Grenchen SODarum fliegen in Bäckerei feine Pralinés aus dem Sortiment
Auch Bäckereien sind vom Fachkräftemangel hart getroffen. Der Egli Beck aus Grenchen muss nun sogar seine Öffnungszeiten anpassen und das Sortiment verkleinern.
Darum gehts
Bereits seit jeher ist der Egli Beck in Grenchen am Sonntag geschlossen. «Das ist eigentlich aussergewöhnlich für eine Bäckerei, hat sich aber über die Jahre sehr gut bewährt», sagt Inhaber Philipp Egli. Nun passt er die Öffnungszeiten seiner Bäckerei weiter an: «Jetzt haben wir nur noch von Montag bis Freitag geöffnet.» Schuld daran ist der Personalmangel.
«Sehr wenige junge Leute lernen Bäckerin oder Bäcker und da wir natürlich auf junge Berufsleute angewiesen sind, fehlt es bei uns irgendwann an Personal, denn heute machen das nur noch wenige ein Leben lang», sagt Egli. Aktuell hat er kurzfristig nur drei statt der sechs benötigten Arbeitsstellen besetzt. In vielen Bäckereien habe man damit zu kämpfen, dass viele den Beruf wechseln würden. «Das Ganze ist ein Teufelskreis: Weil man unterbesetzt ist, müssen alle schwer schuften, sind dann überbelastet und wollen dann einen anderen Job.»
Der Personalmangel hat, abgesehen vom geschlossenen Samstag, noch weitere Auswirkungen für Kundinnen und Kunden. «Wenn wir auch in zwei Wochen niemanden gefunden haben, werden wir unser Sortiment anpassen müssen. Bereits jetzt mussten wir die feinen Pralinen streichen. Wahrscheinlich werden wir weitere Spezialitäten streichen müssen. Ich habe aber noch etwas Hoffnung, dass es nicht dazu kommen muss», so Egli.
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Das Messer am Hals
«Am Anfang war ich wahnsinnig frustriert», sagt Egli. «Wir kämpfen jetzt seit einem Jahr damit, unsere Arbeit zu bewältigen.» Doch die Lage habe sich so zugespitzt, dass er zu diesen Massnahmen greifen müsse. «Ich hätte mich nie getraut, den Samstag zu streichen, wenn wir nicht das Messer am Hals hätten. Veränderungen können einen Betrieb jedoch positiv weiterentwickeln», sagt Egli.
Doch woran liegt es überhaupt, dass die Bäckerinnen und Bäcker zunehmend fehlen? «Die Arbeitszeiten des Bäckerberufs sind sehr belastend», erklärt Egli. «Den kleinen Margen geschuldet, ist bei der Arbeit ein sehr zügiges Tempo notwendig, um die Backwaren effizient produzieren zu können. Es scheint mir, als wären Junge etwas weniger bereit, hart und ausdauernd zu arbeiten. Zusätzlich schrecken Nacht- und Wochenendarbeit die Jungen ab.» Jetzt, wo die Bäckerei am Samstag geschlossen ist, braucht Egli weniger Personal und kann seinen Leuten eine noch bessere Work-Life-Balance ermöglichen.
Wirtschaftswachstum in Gefahr
Der Personalmangel betrifft die Schweiz in zahlreichen Bereichen. Es sind so viele Stellen frei wie noch nie. Gastrobetriebe, Bauunternehmen und das Gesundheitswesen sind davon stark betroffen. Auch die Swiss streicht Hunderte Flüge, weil es an Arbeitskräften mangelt.
Die Wirtschaft ist alarmiert. «Firmen suchen händeringend nach Personal», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, zu 20 Minuten. «Der Fachkräftemangel ist neben Lieferengpässen die grösste Gefahr für unser Wachstum.» Es treffe vor allem Firmen, die besonders unter den Corona-Massnahmen gelitten hätten.
Weil in vielen Betrieben Personalmangel herrscht, kann es sein, dass Neuzugänge schneller mehr Lohn erhalten. Grund dafür: Da die Nachfrage nach Arbeitnehmenden so hoch ist, sind diese wieder am Drücker und können einfacher mehr Lohn verlangen. Wenn die Konkurrenz nämlich mehr bietet, können Arbeitskräfte bei ihrem Betrieb höhere Saläre fordern.

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