Prostitution in der Schweiz: Preisverfall auf dem Strassenstrich

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ProstitutionPreisverfall auf dem Strich: «Freier verlangen riskante Praktiken»

Nach der Pandemie stabilisieren sich die Preise im Sexgewerbe nur lokal wieder. In städtischen Kantonen nutzen Freier die Not einiger Prostituierten aber aus, dadurch steigt das Gewaltpotenzial.

Die Preise im Sexgewerbe fielen während der Corona-Pandemie stark. (Symbolbild)
Während sich lokal eine Normalisierung eingestellt hat, sind sie vor allem in städtischen Kantonen nach wie vor tief. (Symbolbild)
Dabei gebe es auch grosse Unterschiede, in welcher Situation sich die Prostituierten befinden, wie Rebecca Angelini, Geschäftsleiterin der Organisation ProCoRe, berichtet.
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Die Preise im Sexgewerbe fielen während der Corona-Pandemie stark. (Symbolbild)

20min/Celia Nogler

Darum gehts

  • Wie viele andere Branchen wurde das Sexgewerbe von der Corona-Pandemie schwer getroffen.

  • Vor allem in städtischen Kantonen sind die Preise noch immer tief.

  • Das steigende Gewaltpotential steht laut einer Expertin auch mit Stigmatisierung und Vorurteilen der Strafverfolgungsbehörden in Zusammenhang.

Die Schweiz hat hinsichtlich der Prostitution eine äusserst liberale Gesetzgebung – dennoch bleibt ein beträchtlicher Teil des Geschäfts im Verborgenen. Experten schätzen, dass lediglich zehn Prozent der Sexarbeiterinnen auf dem Strassenstrich tätig sind.

«Happy Hookers» und «Pendelmigrantinnen»

Laut Rebecca Angelini, Geschäftsführerin des Dachverbandes ProCoRe (siehe Box unten), habe die Regulierung des Sexgewerbes in den letzten zwei Jahrzehnten zwar zugenommen, dieser Trend betreffe jedoch hauptsächlich den sichtbaren Teil. Viele Frauen, die in Hotels, Bordellen oder Privatwohnungen arbeiten, würden dabei oft übersehen.

Angelini spricht von den «Happy Hookers», die sich ihre Arbeitsorte aussuchen können und oft in luxuriösen Bordellen gut verdienen. Im Gegensatz dazu stünden die «Pendelrmigrantinnen», die weniger Auswahlmöglichkeiten haben und häufig aus Osteuropa stammen. Diese Frauen können dank des Personenfreizügigkeitsabkommens 90 Tage pro Jahr in der Schweiz arbeiten und sehen die Sexarbeit als rationale Wahl an, um der schlechten wirtschaftlichen Lage in ihren Heimatländern zu entfliehen.

Föderalistischer Flickenteppich

Der föderalistische «Flickenteppich» der Schweiz führe zu unterschiedlichen Entwicklungen im Sexgewerbe. Während einige Kantone berichten, dass die Preise wieder auf dem Vor-Corona-Niveau sind, erleben andere einen Preissturz von bis zu 50 Prozent auf dem Strassenstrich, vor allem in städtischen Gebieten.

«Die Freier können riskante Praktiken verlangen, und die Frauen können kaum Nein sagen.»

Rebecca Angelini, Geschäftsführerin ProCoRe

Das schlechte Geschäft führe dabei zu einem Macht-Ungleichgewicht: «Die Freier können den Preis drücken, riskante Praktiken wie Sex ohne Kondom verlangen, und die Frauen können kaum Nein sagen, weil sie das Geld brauchen», so Angelini zu SRF News.

Wo sollte die Priorität in der Unterstützung von Sexarbeiterinnen sein?

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) betrachtet das Gewaltpotenzial im Sexgewerbe als sehr hoch. Dies ist laut Angelini aber vor allem durch die soziale und rechtliche Verwundbarkeit der Sexarbeiterinnen bedingt. Die prekäre Lage dieser Frauen mache sie anfällig für Gewalt und Ausbeutung. Rebecca Angelini kritisiert zudem die Strafverfolgungsbehörden: «Es ist eine Täter-Opfer-Umkehr, Sexarbeiterinnen eine Mitverantwortung zuzuschreiben.» Stigmatisierung sowie Vorurteile würden zudem viele davon abhalten, Anzeige zu erstatten.

ProCoRe

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