SchaffhausenGing es in Prügel-Nacht doch um die Vergewaltigung von Fabienne?
Die Prügelattacke auf Fabienne W. wurde von zwei Kameras aufgezeichnet. Audioaufnahmen lassen nun auf einen Zusammenhang zwischen der vorangegangenen mutmasslichen Vergewaltigung schliessen.
Darum gehts
Im Dezember 2021 wurde Fabienne W. brutal verprügelt.
Der Angriff ereignete sich in der Wohnung des Schaffhauser Anwalts H.
Nachdem die «Rundschau» berichtete, protestierten in Schaffhausen Hunderte Menschen
Der Schaffhauser Regierungsrat hat eine externe Untersuchung angekündigt.
Wurde Fabienne W. in die Wohnung des Schaffhauser Anwalts H. gelockt, um sie davon abzubringen, gegen den Kollegen des Anwalts Anzeige wegen Vergewaltigung einzureichen? Das zumindest wurde in einer Rundschau-Recherche, die vor einigen Wochen über die Prügelattacke auf Fabienne W. berichtete, behauptet. Die Reportage sorgte für einen Aufschrei: Hunderte gingen im Anschluss in Schaffhausen auf die Strasse, um gegen die Untätigkeit der Behörden zu protestieren.
Das Narrativ der Rundschau wurde von der Wochenzeitung «Schaffhauser AZ» infrage gestellt. Einvernahmeprotokolle und verschriftliche Videoaufnahmen würden nicht darauf hindeuten, dass es am besagten Abend darum ging, sie von einer Anzeige abzubringen. Mittlerweile hat Fabienne W. die Videoaufnahmen von einem Tontechniker bearbeiten lassen. Dadurch sind die bislang nur schwer vernehmbaren Gesprächsfetzen verständlicher geworden.
Stawa wollte Verfahren zweimal einstellen
Die Aufnahmen untermauern die These der Rundschau: Während der Übergriffe auf Fabienne W. fällt mehrmals der Name ihres mutmasslichen Vergewaltigers, dem Mann, der in der Rundschau «Peter» genannt wird: «Ich habe Peter gefragt», sagt der Anwalt etwa mit Blick aufs Handy. Was er damit gemeint hat, ist nicht klar. Als die Polizei ein Jahr nach der Tat das Handy beschlagnahmen will, sind die Aufnahmen gelöscht – und die Chatkonversation mit Peter wohl ebenso.
Fabienne W. findet nun: «Hätte die Staatsanwaltschaft die Videoaufnahmen des Anwalts richtig analysiert, wäre klar gewesen, dass ich in die Wohnung gelockt wurde, um Peter nicht anzuzeigen.» Stattdessen habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren zweimal einstellen wollen. «Immer pünktlich zu meinem Geburtstag im Februar.»
«Hau ihr eins in die Fresse»
In den Videoaufnahmen ist zu hören, wie der Anwalt die Gewalt gegen Fabienne W. teilnahmslos hinnimmt oder sogar aktiv befeuert. Als Fabienne W. etwa einmal wie am Spiess schreit, weil sie der Nachbar würgen will, sagt der Anwalt nur: «Bring sie zur Ruhe.»
Zu hören ist unter anderem auch, wie der Anwalt sagt: «Hau ihr eins in die Fresse! Sie hat meinen Fernseher kaputtgemacht. Machs bitte, hau ihr eins in die Fresse.» Und das, nachdem dieser bereits zuvor mit anderen in der Gruppe Fabienne W. mehrmals geschlagen, gewürgt und gefesselt hatte.
«Du darfst», sagt der Anwalt
An den Nachbar gewandt, der sexuell eindeutige Bewegungen macht, sagt der Anwalt: «Du darfst.» Dann nimmt er das Handy hervor und filmt, wie der Mann Fabienne W. eine Faust verpasst.
Als Fabienne W. frühmorgens aus der Wohnung gebracht wird, fragt der Nachbar den Anwalt H.: «Habe ich etwas falsch gemacht?» Dieser entgegnet: «Nein, du hast alles richtig gemacht.» Daraufhin verlangt der Nachbar mehrmals die Videoaufnahmen, bis H. einwilligt: «Schickst du mir die?» – «Ja, ist gut.»
Pikant: Der Nachbar, der auch im Besitz der Videoaufnahmen ist, musste sein Handy gemäss Fabienne W. nie bei der Polizei abgeben.
«Als Anwalt ungeeignet»
H. amtet derweil weiter als Anwalt. Im Schaffhauser Anwaltsregister ist er noch immer eingetragen. Und das, obwohl er bereits in der Vergangenheit ungebührlich aufgefallen ist: Etwa wegen mehrfachen übermässigen Alkoholkonsums – einmal erschien er sogar betrunken vor Gericht. Laut dem Radiosender «Munot» wurde der Anwalt im April 2022 von der Aufsichtsbehörde über das Anwaltswesen als «ungeeignet» eingestuft.
«Zusammengefasst erscheint es als fraglich, ob er aufgrund seines Verhaltens die Vertrauenswürdigkeit aufweist, die ihm vom Rechtsstaat sowie von den rechtssuchenden Personen in seiner Funktion als Rechtsanwalt entgegengebracht werden», schreibt die Aufsichtsbehörde in ihrem Bericht.
Radio Munot hatte die Aufsichtsbehörde mit den Vorwürfen konfrontiert. Mit Verweis auf das Amtsgeheimnis wollte die Behörde jedoch keine Stellung nehmen.
Als 20 Minuten H. kontaktiert, sagt er, er könne sich nicht daran erinnern, den Namen von «Peter» erwähnt zu haben. Zum Fall Fabienne W. will er sich nicht weiter äussern.

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