So tricksen die Händler bei den Black-Friday-Aktionen

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Lockvogel-AngeboteSo tricksen die Händler bei den Black-Friday-Aktionen

Schnäppchen oder Lockvogelangebot? Diese Frage müssen sich Shopper diese Woche besonders oft stellen, denn Händler tricksen am Black Friday.

R. Knecht
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R. Knecht

Rote Rabattschilder, Sales-Countdowns und stündliche Sonderaktionen: Detail- und Onlinehändler überbieten sich gegenseitig mit Spezialangeboten. Der Höhepunkt der Rabattschlacht wird der Black Friday am 23. November sein. Doch Experten mahnen zur Vorsicht: Nicht jeder Rabatt ist auch ein Schnäppchen. Mit diesen Tricks versuchen Händler, ihren Kunden ein tolles Angebot vorzugaukeln, das in Wirklichkeit gar nicht so lukrativ ist, wie es klingt:

• Mondpreisvergleich

Bei vielen Sonderangeboten ist angegeben, wie hoch der Preis vor der Reduktion war. Das nennt sich Ankereffekt, wie Christian Weibel, Experte für Preispsychologie an der Hochschule Luzern (HSLU), zu 20 Minuten sagt. «Experimente haben gezeigt, dass der Ankerpreis völlig willkürlich gewählt sein kann», so Weibel. Konsumenten würden sich trotzdem daran orientieren, auch wenn das Produkt auf dem Markt gar nicht so viel kostet.

Solche Preise werden oft als Mondpreis bezeichnet, weil sie so nirgends auf der Erde zu finden sind (siehe Box). Der Samsung-Fernseher The Frame mit 55 Zoll Bildschirmdiagonale etwa kostet im Online-Preisvergleich von Google nicht mehr als 1800 Franken. Ein Schweizer Händler bietet ihn beispielsweise derzeit für 1699.90 Franken an. Ausgewiesen ist aber ein Originalpreis von 1999 Franken – das wären 15 Prozent Rabatt. Bei einem Marktpreis von 1800 Franken sind es in Wirklichkeit aber eher 6 Prozent. Der Kunde spart also nicht 300, sondern 100 Franken.

Haben Sie schon einmal bei einer Rabattaktion zugeschlagen und sich dann geärgert, weil der gleiche Artikel woanders noch billiger war oder weil der Preis doch nicht so gut war, wie Sie meinten? Was haben Sie gekauft, und was war das Problem?

• Tiefpreisgarantie

Ein klassischer Trick ist es, einen Artikel mit sogenannter Tiefpreisgarantie anzubieten: Falls der Kunde den Artikel nach dem Kauf irgendwo günstiger findet, erstattet der Händler ihm die Differenz. «Die meisten Kunden sehen das und denken, dass es sich wohl um den besten Preis auf dem Markt handeln muss», sagt Tilman Slembeck, Wirtschaftsprofessor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, zu 20 Minuten. Darum prüft die Grosszahl der Konsumenten die Preise bei der Konkurrenz gar nicht. Selbst wenn der Händler das Produkt über Marktpreis verkauft und ein paar Kunden die Differenz zurückfordern, kann er mit diesem psychologischen Trick viel Gewinn auf Kosten der Konsumenten machen.

• Zeitdruck

Warnungen wie «Nur noch wenige Exemplare verfügbar» oder «Deal endet in einer Stunde» verlocken Konsumenten, impulsiv zuzugreifen. Davon sollen sich Kunden nicht beeinflussen lassen und vor dem Kauf unbedingt einen Preisvergleich machen, allenfalls noch vor Ort per Handy, wie Julian Zrotz von Blackfridaydeals.ch zu 20 Minuten sagt. Zudem komme es gerade bei kleineren Händlern vor, dass es auch zwischen Black Friday und Weihnachten noch einmal eine ähnlich gute Aktion für das eine oder andere Produkt gebe. Wer sich nicht sicher ist, muss also nicht unbedingt schon einen Monat vor Weihnachten zugreifen, auch wenn die Händler oft so tun, als wäre die Gelegenheit einmalig.

