Sharely: Mieten statt kaufen wird immer wichtiger

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Sharely«Wir sind das Airbnb für Gegenstände»

Immer mehr Besitztümer anzuhäufen, ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit: Ivo Kuhn propagiert mit seiner Plattform die Sharing Economy und hofft auf Hilfe aus der Nachbarschaft.

Adrian Schräder
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Adrian Schräder
 Der Lieferwagen zum Ausleihen: Sharely-Chef Ivo Kuhn vor einem der beliebtesten Leihgegenstände.
 Eine simple Plattform, auf der man fast alles findet – auch kleine Bagger und Töffanhänger.
Auch den Microlino kann man auf Sharely mieten – im Gegensatz zu Mobility jedoch tagesweise.
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Der Lieferwagen zum Ausleihen: Sharely-Chef Ivo Kuhn vor einem der beliebtesten Leihgegenstände.

Sharely

Worum es geht

  • Die sogenannte Sharing Economy ist im Trend: Man leiht sich etwas für den kurzfristigen Gebrauch statt sich gleich etwas Neues anzuschaffen.

  • Sharely ist mit aktuell 65'000 Nutzerinnen und Nutzern die grösste Sharing Plattform der Schweiz.

  • Die Vision der Betreiber sieht eine Welt vor, in der man kaum mehr etwas besitzt.

  • Im Idealfall kann man sich fast alles im Umkreis von wenigen Hundert Metern leihen.

Herr Kuhn, was haben Sie sich zuletzt ausgeborgt?

Ivo Kuhn: Eine Kindertrage für ein Wanderwochenende mit unserem kleinen Sohn. Wir wollten testen, ob er sich damit wohlfühlt und sicherstellen, dass wir sie wirklich benutzen, bevor wir uns selber eine anschaffen. Das Wochenende war ein voller Erfolg und wir haben uns kurz darauf eine eigene gekauft. Die gibts jetzt auch wieder auf Sharely zu mieten.

Sharely ist schon recht bekannt. Hat sich die Sharing Economy in der Schweiz etabliert?

Die Antwort, die uns freut, ist: Immer mehr! Es gibt viele spannende Sharing-Economy-Unternehmen in der Schweiz und wir sind stolz, gemeinsam mit ihnen den Mindset-Shift «nutzen statt besitzen» zu bewirken. Bei bestimmten Kategorien, vor allem sperrigen und teuren Gegenständen, ist das schon angekommen. Aber es steckt noch in uns allen, dass wir schnell mal etwas kaufen, obwohl wir es nur einmal brauchen. Wir sehen aber immer mehr, dass Menschen bewusster konsumieren und merken, dass sie ein Loch in der Wand brauchen, um ein Bild aufzuhängen – und nicht die Bohrmaschine besitzen wollen.

Wie viele Nutzerinnen und Nutzer hat Sharely aktuell?

Wir freuen uns bereits über 65'000 registrierte User auf Sharely. Wir sehen einen klaren Trend in Stadt- und Agglomerationsgebieten. Im Moment haben die Zürcherinnen und Zürcher klar die Nase vorn.

Wer steht hinter Sharely?

Sharely wird unabhängig betrieben und konnte in den letzten Jahren dank privater Investorengelder einen Relaunch umsetzen. Solange wir den Fokus auf die Usability setzen, sehen wir uns gerne noch als Start-Up im Vormarsch zum Scale-Up. Die Möglichkeit, Teil der Sharing Economy zu werden, bieten wir übrigens gerne allen Unternehmen an, was beliebte Brands wie Kärcher, Micro oder Patagonia bereits nutzen.

Geben Sie eigentlich eine Preisempfehlung ab oder regelt sich das Angebot komplett selbst?

Wir empfehlen den Vermieterinnen und Vermietern beim Upload von neuen Artikeln einen Mietpreis von zwei bis vier Prozent des Kaufpreises pro Tag. Die Preisgestaltung beim Mieten ist aber für uns alle etwas Neues und wir lernen ständig dazu. Aktuell entwickeln wir eine Preisempfehlung, die Angebot und Nachfrage berücksichtigt.

