Sparmassnahmen: Linke warnen vor «Frontalangriff» auf Sozialwesen

Aktualisiert

SVP zufriedenSparpläne beim Bund: Linke wittern «Frontalangriff» auf Sozialwesen

Eine von Finanzministerin Karin Keller-Sutter eingesetzte Expertenkommission schlägt umfangreiche Sparmassnahmen beim Bund vor. Die Vorschläge stossen bei Linken auf Unverständnis.

Karin Keller-Sutter schlägt dem Bund umfangreiche Sparmassnahmen vor. In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)
Unter der Leitung des ehemaligen Direktors der eidgenössischen Finanzverwaltung, Serge Gaillard, hat eine fünfköpfige Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. (Archivbild)
Die Expertengruppe Gaillard schlägt mehr als 60 Massnahmen in sechs Bereichen vor, die ein Sparpotenzial von vier bis fünf Milliarden Franken pro Jahr haben. (Archivbild)
1 / 9

Karin Keller-Sutter schlägt dem Bund umfangreiche Sparmassnahmen vor. In den nächsten Jahren rechnet der Bund mit strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken pro Jahr. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Der Bund rechnet aufgrund eines starken Ausgabenwachstums mit einem jährlichen strukturellen Defizit von rund drei Milliarden Franken.

  • Eine fünfköpfige Expertengruppe schlägt zahlreiche Sparmassnahmen vor, um den Bundeshaushalt zu bereinigen.

  • Das Gremium empfiehlt über 60 Massnahmen, die ein Sparpotenzial von vier bis fünf Milliarden Franken pro Jahr aufweisen.

  • Während Bürgerliche die Vorschläge begrüssen, gehen Linke und Grüne auf die Barrikaden.

Der Bund rechnet in naher Zukunft mit jährlichen strukturellen Defiziten von rund drei Milliarden Franken. Am Ursprung der angespannten Finanzlage steht gemäss Bundesrat ein starkes Wachstum der Bundesausgaben – insbesondere zu Gunsten der AHV und der Armee.

Unter der Leitung von Serge Gaillard hat eine Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. Die Experten schlagen mehr als 60 Massnahmen vor, um die Ausgaben beim Bund um vier bis fünf Milliarden pro Jahr zu senken. (Archivbild)

Unter der Leitung von Serge Gaillard hat eine Expertengruppe einen Bericht mit Sparmassnahmen verfasst. Die Experten schlagen mehr als 60 Massnahmen vor, um die Ausgaben beim Bund um vier bis fünf Milliarden pro Jahr zu senken. (Archivbild)

Tamedia/Raphael Moser

Vor diesem Hintergrund schlägt eine fünfköpfige Expertengruppe im Auftrag des Bundesrats Massnahmen zur Bereinigung des Haushalts vor. Das Gremium empfiehlt mehr als 60 unterschiedliche, mehrheitlich ausgabenseitige Massnahmen in sechs Bereichen, welche den Bundeshaushalt um jährlich vier bis fünf Milliarden stabilisieren könnten.

SP-Wermuth: «Frontalangriff auf die soziale Schweiz»

Die Sparvorschläge aus der «Gruppe Gaillard» sorgen in Bundesbern für gemischte Reaktionen: Während Bürgerliche die Stossrichtung begrüssen, bemängeln Linke, dass die Sparaxt fast ausschliesslich auf Seite der Ausgaben angesetzt werden soll. SP-Co-Parteipräsident Cédric Wermuth betont auf Anfrage: «Das präsentierte Programm ist ein Frontalangriff auf die soziale Schweiz.»

Der Aargauer ist überzeugt, dass die Sparmassnahmen die Schweiz in vielen Bereichen «um Jahre» zurückwerfen würden: «Klimaschutz, Bildung, Gleichstellung, Kaufkraft und internationale Solidarität, um nur einige Beispiele zu nennen.» Grosse Vermögen und «prallvolle Konzernkassen» würden geschont, während Rentner, Lohnabhängige, Familien, ältere Arbeitslose und Frauen zur Kasse gebeten würden, so Wermuth. «Das ist für die SP Schweiz nicht akzeptabel.»

