerspreche dem Schweizer Gesetz.
Das Seco ist nach Untersuchung der Klage zum Schluss gekommen, dass «Kollektivinteressen bedroht oder verletzt sind». Da verschiedene Schweizer Händler von Temu geschädigt werden, kann der Bund gegen das Unternehmen vorgehen. Die konkreten Vorwürfe müssten jedoch noch geprüft werden, dies könnte noch eine Weile dauern.
Schwer zu greifen
Mittlerweile erkannte Temu den Druck auf sich und reagierte. Auf Anfrage der «Aargauer Zeitung» bestätigt die SRF, es habe sich ein Anwalt von Temu mit einem Angebot gemeldet. Er will eine strafbewehrte Unterlassungserklärung diskutieren. Dabei würde sich Temu mit einer Unterlassungserklärung verpflichten, eine bestimmte Handlung zukünftig in der Schweiz zu unterlassen. Falls der Konzern sich nicht an den Vertrag hält, droht ihm eine Strafe. In Deutschland hat Temu bereits solche Erklärungen unterschrieben, um Gerichtsprozesse zu vermeiden.
Was hältst du von Temu?
Allerdings stellt sich auch eine entsprechende Verhandlung als schwierig heraus. Unter dem Schreiben der Temu-Rechtsabteilung fand sich keinerlei Adresse. Die Swiss Retail Federation weiss somit nicht, mit wem man konkret einen solchen Vertrag verhandeln würde.
Würde das Seco am Ende eine Klage einreichen wollen, stellt sich die Frage, wo genau das Amt das kann. In Basel, wo Temu eine Inkassogesellschaft gegründet hat? Oder müsste sich das Seco an die Behörden in Irland wenden, wohin die Temu-Muttergesellschaft aus steuertechnischen Gründen kürzlich ihren Hauptsitz verschoben hat?
Umgang mit multinationalen Online-Plattformen
«Es kann nicht sein, dass die Schweiz zusieht, wie solche Plattformen sich sozusagen im rechtsfreien Raum breitmachen, ohne sich an lokale Regeln zu halten», sagt Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation, auf Anfrage der «Aargauer Zeitung». «Ein solches Signal ist verheerend und ein absolut falsches Zeichen an die übrigen Wettbewerber.»
Dass Temu bewusst unter dem rechtlichen Radar fliegt, beschäftigt auch die Politik. Politiker fordern einen besser definierten Umgang mit multinationalen Online-Plattformen. Zum Beispiel hat die Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon bereits im Juni eine Motion eingereicht. Grosse Online-Händler mit Sitz in einem Drittstaat sollen demnach dazu verpflichtet werden, eine Rechtsvertretung in der Schweiz zu bestimmen.
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