Bei Sharely kann man alle möglichen Alltagsgegenstände ausleihen. Was sind die Vermietungsschlager? Und was muss die Welt noch entdecken?

Bei den Mietartikeln gibt es klare Saisonfavoriten. In den Winterferien ist es die Gepäckbox fürs Auto. Im Frühling dürfen Hochdruckreiniger und Vertikutierer ran, im Sommer wird mit Festbänken und Soundanlagen gefeiert, im Herbst und Winter sind Spielkonsolen und Wärmebildkameras beliebt. Wir im Team hoffen aber vor allem, dass der Supermagnet, die Disco-Hüpfburg oder ein ganzer Kinosaal in Zukunft öfter zum Einsatz kommen dürfen.

Mobilität ist ein grosses Thema. Neu kann man z.B. auch den Microlino (siehe WSZ-Interview mit Erfinder Wim Ouboter) über Ihre Plattform buchen. Ist Sharely das neue Mobility?

Wir alle wünschen uns weniger Autos auf den Strassen. Bis es effiziente Alternativen gibt, heisst es auch: bestehende Ressourcen teilen und sinnvoll nutzen. Die Nachfrage nach Fahrzeugen aller Art ist enorm gross. In Q1 2023 war «Lieferwagen» der zweithäufigste Suchbegriff auf Sharely. Mit dem vielseitigen Angebot unserer Vermieter:innen und der Miete auf Tagesbasis decken wir einen anderen Use-Case als Mobility ab und arbeiten so am gleichen Ziel.

Wo liegen die Grenzen von Sharely?

Damit wären wir wieder beim Mindshift vom Kaufen hin zum Mieten der in der Gesellschaft stattfinden sollte. Wir können mit Sharely zwar einen unkomplizierten Zugang zur Sharing Economy bieten, im Endeffekt muss aber jeder von uns beim nächsten Kauf selber überlegen, ob hier eine Miete nicht doch sinnvoller und nachhaltiger wäre.

Neu kann man sich die Artikel von der Post zustellen lassen. Ist das nun ein Fortschritt bezüglich Nachhaltigkeit?

Diese neue Funktion haben wir in Kooperation mit der Post umgesetzt, weil wir ein klares Bedürfnis bei Mieterinnen und Mietern gesehen haben. Denn trotz der Vielzahl an Gegenständen in der ganzen Schweiz ist ein ganz bestimmter vielleicht gerade nicht in der Nähe verfügbar. Mit dem Postversand können wir eine attraktive Mietoption bieten – und damit am Ende einen unnötigen Kauf verhindern.

Wieso gibt es keine Sharely App?

Der Relaunch in 2021 und alle Entwicklungen seitdem stehen im Zeichen der Usability. Suchoptionen, Filtermöglichkeiten, Benachrichtigungen per SMS und E-Mail, ein neues Dashboard für Vermieterinnen und Vermieter mit Mieteinnahmen und vielem mehr – wir entwickeln ständig weiter. Um den Einstieg für neue Nutzerinnen und Nutzer möglichst einfach zu halten, gibt es aktuell keine App, die man noch downloaden müsste. Für unsere Zukunft als «Airbnb für Gegenstände» schliessen wir eine App aber nicht aus.

Wie würden Sie Ihre Vision für die Zukunft umreissen?

Wir wollen eine Welt schaffen, in der man fast nichts besitzen muss – aber alles erleben kann. Unsere Vision wird aber erst dann Realität, wenn möglichst viele Leute mitmachen. Wir sind davon überzeugt, dass man praktisch alle Gegenstände in seiner eigenen Strasse oder seinem Quartier finden könnte. Je mehr Menschen Sharely ausprobieren und mitmachen, desto schneller gilt für uns alle #ownlessdomore.

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