Brownfacing am Sechseläuten: SP fordert Antworten von der Regierung

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«Brownfacing» und SexismusRassistische Sechseläuten-Tradition? SP-Kantonsräte fordern Antworten

Dass Zünfter noch immer ihre Gesichter braun schminken und Frauen noch immer nicht in allen Zünften zugelassen sind, ärgert die SP. Nun verlangen mehrere Kantonsräte, dass der Regierungsrat Stellung bezieht.

«Die positiven Reaktionen von Menschen aus dem arabischen Kulturraum auf unsere Kostüme zeigen, dass nicht der geringste Anlass besteht, etwas an diesen zu ändern», sagt Christian Bretscher, Zunftmeister der Zunft zum Kämbel.
Dass Zünfter noch immer ihre Gesichter braun schminken und Frauen noch immer nicht in allen Zünften zugelassen sind, ärgert die SP.
SP-Kantonsrat Rafael Mörgeli und weitere SP-Mitglieder fordern in zwei Anfragen bezüglich des Sexismus und Rassismus am Sechseläuten Antworten vom Zürcher Regierungsrat.
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«Die positiven Reaktionen von Menschen aus dem arabischen Kulturraum auf unsere Kostüme zeigen, dass nicht der geringste Anlass besteht, etwas an diesen zu ändern», sagt Christian Bretscher, Zunftmeister der Zunft zum Kämbel.

Wikipedia/Roland ZH

Darum gehts

  • Die SP kritisiert am Sechseläuten, dass immer noch keine Frauen in den Zünften zugelassen werden, und die Kostüme der Zunft zum Kämbel.

  • In zwei Anfragen an den Regierungsrat fordert die SP Antworten.

  • Die Zunft zum Kämbel sieht die Vorwürfe als nicht legitim.

Zünfte als reine Herrenclubs und braun geschminkte Männer in stereotypischen arabischen Gewändern? Beim Sechseläuten gehört das zur Tradition. Der SP stösst das sauer auf: In zwei Anfragen an den Regierungsrat sollen nun die Vorwürfe von Sexismus und Rassismus thematisiert werden. «Die systematische Ausschliessung der Frauen ist mehr als nicht zeitgemäss», sagt SP-Kantonsrat Rafael Mörgeli. «Das Krasse daran ist, dass es als Brauch verkauft wird.» Dabei seien die Zünfte erst ab 1950 zu exklusiven Herrenclubs geworden. Das damalige Hauptargument, dass der Umzug mit Frauen zu lang würde, sei absurd.

Nicht nur in der Zunft zum Kämbel seien patriarchale Strukturen verinnerlicht, sondern auch in den restlichen Zünften, sagt Mörgeli. Die Forderung der Juso – die Abschaffung des Sechseläuten und der Zünfte – gehe aber zu weit. «Ich finde den Umzug an sich schön, aber nicht wenn 52 Prozent der Bevölkerung nur als Gäste oder auf Probe teilnehmen können.»

Stiftung gegen Rassismus spricht sich gegen Brownfacing aus

Dass in der Zunft zum Kämbel Brownfacing betrieben werde, sei für Mörgeli ebenfalls unverständlich: «Ich finde es ehrlich gesagt daneben.» Da unter den Zünften immer wieder auch Regierungsräte mitlaufen, wünscht sich der SP-Kantonsrat eine klare Stellungnahme der Zürcher Regierung. Auch der «Weltwoche»-Verleger und SVP-Nationalrat Roger Köppel ist ein Kämbel-Zünfter.

Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) hat sich bereits in der Vergangenheit gegen das Brownfacing ausgesprochen. «Es wird als rassistisch angesehen, da es die diskriminierenden Erfahrungen von People of Colour untergräbt, während das eigene Vergnügen in den Vordergrund gestellt wird», heisst es auf der Website der GRA.

Zunft droht mit rechtlichen Schritten

Wie die Zunft zum Kämbel auf ihrer Website schreibt, treffen sich die Zünfter am Sechseläuten-Montag im Zunfthaus, um sich dort von einer professionellen Schmink-Equipe in «stilgerechte Beduinen» verwandeln zu lassen. «Unsere arabische Kostümierung ist ein Zeichen der Wertschätzung der arabischen Kultur», sagt dazu Christian Bretscher, Zunftmeister der Zunft zum Kämbel. 

Rassismus-Vorwürfe gegen diese Praktiken lässt Bretscher nicht gelten. Auch um kulturelle Aneignung – also eine unreflektierte, stereotypisch geprägte Wiedergabe einer Kultur, welche diese auf ein Klischee reduziert – handle es sich nicht: «Die positiven Reaktionen von Menschen aus dem arabischen Kulturraum auf unsere Kostüme zeigen, dass nicht der geringste Anlass besteht, etwas an diesen zu ändern.»

Der Unterschied zwischen kultureller Aneignung und Wertschätzung liegt für den Zunftmeister in der Haltung. «Wir machen uns über niemanden lustig und diskriminieren niemanden. Wir fühlen uns in der Zunft den arabischen Kulturen nicht überlegen, sondern verbunden.» Mit den Rassismus-Vorwürfen der SP und der Juso sei allerdings eine Grenze überschritten worden, sagt Bretscher. Sollten diese Vorwürfe direkt an die Zunft gerichtet werden, werde diese rechtliche Schritte prüfen, hält der Zunftmeister fest.

Das Zentralkomitee der Zürcher Zünfte will sich bis zur Antwort des Regierungsrates nicht zu den beiden Anfragen der SP äussern. Mit einer Antwort ist innerhalb der nächsten drei Monate zu rechnen.

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