Schlacht um Mariupol«Keine Fliege entkommt» – Putin ordnet Belagerung von Stahlwerk an
Russland vermeldet, die strategisch wichtige Hafenstadt unter seine Kontrolle gebracht zu haben, auch wenn die Verteidiger immer noch nicht aufgegeben haben. Die verbleibenden Kämpfer im Stahlwerk sollen nun belagert werden.
Darum gehts
Der russische Präsident Wladimir Putin hat der Öffentlichkeit eine eigenwillige Siegesmeldung präsentiert. Die letzte Bastion der noch Widerstand leistenden Verteidiger im ukrainischen Mariupol solle blockiert, aber nicht gestürmt werden, sagte Putin am Donnerstag. Die Stadt sei ja «unter Kontrolle». Die ukrainische Regierung erklärte, die Invasoren seien offenbar nicht in der Lage, das weitläufige Stahlwerk zu erobern. Sie forderte einen Evakuierungskorridor.
Das Stahlwerk Asowstal gilt als die letzte ukrainische Bastion in der belagerten Hafenstadt Mariupol. Die Einnahme der Stadt hätte für Russland sowohl strategische als auch symbolische Bedeutung. Ukrainische Offiziere werfen russischen Truppen vor, bunkerbrechende Bomben auf das Stahlwerk abgeworfen zu haben, in dem Menschen in unterirdischen Tunneln und Kammern Zuflucht suchen.
Hunderte Zivilisten im Stahlwerk
Die Verteidiger haben Ultimaten Russlands zur Kapitulation immer wieder verstreichen lassen, baten aber am Mittwoch die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Evakuierung Hunderter Soldaten und Zivilisten. Dort seien mehr als 500 verwundete Soldaten und Hunderte Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, sagte der Offizier, der sich in einer auf Facebook geposteten Videobotschaft als Serhij Wolynskyj vorstellte.
Sein Hilferuf könnte der letzte Appell sein. «Uns bleiben womöglich nur noch einige wenige Tage oder Stunden.» Der Post konnte nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.
Putin erklärte nun, die «Kampfhandlungen zur Befreiung Mariupols» seien abgeschlossen und das sei ein Erfolg. Die Truppen sollten das Asowstal-Stahlwerk blockieren, damit «nicht einmal eine Fliege durchkommt». Verteidigungsminister Sergei Schoigu versicherte Putin, das Stahlwerk sei «sicher blockiert» und der Rest der Stadt sei «befreit». In dem etwa elf Quadratkilometer grossen Werk hielten sich noch etwa 2000 ukrainische Soldaten auf.
Ukraine fordert Evakuationskorridor
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sagte, dort befänden sich auch noch rund 1000 Zivilisten. In der gesamten Stadt harrten noch rund 120’000 Menschen aus. Sein Berater Oleksi Arestowitsch sagte, die Russen könnten ihre Ziele in Mariupol offenbar nicht erreichen. Vizeministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk forderte Russland auf, einen Korridor für die Evakuierung zu öffnen. Staats- und Regierungschefs und die internationale Gemeinschaft sollten ihre Anstrengungen auf das Werk konzentrieren. Am Mittwoch sei eine Evakuierung von Zivilisten gescheitert, weil Russland sich nicht an eine Feuerpause gehalten habe.
Nach Misserfolgen bei Kiew konzentrieren russische Truppen ihre Angriffe jetzt auf den Osten der Ukraine. Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Haidai, räumte ein, sie kontrollierten etwa 80 Prozent der Region, die zum Donbass gehört. Nach der Einnahme der Stadt Kreminna bedrohe das russische Militär die Städte Rubischne und Popasna. Er rief alle Einwohner zur Evakuierung auf.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums stiessen russische Truppen in Richtung der Stadt Kramatorsk südlich von Isjum vor. Der Kreml wolle «signifikante Erfolge» vor den jährlichen Feierlichkeiten zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg präsentieren, die in Russland am 9. Mai begangen werden. Die russische Luftwaffe sei sehr aktiv, um die Offensive zu unterstützen und die ukrainische Luftverteidigung auszuschalten.
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