• Markierungen

Ausser den Rabattschildern sind Produkte auch noch mit allen möglichen anderen Labels markiert – diese Woche etwa mit prominenten Black-Friday-Stickers. Doch das bedeutet noch lange nicht, dass es sich um ein Sonderangebot handelt oder dass man auch tatsächlich spart. Laut Weibel von der HSLU reicht es sogar, wenn Händler Produkte auf einem eigenen Stand in der Mitte des Ladens platzieren. «Der Kunde nimmt an, dass es sich um ein gutes Angebot handeln muss, weil der Händler es ja hervorhebt», so der Experte.

• Zifferntricks

Preise enden auch in der Schweiz oft auf 95 oder 99 Rappen. Der Grund dafür ist simpel, wie Weibel erklärt: «Der Kunde liest den Preis von links nach rechts und hat die Tendenz, auf die erste Zahl abzurunden, die er sieht.» Ein Fernseher für 1999.95 Franken ist in der psychologischen Wahrnehmung des Konsumenten also näher bei 1000 als 2000 Franken.

• Distanz

Gerade im Onlinehandel werden in der Black-Friday-Woche riesige Umsätze erzielt. Ein Vorteil, den der Online-Handel hat, ist die Distanz. Der Kunde muss nicht ins Geschäft und bezahlt bargeldlos. «Dadurch nimmt das psychologische Schmerzempfinden beim Bezahlen ab», erklärt Weibel. Beim Online-Shopping oder bei Kartenzahlung tut das Geldausgeben weniger weh.

Am Black Friday standen Menschen vor dem Media Markt im Sihlcity Schlange - lange bevor der Laden öffnete.

So sah es im Sihlcity in Zürich am Black Friday vor einem Jahr aus. (Video: rkn)

4 Fragen an den Experten

Christian Weibel ist Experte für Preispsychologie an der Hochschule Luzern.

Wieso lassen wir uns von Aktionen blenden?

Wenn wir Rabatte wahrnehmen, wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert und gleichzeitig nimmt die vom Frontalhirn regulierte Selbstkontrolle ab. Rabatte werden als etwas Positives wahrgenommen und der Kauf von rabattierten Produkten wird dadurch zu einer positiven Erfahrung, die glücklich macht.

Und wenn man verzichtet?

Dann ist es umgekehrt: Rabatte nicht zu beziehen, wird als Verlust wahrgenommen. Man hat das Gefühl, man verpasse etwas. Das ist das Resultat der evolutionären Entwicklung des Gehirns.

Nutzen Händler das aus?

In einem gewissen Sinn schon. Eigentlich sollten Händler transparent sein und bei Aktionen den Marktpreis angeben. Allerdings geschieht das in der Praxis eher selten. Aber der Kunde hat immer die Möglichkeit, selbst einen Preisvergleich zu machen.

Haben Rabatte auch negative Effekte?

Für den Kunden ist es nicht nachhaltig, wenn er alle möglichen Produkte bei sich zuhause rumstehen hat, die er gar nicht braucht. Das kostet Geld und kann auch schlecht für die Umwelt sein. Je nachdem, wie sich die Rabattkultur in der Schweiz entwickelt, könnte es auch sein, dass die Kunden immer mehr Rabatt erwarten, was für die Händler schwierig sein könnte.

Erfundene Vergleichspreise

Für Händler wäre es laut der Preisbekanntgabeverordnung illegal, bei einer Aktion einen erfundenen Vergleichspreis anzugeben. Schreibt ein Anbieter, dass ein Produkt 800 statt 1000 Franken kostet, muss es bei diesem Händler auch wirklich mal 1000 Franken gekostet haben. Die Händler hätten es diesbezüglich aber eher leicht, sagt Julian Zrotz von Blackfridaydeals.ch zu 20 Minuten. Die Preisbekanntgabeverordnung sieht vor, dass der Vergleichspreis vor der Aktion doppelt solange gelten musste, wie die Aktion selbst dauert. Wer also etwa am Black Friday einen Fernseher, der auf dem Markt 800 Franken kostet mit einem Rabattkleber von 200 Franken versehen will, ohne tatsächlich Rabatt zu geben, muss das Gerät vorher nur zwei Tage lang für 1000 Franken anbieten. Zudem sei es für die Wirtschaftspolizei der Kantone in der Praxis schwierig, zu überprüfen, ob Händler diese Regelung überhaupt einhalten, so Zrotz.

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