Omikron-WandQuarantäne für Geimpfte schürt Furcht vor Infrastruktur-Kollaps
Die Taskforce erachtet die Quarantäne auch für Geimpfte ohne Booster als sinnvoll. Ein bürgerlicher Politiker und eine linke Politikerin befürchten Probleme bei der Grundversorgung.
Darum gehts
Doppelt Geimpfte bleiben nach dem Kontakt mit einer positiv getesteten Person von der Quarantänepflicht verschont. Taskforce-Chefin Tanja Stadler hält die Quarantäne für doppelt Geimpfte ohne Booster jedoch für sinnvoll. Es gebe wissenschaftlich keinen Grund, Geimpfte anders zu behandeln als Ungeimpfte, hätten diese noch keinen Booster bekommen, sagte sie kürzlich.
Auch doppelt Geimpfte könnten sich mit der Omikron-Variante anstecken und diese weiterverbreiten, sagt Stadler auf Anfrage von 20 Minuten. Deshalb sei es in der gegenwärtigen Lage sinnvoll, dass auch diese sich in Quarantäne begäben, wenn sie direkten Kontakt zu Infizierten hatten.
«Unterscheidung zwischen Varianten erübrigt sich»
Seit Omikron Anfang Dezember in der Schweiz erstmals aufgetaucht ist, müssen bei Verdacht auf Kontakt mit Omikron-Infizierten auch Geimpfte in Quarantäne. Bei vollständiger Dominanz der neuen Variante könnte das bald alle treffen, die mit Infizierten nahen Kontakt hatten: «Da zu erwarten ist, dass in Kürze die allermeisten Ansteckungen durch Omikron verursacht werden, erübrigt sich eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Varianten», sagt Stadler.
Der drohende Quarantäne-Hammer für Geimpfte sorgt bei 20-Minuten-Leserinnen und -Lesern für viel Zündstoff. «Für was lässt man sich denn noch impfen?», fragt «Berni_77». «Marilu02» verteidigt das Vorhaben hingegen: «Ich finde, es sollten alle in die Quarantäne – geimpft oder nicht.» Sie als doppelt Geimpfte habe normal zur Arbeit dürfen und so das Virus verbreitet.
«Diskriminierung für Geimpfte»
Erst vor zwei Tagen hatten Recherchen von 20 Minuten ergeben, dass Wirtschaft, Politik und Wissenschaft eine Lockerung der Quarantäne-Regeln fordern. Dass die Taskforce diese nun im Gegenteil verschärfen will, stösst bei Politikerinnen und Politikern auf Ablehnung.
«Doppelt Geimpfte in Quarantäne zu schicken, nur, weil sie keinen Booster-Termin bekamen, ist eine inakzeptable Diskriminierung», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler.
Es sei unhaltbar, dass die Quarantäne ohne jegliche Datengrundlage aus den Spitälern zur Debatte stehe. «Wüsste man, wann sich die hospitalisierten Patienten impfen liessen und ob sie Vorerkrankungen haben, könnte man risikobasierte Massnahmen ergreifen – anstatt Geimpfte auf Vorrat in Quarantäne zu schicken.»
«Falscher Anreiz»
Die Taskforce rechnet in ihren Szenarien mit täglich fast 20’000 neuen Corona-Fällen in der ersten Januarwoche. Omikron werde in den kommenden Wochen nahezu 100 Prozent der Infektionen ausmachen, sagte Tanja Stadler an einer Medienkonferenz. Der Bund befürchtet im Falle einer heftigen Omikron-Welle einen Infrastruktur-Kollaps.
«Müssen künftig auch doppelt Geimpfte bei einem positiven Kontakt in Quarantäne, wird die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und Grundversorgung noch zu einem viel grösseren Problem», sagt Dobler.
Der Gesundheitspolitiker sieht in einer Quarantäne für Geimpfte auch einen falschen Anreiz. «Jemand, der nach der Impfung zwei Tage flach lag, wird sich die Boosterimpfung nochmals überlegen.» Bestehe die Gefahr, geimpft und später vielleicht auch noch geboostert wieder mit Ungeimpften gleichgesetzt zu werden, sinke die Bereitschaft, Impfnebenwirkungen in Kauf zu nehmen.
«Chaos droht uns voraussichtlich so oder so»
SP-Nationalrätin Yvonne Feri leuchtet die Quarantäne für doppelt Geimpfte als effizientes Mittel zum Verhindern von Kontakten ein. «Aber Geimpfte fragen sich je länger je mehr, warum ihnen praktisch dieselben Massnahmen drohen wie Ungeimpften.» Schliesslich hätten sich viele Menschen auch impfen lassen, um eine gewisse Normalität zurückzuerlangen.
Als «grenzwertig» bezeichnet die Gesundheitspolitikerin die Quarantäne im Hinblick auf die Infrastruktur. «Ein Chaos droht uns mit Omikron voraussichtlich so oder so, weil viele Menschen gleichzeitig krank werden und ausfallen.» Müssten dann noch Geimpfte lediglich wegen eines positiven Kontakts zuhause bleiben, seien Engpässe nicht mehr abzuwenden. «Entschärfen könnte man die Situation allenfalls mit einer verkürzten Quarantäne.»
In den USA ist dies bei Corona-Infizierten bereits der Fall. Dort wird die Quarantäne von zehn auf fünf Tage verkürzt. Am Mittwoch zog Spanien nach mit einer Reduktion auf sieben Tage.