Luzerner KantonsspitalSchweizer Vulva-Studie interessiert weltweit
Seit 20 Minuten über eine neue Vulva-Studie berichtete, klingelt beim Leiter der Studie ununterbrochen das Handy. Er hat etwa Anfragen aus Norwegen und Japan.
Wie sieht eine «normale Vulva» aus? Dieser Frage ging das Luzerner Kantonsspital (LUKS) in der bisher grössten Studie zum Thema nach. Dazu haben Forscher in Luzern die Genitalien von 657 Frauen vermessen. Grund für die Studie war, dass Schönheitsoperationen im Genitalbereich immer beliebter würden und die Forscher wissen wollten, ob es irgendwas wie eine «normale Vulva» gäbe. Das Ergebnis der Studie ist, dass das Wort «normal» in diesem Kontext bedeutungslos ist, weil die anatomische Vielfalt viel zu gross sei.
Seit 20 Minuten über die Studie berichtete, klingelt bei Andreas Günthert, dem Leiter der Studie, das Handy ununterbrochen: «Es gibt etwa Anfragen von einer norwegischen Tageszeitung und der grössten japanischen Tageszeitung.» Darüber berichtet haben unter anderem «Newsweek», «The Sun», «The Independent», «Daily Mail» oder «Huffington Post». Laut Günthert gab es aber auch eine kuriose Absage: «Ein amerikanisches Journal wollte die Studie nicht publizieren, weil die Frauen in unserer Studie zu schlank seien, das sei nicht repräsentativ.»
Studie soll in erster Linie den Frauen nützen
Günthert ist vom internationalen Medien-Echo ein bisschen überrascht, aber auch erfreut: «Wenn man viel Arbeit in eine gute Sache investiert hat, sich viele Menschen freiwillig dafür zur Verfügung gestellt haben, dann ist ein solches Echo natürlich sehr erfreulich.»
Direkten Nutzen vom Medieninteresse habe er nicht, «aber indirekten»: Habe man als Akademiker eine gute Publikationsliste und einen Namen, öffne dies manch eine Tür etwas leichter. Und: «Die Studie wurde von einer Assistenzärztin – Dr. Anne Kreklau – als Erstautorin publiziert, ihr nützt es auf dem eingeschlagenen akademischem Weg natürlich sehr.» Es gehöre zu einem akademischen Haus wie dem LUKS dazu, dass man sich für Wissenschaft und Förderung der Karriere einsetze. «Die Studie nützt aber vor allem vielen Frauen etwas, das hoffe ich zumindest.»
«Die allermeisten Frauen fanden das ganz lustig»
Weiter erwähnt der Studienleiter den Künstler Jamie Mc Cartney und dessen Werk «The great wall of vagina». Günthert: «Jamie Mc Cartney hat sich der Komplexizität und Vielfalt künstlerisch angenähert, wir nun wissenschaftlich.» Leider habe er sein Werk jedoch ‹Vagina› genannt, obwohl auf dieser Wand nur Vulven zu sehen sind. «Wenn durch diese Studie das Wort ‹Vulva› mehr ins Bewusstsein kommt, bin ich durchaus zufrieden.» Beim Mann würde übrigens jeder den Begriff für das äussere Genital kennen, nämlich Penis. «Merkwürdig, nicht?» Günthert hofft, dass die Studie vor allem vielen Frauen Nutzen bringt.
Rekrutiert wurden die 657 Frauen im Luzerner Kantonsspital während Routineuntersuchungen. Dabei wurden sie angefragt, ob sie an der Studie teilnehmen möchten. «Die allermeisten Frauen fanden das ganz lustig und eine gute Idee.»