
Die Technik ist beim Sex wichtiger als die Penisgrösse, sagt die Sexologin.
Pexels/Roman OdintsovOrgasmus«Kommt immer nur der Mann, macht Sex für Frauen keinen Sinn mehr»
Nicht die Penisgrösse, sondern die Technik ist entscheidend für guten Sex zwischen Frau und Mann. Eine Sexologin erklärt, wie diese Technik geht und warum Kommunikation ein wichtiger Teil davon ist.
Frau Schiftan, Sie sagten kürzlich in einem ‹Interview› mit 20 Minuten, dass die Penisgrösse für guten Sex eine Rolle spielen kann, die Technik aber wichtiger ist. Aber was ist denn nun die richtige Technik?
Ich muss etwas ausholen, denn der Hintergrund ist folgender: Viele Männer sind es gewöhnt, beim Masturbieren schnell am Penis hoch und runter zu reiben. Beim Sex nutzen sie dann die Vagina zum gleichen Zweck, also einfach schnell rein und raus. Bei den Frauen aber ist der hintere Teil der Vagina vor allem druckempfindlich. Das heisst, eine Frau hat mehr davon, wenn der Penis die Vagina-Wände massieren kann, zum Beispiel durch Schaukelbewegungen. Oder wenn die Finger eingeführt werden und diese Bereiche massieren.
Wie kann man diese Technik lernen?
Das hat sehr viel mit Übung beider Sex-Partner zu tun. Denn die meisten Frauen entdecken irgendwann ihr äusseres Genital, also die Vulva und den Klitoris-Kopf. Sie befriedigen sich dort und gehen selten in die Vagina hinein. Aber plötzlich – beim Geschlechtsverkehr mit einem Mann – soll es dann ganz viel Lust bringen, wenn ein Penis eindringt. Die Frau ist es aber gar nicht gewohnt, so erregt zu werden.
Über die Expertin

Dania Schiftan ist Psychotherapeutin und Klinische Sexologin und arbeitet als selbstständige Sexual- und Psychotherapeutin in Zürich. Sie schrieb mehrere Bücher, darunter «Keep it Coming – Guter Sex ist Übungssache».
Was bedeutet das für die Frauen?
Das Potenzial für lustvollen, vaginalen Sex ist bei allen da, aber wenn man es nicht weckt und ausbaut, empfindet man wenig bis nichts. Denn erregende Erlebnisse gibt es nur dann, wenn ich in der Vagina regelmässig angefasst und berührt werde. So erst bilden sich die Synapsen und Nervenstränge für das lustvolle Empfinden.
Kann Selbstbefriedigung Frauen helfen, beim Sex mit einem Partner zum Höhepunkt zu kommen?
Absolut. Je besser ich Bescheid weiss über mich selbst, je mehr ich meine Erregbarkeit selbst ausbaue und das dann meinem Gegenüber konkret mitteilen und beibringen kann, desto besser wird der Sex. Die Idee, dass der Partner automatisch weiss, was ich will, ist kompletter Nonsens. Er steckt ja nicht in meinem Körper!

Kommt beim Hetero-Sex immer nur der Mann zum Orgasmus, hat die Frau irgendwann keine Lust mehr, so die Sexologin.
Getty Images/Westend61Kommunikation ist also zentral für eine erfüllte Sexualität.
Und wie! Aber die meisten von uns sind es nicht gewohnt, darüber zu reden. Sexualität ist in vielen Köpfen noch immer schambehaftet und vielen fehlen wortwörtlich die Worte. Diese kann man aber lernen – einerseits für Körperteile wie «Penis» und «Vulva», aber andererseits auch für Wünsche und Verlangen.
Die Idee, dass der Partner automatisch weiss, was ich will, ist kompletter Nonsens.
Und wenn einem das sehr schwer fällt?
Dann kann man auch zeigen. Und zwar nicht mit einem Schulterzucken, sondern klar und unmissverständlich die Hände, den Mund, den Penis, die Vulva des Gegenübers nehmen und dort hinführen, wo man berührt werden möchte. Natürlich immer mit Konsens.
Wie wichtig ist es für dich, dass du beim Sex zum Orgasmus kommst?
Kann man auch ohne Orgasmus eine erfüllte Sexualität haben?
Jein. Viele Frauen – etwa zwei Drittel – machen die Erfahrung, dass sie beim Geschlechtsverkehr keinen Orgasmus haben und glauben, dass das ganz normal ist, weil es vielen Frauen so geht. Die Folge ist, dass sie gar nicht versuchen, etwas zu ändern. Sie finden sich damit ab und «finden es auch so schön». Kommt aber in einer langfristigen Hetero-Beziehung immer nur der Mann zum Orgasmus, macht es für die Frau irgendwann keinen Sinn mehr, überhaupt Sex zu haben. Denn schlussendlich sind wir ökonomische Wesen: Wenn ich nicht viel davon habe, will ich das irgendwann nicht mehr.
Wie kann man verhindern, dass Sex plötzlich zu verkopft wird, weil man alles richtig machen will?
Wenn man gemeinsam Sex übt oder Neues herausfinden und ausprobieren will, kann es durchaus eine Zeit lang etwas verkrampft sein. Ich finde das aber nicht schlimm, das ist wie im Tanzkurs: Dort flowt es auch nicht von Anfang an mühelos.
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