
Wer für das Kind alle Probleme löst, tut seinem Nachwuchs nichts Gutes.
Pexels/VladaSchädliches PhänomenRasenmäher-Eltern: «Mütter neigen häufiger dazu»
Vergiss Helikopter-Eltern. Jetzt kommen die Rasenmäher-Eltern. Doch wer überbehütet aufwächst, fühlt sich in schwierigen Situationen schnell überfordert.
Sie räumen dem Nachwuchs den Weg frei, sodass dieser schnell und sicher ans Ziel kommt: Rasenmäher-Eltern heben die Überfürsorge auf ein neues Level.
Warum diese Erziehungsmethode für die Entwicklung des Kindes schädlich sein kann und was oft hinter dem Verhalten der Eltern steckt, erklärt dir Sozialpädagogin Susanna Fischer.
Über die Expertin

Susanna Fischer ist Dipl. Sozialpädagogin HFS, Erwachsenenbildnerin, Fachberaterin EEH und bietet Coaching für Familien und Kitas an. Sie leitet die Familienpraxis Stadelhofen in Zürich.
Frau Fischer, was steckt hinter dem Begriff Rasenmäher-Eltern?
Der Begriff ist eher in der Gesellschaft als in der Fachwelt verbreitet. Damit meint man Eltern, die extrem fürsorglich und umsichtig sind – Mütter tendieren häufiger dazu. Diese Eltern lieben ihr Kind so sehr, dass sie versuchen, alle Schwierigkeiten und Hindernisse aus dem Weg zu räumen, sodass das Kind nie leiden muss und ihm keine Probleme begegnen. Die Bezeichnung impliziert das Glätten und Beseitigen von Unebenheiten – oft geht es auch darum, dass das Kind erfolgreicher ist und schneller ans Ziel kommt.
Glaubst du, dass Überfürsorge Kindern schadet?
Warum verhalten sich Eltern so?
Oft spielt die eigene Erziehung eine Rolle. Viele haben selbst Vernachlässigung erlebt und mussten früh lernen, selbstständig zu sein oder haben das Gefühl vermittelt bekommen, dass ihre eigenen Bedürfnisse und Emotionen nicht beantwortet wurden.

Viele Rasenmäher-Eltern haben selbst erlebt, dass ihre Emotionen nicht wahrgenommen werden.
Pexels/YankrukovSpielen auch Schuldgefühle eine Rolle?
Ja, besonders wenn Eltern das Gefühl haben, aufgrund von beruflichen oder anderen Verpflichtungen nicht genug Zeit oder Zuwendung bieten zu können. Hinzu kommt, dass viele Eltern die Gefühle ihrer Kinder – wie Wut, Trauer oder Frustration – schwer ertragen. Sie möchten verhindern, dass ihr Kind solche Emotionen erleben muss, und räumen alles aus dem Weg, was belasten könnte.
Kontrollieren Sie damit nicht ständig das Kind?
Es geht weniger um die Kontrolle über das Kind, als um die Kontrolle über die Umgebung des Kindes. Häufig haben Eltern, die selbst nicht die nötige emotionale Sicherheit erlebt haben, Strategien entwickelt, um durch Leistung und Erfolg Anerkennung zu erlangen. Das Verhalten kann also auch daher rühren, dass Rasenmäher-Eltern ihren Kindern den Weg zum Erfolg erleichtern wollen, weil sie gelernt haben, dass man auf diese Weise Zuwendung erhält. Sie übernehmen das Management rund um das Kind, in dem Glauben, so dessen Erfolg sicherzustellen.

Wer seinem Kind die Hausaufgaben abnimmt, damit es schneller und erfolgreich ans Ziel kommt, richtet nur Schaden an.
Pexels/August de RichelieuWelche Folgen kann dieses Verhalten haben?
Ein Kind, das so aufwächst, kann später Schwierigkeiten haben, mit Misserfolgen umzugehen und seine Bedürfnisse zurückzustellen. Es hat vielleicht nie die Gelegenheit gehabt, eigene Strategien zur Problemlösung zu entwickeln, da ihm vieles vorweggenommen wurde. Solche Kinder können schnell aufgeben und sich überfordert fühlen, wenn sie sich in einer ungewohnten oder herausfordernden Situation befinden. Ihnen fehlt oft das Selbstvertrauen, weil sie keine Erfahrung damit haben, dass man auch nach einem Scheitern weiter geliebt wird und dass es normal ist, Herausforderungen zu meistern.
Was können Eltern tun, um es ihrem Kind zu erleichtern, seinen eigenen Weg zu gehen?
Der erste Schritt ist immer, bei sich selbst anzufangen und die eigenen Erwartungen an Erfolg und Misserfolg zu reflektieren. Eltern sollten sich fragen, ob sie selbst akzeptieren können, dass sie manchmal scheitern und Fehler machen. Diese Haltung kann Kindern vermitteln, dass Fehler zum Leben gehören und dass sie nicht immer alles perfekt machen müssen. Es ist wichtig, als Familie eine Kultur zu schaffen, in der auch schwierige Situationen bewältigt werden, ohne dass alles von den Eltern vorweggenommen wird. Ausserdem können Eltern ihre Kinder in herausfordernden Situationen begleiten, ohne ihnen die Arbeit abzunehmen. Letztlich geht es darum, einen Mittelweg zu finden – weder überbehütend zu sein noch die Kinder vollkommen auf sich allein zu stellen. Kinder brauchen Eltern, die sie in schweren Momenten unterstützen, ohne sie von allem fernzuhalten.
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