SP-Co-Parteipräsident Cédric Wermuth spricht von einem «Frontalangriff auf die soziale Schweiz» – für die SP seien die Sparpläne «nicht akzeptabel». (Archivbild)

SP-Co-Parteipräsident Cédric Wermuth spricht von einem «Frontalangriff auf die soziale Schweiz» – für die SP seien die Sparpläne «nicht akzeptabel». (Archivbild)

Tamedia/Christian Pfander

Auch die Grünen stemmen sich postwendend gegen die Sparvorschläge: Es handle sich um einen «Gefälligkeitsbericht», um die «massiven Abbaupläne» von Finanzministerin Karin Keller-Sutter zu legitimieren, wie sie in einer Medienmitteilung betonen.

Bürgerliche begrüssen die Stossrichtung

Andere Töne erklingen aus bürgerlichen Reihen: FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier betont auf Anfrage, dass die Schweiz keineswegs ein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem habe. «Wenn nicht sofort gespart wird, schreien die Linken bald nach neuen Steuern – zu Lasten des Mittelstands und der KMU.»

«Mit Befriedigung» stelle die FDP fest, dass die vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe ihren Auftrag ausgeführt habe. «Es ist wichtig, dass der Bund effizienter wird und unsinnige Subventionen abbaut.»

FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier begrüsst die Sparpläne «mit Befriedigung», wie er auf Anfrage erklärt. (Archivbild)

FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier begrüsst die Sparpläne «mit Befriedigung», wie er auf Anfrage erklärt. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Auch die SVP begrüsst die Sparvorschläge der Expertengruppe: Die Volkspartei setze sich für «Sparmassnahmen ohne Tabus» ein, so die Medienmitteilung der wählerstärksten Partei des Landes. Auf Anfrage betont Finanzpolitiker Lars Guggisberg, dass der Staat immer gefrässiger werde: «Die Bundesausgaben haben sich seit 2000 fast verdoppelt – von 47,1 Milliarden auf 85,7 Milliarden.»

Gleichzeitig stellt der Berner noch Luft nach oben fest: Auch bei den Löhnen der «Berner Luxusbeamten» müsse gespart werden: «Der Durchschnittslohn beträgt mittlerweile rund 120'000 Franken – und ist damit weit höher als die Löhne der Bürgerinnen und Bürger in der Privatwirtschaft.»

Mitte rechnet mit Steuererhöhungen

Die SVP biete Hand für eine bürgerliche Spar-Allianz mit der FDP und Mitte, betont die Volkspartei. Tatsächlich stellt auch Mitte-Finanzpolitiker Reto Nause fest, dass die Sparmassnahmen vonseiten der Expertengruppe im Grundsatz zu begrüssen seien: «Ich erachte das als spannenden Bausatz, auf dessen Grundlage der Bundesrat ein Paket schnüren muss.»

Bereiten dir die Bundesfinanzen Sorgen?

Gleichzeitig betont der Berner, dass es ohne flankierende Massnahmen auf Seite der Einnahmen – beispielsweise Steuererhöhungen – wohl kaum möglich sein werde, zu einer mehrheitsfähigen Vorlage zu gelangen.

Bleib über Politikthemen informiert

Interessierst du dich auch über Bundesratswahlen und Abstimmungen hinaus für das Politgeschehen im Land? Liest du gerne spannende Interviews, Analysen, aber auch Lustiges zu aktuellen Themen? Abonniere hier den Politik-Push (funktioniert nur in der App)!

So gehts: Installiere die neuste Version der 20-Minuten-App. Tippe unten rechts auf «Cockpit», dann aufs «Einstellungen»-Zahnrad und schliesslich auf «Push-Mitteilungen». Beim Punkt «Themen» tippst du «Politik» an – schon läufts.

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt

192 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen