Dumbphone: Junge wollen Offline-Zeit – alte Nokias hoch im Kurs

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Social-Media-AuszeitSchluss mit Tiktok-Sucht: Nokias sind bei Jungen hoch im Kurs

Klapp-Handys und Feature Phones erleben eine Renaissance. In den USA und der Schweiz steigen die Verkaufszahlen – ein Zeichen für den Wunsch nach weniger digitaler Vernetzung.

Weg vom Smartphone, hin zum «Dumbphone»: Junge legen sich vermehrt alte Tastentelefone zu, um weniger Zeit in den sozialen Medien zu verbringen.
Der Trend begann – ironischerweise – auf Tiktok, mit dem Hashtag #bringbackflipphones.
Der Trend macht sich auch bei Onlinehändlern bemerkbar: Die Verkaufszahlen solcher Tastenhandys steigen kontinuierlich.
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Weg vom Smartphone, hin zum «Dumbphone»: Junge legen sich vermehrt alte Tastentelefone zu, um weniger Zeit in den sozialen Medien zu verbringen.

imago images/MiS

Darum gehts

  • Telefone, mit denen man nur anrufen und SMS schreiben kann, gewinnen an Beliebtheit.

  • Vor allem die junge Generation Z möchte damit ihren Social-Media-Konsum reduzieren.

  • Auch in der Schweiz macht sich diese Entwicklung bemerkbar – Online-Händler verzeichnen eine Zunahme der Verkäufe sogenannter «Dumbphones».

Die Gen Z ist die einzige Generation, deren tägliche Zeit in den sozialen Medien seit 2021 abgenommen hat. Das zeigt eine Studie des Forschungsunternehmens GWI. Diese Entwicklung deute darauf hin, dass die Nutzung ihre Obergrenze erreicht habe, schlussfolgert die Studie. Scheinbar wirkt sich das auch auf das Smartphone selbst aus: Telefone aus früheren Zeiten erleben vor allem in den USA gerade einen Boom. Diese haben keine Apps, kein Social Media und eine lausige Kamera.

Die Generation Z will Dumbphones – also dumme Telefone – und keine Smartphones mehr. Der Dumbphone-Trend begann in den USA vergangenes Jahr – über Tiktok und den Hashtag #bringbackflipphones wurde er in die Welt getragen. Auf Social Media geben sich User gegenseitig Tipps, wie man das eigene Smartphone «verdummen» kann: Nebst Nachrichtennotiz deaktivieren soll man ein Zeitlimit für Social-Media-Apps einrichten, das Mail-Postfach und gar den Internetbrowser löschen.

Dumbphone-Hype hat auch die Schweiz erreicht

Laut «Dumbwireless», Gründerfirma des Dumbphones, schnelle die Nachfrage zurzeit in die Höhe: Von 2022 bis 2023 konnten sie die Umsätze ihrer Handys mehr als verdoppeln, heisst es im Magazin «The New Yorker». Der Hype scheint auch die Schweiz erreicht zu haben, wie unter anderem die Vertriebszahlen von Tastenhandys bei Digitec Galaxus zeigen: «Wir haben im laufenden Jahr schon gleich viel Umsatz mit solchen Handys gemacht wie im ganzen 2023», so ein Sprecher. Es scheine, als würden die Handys mit den Knöpfen sowohl bei den Jungen als auch bei Seniorinnen und Senioren an Beliebtheit gewinnen.

Telefonieren und SMS schreiben: Auf Apps und soziale Medien hat man mit «Dumbphones» keinen Zugriff.

Telefonieren und SMS schreiben: Auf Apps und soziale Medien hat man mit «Dumbphones» keinen Zugriff.

Imago

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Online-Händler Brack.ch: 88 Prozent mehr solcher Telefone wurden dieses Jahr im Vergleich zur Vorjahresperiode schon an Privatkunden verkauft. Das beliebteste Feature Phone sei das Nokia 105. Doch Angst haben müssen Smartphone-Hersteller keine, wie Digitalexperte von Comparis Jean-Claud Frick erläutert: «Wir sprechen hier im Moment von einem kleinen Hype, der witzigerweise durch Tiktok angestossen wurde, obwohl Tiktok ironischerweise auf einem Dumbphone gar nicht funktioniert.» Daher könne nicht davon gesprochen werden, dass sich die Gen Z jetzt in grossem Rahmen diesen Geräten zuwende.

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Smartphone-Verhalten verändert sich

Die Hinweise darauf, dass sich das Smartphone-Verhalten der Gen Z verändert, verdichten sich, wie Joe Birch, Technologieanalyst beim Marktforschungsunternehmen Mintel, unterschreibt. «Drei von fünf Befragten der Generation Z geben an, dass sie gerne weniger mit der digitalen Welt verbunden wären.» Laut dem Forschungsinstitut Portulans Institut sorge sich die Gen Z zudem um den Datenschutz: Viele würden das Internet nicht mehr nur als virtuellen Ort der Freiheit und des Spasses sehen, sondern eher wie ein Überwachungsinstrument für Unternehmen und Regierungen.

Sie wollen weniger Zeit auf Social Media verbringen: Die Nutzung von sozialen Medien hat bei der Gen Z seit 2021 abgenommen.

Sie wollen weniger Zeit auf Social Media verbringen: Die Nutzung von sozialen Medien hat bei der Gen Z seit 2021 abgenommen.

AFP

Die Herausforderungen

Der Umstieg auf ein sogenanntes Feature-Phone mit Knöpfen, ohne nebenbei noch ein Smartphone zu besitzen, könnte jedoch nicht ganz reibungslos ablaufen: Funktionen wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung oder der Abruf von Inhalten durch QR-Codes funktionierten nicht mehr – Einladungen oder Absprachen via Whatsapp-Gruppen würde man wohl verpassen, wenn die Information nicht noch separat per SMS erfolgt.

QR-Codes vereinfachen so einiges – doch mit einem Dumbphone ist das Abscannen nicht möglich.

QR-Codes vereinfachen so einiges – doch mit einem Dumbphone ist das Abscannen nicht möglich.

Unsplash

Die Gründe dafür, weshalb sich die Generation Z vermehrt dem Internet entzieht und ob sich der Dumbphone-Trend tatsächlich durchsetzen wird, beantworten Soziologieprofessorin Katja Rost und Zukunftsforscher Tristan Horx hier.

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