Angst vor NebenwirkungenRun auf Schmerzmittel wegen Impfung
Seit der Impfung melden Apotheken einen deutlich höheren Schmerzmittel-Absatz. Die Medikamente sind vor allem bei Jungen beliebt. Vorrat gibt es aber noch genug.
Darum gehts
Wegen Nebenwirkungen nach der Impfung steigen die Schmerzmittel-Verkäufe.
Mancherorts haben sich die Verkäufe verdoppelt.
Viele decken sich schon vor der Impfung ein.
Über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung liess sich laut BAG mindestens einmal impfen. Als D.P.* im Impfzentrum Hirschengraben in Zürich an der Reihe war, empfahl eine Pflegefachfrau nach der Impfung doch gleich Dafalgan zu besorgen wegen den möglichen Schmerzen.
Denn leichte Schmerzen an der Einstichstelle haben fast alle nach der Impfung. Müdigkeit und Kopfschmerzen treten etwa bei der Hälfte der Geimpften auf. Bei einem Drittel machen sich auch Muskelschmerzen oder ein Fiebergefühl breit. Vor allem Junge sind von den Nebenwirkungen betroffen, die aber meist mild ausfallen.
«Wir verkaufen doppelt so viel Dafalgan wie normal»
Deshalb decken sich nun viele mit Schmerz- und Fiebermitteln ein. Der Konsum steigt, obwohl schon vor Corona jede vierte Person in der Schweiz einmal pro Woche Schmerzmittel zu sich nahm (siehe Box).
Jeder Vierte nimmt Schmerzmittel
In der Schweiz nimmt jede zweite Person wöchentlich Medikamente zu sich – Tendenz steigend, wie die aktuellste Umfrage des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2017 mit über 22'000 Teilnehmern ergab. Am meisten konsumiert werden Schmerzmittel. 24 Prozent der Bevölkerung haben im Jahr 2017 in den sieben Tagen vor der Befragung ein Schmerzmittel eingenommen. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz vor allem beim Konsum rezeptpflichtiger und schnell süchtig machender Opioid-Schmerzmittel weit über dem europäischen Durchschnitt, wie die «Revue Médicale Suisse» schreibt. In den Apotheken gibt es aber auch etwa 60 rezeptfreie Schmerzmittel, die auf einer von fünf ebenfalls nicht harmlosen Substanzen basieren: Paracetamol, Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure. Experten warnen, dass zu viel Konsum zu körperlichen und psychischen Schäden führen kann.
«Gefragt ist vor allem das Paracetamol-Präparat Dafalgan. Davon verkaufen wir mehr als doppelt so viel wie normal», sagt Karin Weber, Geschäftsführerin der Steinberg-Apotheke in Winterthur, zu 20 Minuten.
«Die Leute decken sich schon vor der Impfung ein»
Einen grossen Andrang gibt es auch bei der Bahnhof Apotheke in Winterthur. «Die Leute decken sich schon vor der Impfung ein, weil sie im Fall einer Nebenwirkung nicht den Medikamenten nachrennen wollen», sagt eine Mitarbeiterin zu 20 Minuten.
Experten der Weltgesundheitsorganisation und der US-Gesundheitsbehörde warnen allerdings davor, Schmerz- oder Fiebermittel vor oder zu rasch nach der Impfung einzunehmen, weil sie die Wirksamkeit der Impfung beeinträchtigen können. In den Tagen nach der Impfung spreche hingegen nichts gegen eine Einnahme.
Der kantonale Apothekerverband Zürich meldet wie weitere Apotheken eine höhere Nachfrage nach Schmerzmitteln von zirka 15 Prozent. Gefragt seien vor allem Mittel mit den Substanzen Paracetamol und Ibuprofen.
Schmerzmittel sind für die Pharmamultis Peanuts
Vorrat gibt es trotzdem genug, wie die Apotheken sagen. Das scheint auch nicht verwunderlich, da es etwa zahlreiche Paracetamol-Präparate wie Dafalgan oder Panadol gibt. Diese Schmerzmittel sind auch recht günstig. Das 16-er-Pack 500-mg-Dafalgan-Tabletten kostet rund 2.50 Franken.
Entsprechend gering sind die Auswirkungen des Schmerzmittel-Booms für die Pharmabranche. Die Fabriken verkauften vergangenes Jahr laut dem Branchenverband Interpharma Schmerzmittel mit oder ohne Rezeptpflicht im Wert von 197 Millionen Franken. Der Anteil am Gesamtumsatz in der Pharmaindustrie betrug damit lediglich drei Prozent. Novartis machte auf Anfrage keine Angaben zu den Umsatzzahlen mit Schmerzmitteln. Auch andere konnten keine Zahlen nennen.
*Name der Redaktion bekannt
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