Grosse StudieWie sieht eigentlich eine «normale Vulva» aus?
Das Luzerner Kantonsspital hat die bis anhin grösste Vulva-Studie durchgeführt. Dazu wurden die Genitalien von 657 Frauen vermessen.
In der bisher grössten Studie zum Thema versuchte das Luzerner Kantonsspital (LUKS) herauszufinden, wie eine «normale Vulva» aussieht. Während knapp zwei Jahren haben dazu Forscher die Genitalien von insgesamt 657 Frauen vermessen. Die Teilnehmerinnen der Studie waren zwischen 15 und 84 Jahre alt und in gutem gesundheitlichen Zustand.
Untersucht wurden die äusseren primären Geschlechtsorgane. Grund für die Studie war die «Zunahme von plastischen Eingriffen an der Vulva bei vermeintlicher Abweichung von der Norm, obwohl eine solche noch nie definiert wurde», wie der Leiter der Studie, Andreas Günthert, auf Anfrage sagt. Zudem sollte geklärt werden, ob das «äussere Genital nach den Wechseljahren schrumpft, denn viele Kollegen verordnen Hormone in Salbenform zur Behandlung der Vulva, obwohl diese kaum auf Hormone anspricht.»
«Erstaunlicherweise hat solch eine Studie in diesem Umfang noch nie jemand gemacht», sagt Günthert. Es seien aber noch weitere Aspekte untersucht worden, beispielsweise ob das Wort Vulva im Sprachgebrauch vorkomme. Die Erkenntnisse des Teams: Die Resultate fielen dermassen unterschiedlich aus, dass das Wort «normal» eigentlich bedeutungslos sei, wie das Onlineportal «Quartz» berichtet. Dazu sei die anatomische Vielfalt schlichtweg zu gross.
Künftige Studien dürften grössere Unterschiede zeigen
Bei den untersuchten Studienteilnehmerinnen habe man beispielsweise bei den äusseren Schamlippen unterschiedliche Grössen zwischen 1,2 Zentimetern und 18 Zentimetern gemessen. Bei den inneren Schamplippen reichten die Unterschiede von 0,076 Zentimetern bis zu 7,62 Zentimetern. Es liesse sich einzig die Aussage machen, dass die inneren Schamlippen und der Damm bei älteren Frauen generell kürzer seien und dass Frauen mit einem grösseren Body-Mass-Index dazu tendierten, grössere äussere Schamlippen zu haben.
Laut Studie dürfte es aber noch grössere Unterschiede geben. Auch wenn es die bis anhin grösste Untersuchung ist, seien dennoch weniger als 1000 Frauen untersucht worden. Und: Die Teilnehmerinnen seien alle weisse Frauen gewesen. Bei zukünftigen Studien mit einer noch grösseren Bandbreite an Teilnehmerinnen dürfte fast sicher sein, dass die Vielfalt noch grösser ausfalle.
Durch die Studie, die im «British Journal of Obstetrics and Gynecology» (Bezahlartikel) publiziert wurde, würden Aussagen gestützt, die professionelle Organisationen wie etwa das American College of Obstetrics and Gynecology seit Jahren machen. Ungleichheiten in Form und Grösse seien völlig normal und gesund. Dies sei insbesondere wichtig vor dem Hintergrund, dass Schönheitsoperationen im Genitalbereich immer beliebter würden.