Schussabgabe in Kappel SOOpferanwältin erhebt Vorwürfe: «Habe Polizei seit Monaten gewarnt»
Nachdem ein 15-Jähriger am Samstag einen anderen 15-Jährigen mit einer Schusswaffe schwer verletzte, meldet sich nun die Anwältin der Familie des Opfers zu Wort. Sie sagt: «Die Tat hätte vermutlich verhindert werden können.»
Darum gehts
In Kappel SO wurde ein 15-Jähriger durch Schüsse eines Gleichaltrigen schwer verletzt, der mutmassliche Täter wurde kurz darauf gefasst.
Die Anwältin des Opfers erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei, die sie seit Monaten vor der Gefahr durch den Täter gewarnt habe, ohne dass Massnahmen ergriffen worden seien.
Die Solothurner Kantonspolizei hat bisher keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben und kündigte weitere Abklärungen an.
Am Samstagabend kam es in Kappel SO zu einer Schussabgabe, laut aktuellem Erkenntnisstand schoss der 15-jährige L.B.* auf den ebenfalls 15-jährigen M.H.* Das Opfer war laut Zeugenaussagen gerade mit einem Freund auf dem Heimweg, als der Täter aus einer dunklen Ecke kam und auf M.H. schoss – insgesamt zwei Mal. Dieser musste mit schweren Verletzungen ins Spital gebracht werden, der mutmassliche Täter konnte einen Tag später in Hägendorf SO gefasst werden.
Nun erhebt die Anwältin der Opferfamilie, Christina Winter, schwere Vorwürfe – aber nicht in erster Linie gegen den Täter, sondern gegen die Polizei. Denn B. habe laut Winter H. nicht nur gemobbt, sondern auch mehrere Morddrohungen gegenüber H. ausgesprochen. Die Polizei habe davon gewusst. «Seit August habe ich versucht, die Polizei davon zu überzeugen, dass B. gefährlich ist – leider wurden meine Appelle nicht ernstgenommen», so die Anwältin. Erst diese Woche habe der mutmassliche Täter die letzte Morddrohung in einem polizeibekannten Video geäussert.
Polizei nahm Morddrohungen nicht ernst
«Im Namen der Familie habe ich beim ermittelnden Polizisten wiederholt auf Massnahmen insistiert, da dringende Gefahr für Leib und Leben im Raum stand», so Winter weiter. Die Polizei sei aber lediglich bereit gewesen, die Morddrohung in die immer länger werdende Strafanzeige aufzunehmen. Auch die zuständige Jugendanwältin habe die Drohungen nicht ernstgenommen und mit den Worten «solche Tötungsdrohungen bei Jugendlichen kommen öfter vor», quittiert.
«Es bestand Gefahr für Leib und Leben.»
Die Opferanwältin spricht deswegen von einem «skandalösen Versagen der Strafverfolgungsbehörden». Ein anderes Verhalten der Polizei hätte die grausame Tat eventuell verhindern können. «Die Tat geschah sehenden und wissenden Auges.» Winter beantragt deswegen straf- und dienstrechtliche Schritte gegen die Strafverfolgungsbehörden. «Der Schmerz der Familie über das Geschehene ist riesig – gerade weil die Tat so absehbar war und trotzdem nichts getan wurde.»
Zum aktuellen Gesundheitszustand des Opfers wollte sich die Anwältin nicht äussern.
Das sagt die Polizei
Die Solothurner Kantonspolizei gab am Sonntagabend an, sich noch nicht zu den Vorwürfen äussern zu können. «Dafür bedarf es weiterer Abklärungen», sagte Mediensprecher Nourdin Khamsi gegenüber 20 Minuten. Eventuell werde man sich zu einem späteren Zeitpunkt dazu äussern.
*Namen der Redaktion bekannt
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