Gaspreis explodiertPutin liefert kein Gas mehr – «Wird der Winter frostig, kann es knapp werden»
Russland liefert kein Gas mehr nach Europa, doch die Schweiz ist beim Gas von Europa abhängig. Müssen wir im Winter also frieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Darum gehts
Die Gaspipeline Nord Stream 1 steht still: Russland will Gaslieferungen nach Europa erst wieder aufnehmen, wenn der Westen die Ukraine-Sanktionen aufhebt. Nord Stream 1 brachte bis jetzt russisches Gas von St. Petersburg über die Ostsee nach Deutschland und so indirekt auch in die Schweiz.
Der Grund für den Lieferstopp seien die Sanktionen der EU, Grossbritanniens und Kanadas, sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, laut der «Financial Times» (Bezahlartikel). Der Westen widerspricht dieser Darstellung.
Was bedeutet diese Ankündigung für Europa und die Schweiz? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist genau passiert?
Russland hat Gaslieferungen durch Nord Stream 1 am Mittwoch «wegen Wartungen» eingestellt. Der Lieferstopp sollte bis Samstag dauern – doch die Pipeline steht immer noch still. Laut Gazprom ist der Westen schuld daran: Die Instandhaltung einer Turbine sei wegen der Sanktionen nicht möglich.Wie reagiert der Westen auf den Lieferstopp?
Westliche Politiker werfen Moskau vor, Gaslieferungen als Waffe zu missbrauchen. Das sagte zum Beispiel ein Sprecher der EU-Kommission. Der Turbinen-Hersteller Siemens Energy bezeichnete die Einstellung des Pipelinebetriebs aus technischer Sicht als nicht nachvollziehbar.Was bedeutet der Lieferstopp für die Schweiz?
Die Schweiz verbraucht rund elf Prozent ihrer Energie als Gas und ist für den Bezug auf Nachbarländer angewiesen. Der Bund habe sich zwar Lieferungen zusichern lassen, sagt Matthias Geissbühler, Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz, komme es im Notfall aber hart auf hart, sei sich wohl jedes Land selbst am nächsten.Was kann die Schweiz jetzt machen?
Den Verbrauch senken und die Suche nach neuen Bezugsquellen für Gas weiter intensivieren, rät Geissbühler. Denn ein kurzfristiger Umstieg auf Solar- und Windenergie sei nicht möglich.
Grösste Solaranlage der Schweiz
Kann Europa überhaupt auf russisches Gas verzichten?
Theoretisch ja, in der Praxis sei das aber schwierig, sagt Geissbühler. Die Gasspeicher in Deutschland seien zwar zu 85 Prozent gefüllt, der Speicher werde sich im Winter aber schnell leeren und Europa sei darauf angewiesen, konstant neues Gas zu beziehen.Kommen wir gut durch den Winter?
Gibt es einen milden Winter, sollten wir mit den jetzigen Lagerbeständen gut durch die kalten Monate kommen, wie Geissbühler sagt. Werde der Winter aber sehr frostig, könnte es knapp werden. Für eine Entwarnung sei es definitiv noch zu früh, so der Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz.
Bald wird es wieder kalt – müssen wir im Winter frieren?
Was bedeutet der Lieferstopp für Russland?
Russland liefere nun zwar insgesamt weniger Gas aus, profitiere dafür aber von den höheren Preisen, sagt Geissbühler. Statt nach Europa liefere das Land nun einfach mehr Gas nach China und Indien.Wie reagieren die Gasbörsen auf den Lieferstopp?
Am Montag ist der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas, der als Richtwert für das europäische Preisniveau gilt, auf rund 281 Euro je Megawattstunde hochgeschnellt. Das sind etwa 35 Prozent mehr als am Freitag. Ende 2021 kostete Erdgas weniger als 100 Euro je Megawattstunde.Werden die Preise noch weiter steigen?
Die sehr hohe Nachfrage bei knappem Angebot müsste in der Theorie zu weiteren Preissteigerungen führen, sagt Geissbühler. Mit dem bevorstehen Winter sei eine Entspannung der Lage nicht absehbar.Muss der Staat jetzt die Gaspreise deckeln?
Eine Preisdeckelung würde den Staat Milliarden kosten, die Staatsschulden weiter erhöhen und falsche Anreize setzen, warnt Geissbühler: «Warum Energie sparen, wenn der Bund sowieso einspringt?»
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