Schub für ZuckergegnerNach Erfolg der Briten: Braucht die Schweiz eine Zuckersteuer?
Schlankere Kinder, weniger Zahnprobleme: Der Zuckerkonsum ist in Grossbritannien wegen der Zuckersteuer drastisch gesunken. Auch die Schweiz brauche eine solche Steuer, finden Politiker. Das wäre eine Bevormundung, finden andere.
Darum gehts
Die in Grossbritannien eingeführte Zuckersteuer zeigt Wirkung.
Auch hierzulande wird die Idee diskutiert. Die Abgabe soll den Zuckerkonsum und damit auch die Gesundheitskosten senken.
Linke sympathisieren mit der Idee, Bürgerliche halten die Zuckersteuer für eine Bevormundung.
Süssgetränke erfreuen sich grosser Beliebtheit – vor allem im Sommer. Besonders Kinder lassen sich schnell vom Geschmack verführen. Doch zu viel Zucker kann zu Übergewicht, Karies, aber auch schwerwiegenden Krankheiten führen.
Um gegen Fettleibigkeit bei Kindern zu kämpfen, haben etwa Irland und Grossbritannien bereits 2018 eine Zuckersteuer (siehe Box) auf Süssgetränke eingeführt. Eine neue Studie zeigt jetzt, dass sich der Zuckerkonsum durch Süssgetränke bei britischen Kindern halbiert hat – die Zuckersteuer, kombiniert mit weiteren Massnahmen, scheint Wirkung zu zeigen.
Wie funktioniert die Zuckersteuer in Grossbritannien?
Gesundheitskosten: Sparpotenzial in Milliardenhöhe
Zudem haben die Folgen von zu hohem Zuckerkonsum auch Auswirkungen auf die Gesundheitskosten: Eine Studie aus Deutschland von 2023 zeigt, dass mit einer Zuckersteuer die Gesundheitskosten drastisch gesenkt werden könnten – nämlich um 16 Milliarden Euro.
In Grossbritannien ist gemäss der «Welt» Adipositas bei elfjährigen Mädchen um acht Prozent zurückgegangen. Auch müssten immer weniger Kinder und Jugendliche wegen starker Zahnbeschwerden unter Narkose Zähne gezogen werden. In Portugal hingegen, wo die Zuckersteuer auf Süssgetränke bereits 2017 eingeführt worden war, sei zwar der Zuckerkonsum zurückgegangen, die Fettleibigkeit allerdings nur temporär gesunken.
Wäre die Zuckersteuer eine Lösung zur Senkung der Schweizer Gesundheitskosten? Bislang hat sich das Parlament gegen eine Zuckersteuer ausgesprochen – doch die Sympathien angesichts der Erfahrungen im Ausland bleiben hoch.
SP-Wyss: «Wir machen zu wenig»
«Man weiss, dass die Prävention extrem wichtig ist – und wir machen zu wenig», sagt SP-Nationalrätin Sarah Wyss. Wyss würde es begrüssen, wenn die Schweiz eine Zuckersteuer einführen würde. «Diese wäre sicher sehr viel sinnvoller, anstatt Produkte ganz zu verbieten», so Wyss.
In eine ähnliche Richtung argumentiert sogar der liberale Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger. Er hält die Zuckersteuer zwar grundsätzlich für «Unsinn». Er sagt aber, wenn schon, dann sei sie besser als ein Verbot, das «noch dümmer» wäre. Für die Steuer spreche das Verursacherprinzip. «Wenn die Konsumenten dann, wenn sie alle Kosten selbst tragen, immer noch wie verrückt Zucker essen, soll man sie gefälligst Zucker essen lassen», findet er. Allerdings müssten gleichzeitig auch alle Zucker-Alternativen wie Süssstoffe besteuert werden, «die ähnlich schädlich oder sogar noch schädlicher sind».
SVP-Rutz: «Beim Zucker ist elterliche Verantwortung gefragt»
Gar nichts von einer zusätzlichen Besteuerung von gezuckerten Produkten hält SVP-Nationalrat Gregor Rutz. «Es ist nicht Aufgabe des Staates, die Leute zu erziehen und ihnen vorzuschreiben, was sie zu konsumieren haben und was nicht», findet er. Hier sei die elterliche Verantwortung gefragt.
«All diese Studien, die beweisen möchten, dass Staatsinterventionen zum Ziel führen, halte ich für sehr zweifelhaft», so Rutz. Der «Regulierungsaktivismus» im Bereich der Genussmittel gefährde unzählige Arbeitsplätze, blähe die Verwaltung auf und koste die Steuerzahler viel Geld.
Getränkehersteller reduzieren Zucker freiwillig
Chocosuisse, der Schweizer Verband der Schokoladenhersteller, schliesst sich dem an. Eine Zuckersteuer erachte man nicht als zielführend, sie würde der Industrie schaden.
Bleibt zu sehen, ob die Zuckersteuer demnächst doch nochmals zum Thema wird. 24 Schweizer Unternehmen haben sich zumindest bereits dazu verpflichtet, den Zucker in ihren Produkten freiwillig bis Ende 2024 um zehn bis 15 Prozent zu senken – darunter Konzerne wie Coca-Cola, Ramseier und Rivella. Das Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen werde Ende Jahr auf die beteiligten Unternehmen zugehen und deren individuellen Produktdaten auswerten, sagt eine Sprecherin. Zu den Fortschritten im Schweizer Markt werde 2025 ein Bericht erscheinen.
Soll die Schweiz eine Zuckersteuer einführen?
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