Aufblasbare AttrappenRussland und Ukraine setzen auf Täuschungstaktik aus dem 2. Weltkrieg
Eine tschechische Firma produziert für die Ukraine aufblasbare Himars- und MLRS-Attrappen. Auch die Russen haben bereits versucht, mit Fake-Panzern Täuschmanöver auszuführen – allerdings mit mässigem Erfolg.
Eine tschechische Firma produziert Attrappen in Form westlicher Mehrfachraketenwerfer.
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Im andauernden Krieg in der Ukraine hat Russland bereits Hunderte von Panzern verloren.
Auch die ukrainischen Materialverluste sind hoch – Kiew kann aber auf Nachschub aus dem Westen zählen.
Um die Russen zu täuschen, produziert ein tschechisches Unternehmen nun aufblasbare Himars-Systeme.
Das US-System Himars gilt als eines der wichtigsten Waffensysteme, das die Ukraine seit Beginn der russischen Invasion aus dem Westen erhalten hat. Der mobile Mehrfachraketenwerfer kann bis zu sechs Raketen abschiessen, die mit hoher Genauigkeit Ziele in bis zu 450 Kilometern Entfernung treffen können.
Zwar sind die mindestens 20 Systeme, die Washington bereits an Kiew geliefert hat, mit Raketen ausgestattet, die über eine geringere Reichweite verfügen – trotzdem stellte Himars für die Ukraine einen Game-Changer dar und ist dem Kreml seither ein Dorn im Auge. Kein Wunder also, dass die Raketenwerfer für die russischen Truppen als prioritäre Ziele gelten.
Kreml will mehr Himars-Werfer zerstört haben, als geliefert wurden
Nach typischer Kreml-Manier wurde im Laufe des Krieges denn auch schon die Zerstörung von insgesamt 48 Himars-Systemen zelebriert. Das Problem: Die Zahl wäre mehr als doppelt so hoch wie die 20 von den USA gelieferten Systeme, ausserdem gibt es in keinem einzigen Fall einen visuellen Beweis für eine erfolgreiche Zerstörung des Mehrfachraketenwerfers, wie die OSINT-Plattform Oryxspioenkop schreibt.
Trotzdem soll den russischen Truppen, die es auf die Himars-Systeme abgesehen haben, nun mit einer altbewährten Methode ein Strich durch die Rechnung gemacht werden. Ein Video in den sozialen Medien zeigt einen Ballon, der die Form und das Farbschema der M270-Raketenwerfer hat. Das System, das auch in der Ukraine zum Einsatz kommt, gilt als Vorgänger des Himars und kann die gleichen Raketen abfeuern. Gefertigt wurde die Attrappe von einem Unternehmen in der tschechischen Stadt Tetschen-Bodenbach. Laut einem Sprecher der Firma sei man in der Lage, bis zu 35 Attrappen pro Monat zu fertigen.
Russland könnte teure Raketen verschwenden
Mit den luftgefüllten Täuschkörpern können gleich zwei Strategien verfolgt werden: Einerseits können die Ballone genutzt werden, um angebliche Truppenbewegungen vorzutäuschen und so russische Streitkräfte in die Irre zu führen. Doch durch die Schlagkraft der Himars-Systeme ist es wahrscheinlich, dass Russland auch Raketen mit grosser Reichweite nutzt, um die Raketenwerfer zu zerstören. Durch den anhaltenden Krieg dürften die russischen Raketenbestände aber mehr und mehr zur Neige gehen – wenn der Kreml seine verbleibenden Raketen nutzt, um aufgeblasene Ballone zu zerstören, würde dies der Ukraine in die Hände spielen.
Russland verfolgt derweil offenbar eine ähnliche Strategie, wie das ukrainische Militär berichtet. So schrieb der Generalstab Anfang Januar, dass die russischen Truppen in der Region Saporischschja zwar das Momentum verloren hätten, aber derzeit die «Panzereinheiten» verstärken würden. Dabei soll es sich aber nicht um Kolosse aus Stahl handeln, sondern um luftgefüllte Hüllen – zumindest anfangs. Denn die Luft sei bereits wieder entwichen, ohne ihre Hauptaufgabe zu erfüllen. «Offensichtlich ist die freie Luft der Kosakenregion nicht für die ‹Gummi›-Produkte der Besatzer geeignet», schreibt der ukrainische Generalstab auf Facebook.
Fake-Panzer täuschten Hitlerdeutschland im Zweiten Weltkrieg
Die Taktik, den Gegner mit scheinbar grossen Panzereinheiten zu täuschen, die in Wahrheit nur aufgeblasene Ballone sind, ist alles andere als neu. Schon zur Geburtsstunde des Panzers im Ersten Weltkrieg, wo das Fahrzeug die verhärteten Fronten durchbrechen sollte, bastelten die Alliierten aus Holz Fake-Panzer.
Ihre Sternstunde erlebten die «Dummy Tanks», wie die Attrappen auf Englisch genannt werden, im Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Operation Fortitude, die von den Landungen in der Normandie ablenken sollte. So entstand bei den Deutschen durch die Fake-Panzer der Eindruck, dass die Alliierten über weit mehr Panzer verfügten, als dies tatsächlich der Fall war.
Beschäftigt dich oder jemanden, den du kennst, der Krieg in der Ukraine?
Hier findest du Hilfe für dich und andere:
Fragen und Antworten zum Krieg in der Ukraine (Staatssekretariat für Migration)
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Kriegsangst?, Tipps von Pro Juventute
Beratungsangebot (Deutsch, Ukrainisch, Russisch), von Pro Juventute
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Anmeldung und Infos für Gastfamilien:
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Tel. 058 105 05 55
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