«Das ist ein Kampfbegriff aus rechten Kreisen in Deutschland»

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«Remigration»«Das ist ein Kampfbegriff aus rechten Kreisen in Deutschland»

Ein SVP-Gemeinderat posiert vor einem «Remigrations»-Plakat. Der Begriff ist an sich harmlos, wird aber in Deutschland von Rechtsextremisten besetzt. Eine Extremismusforscherin findet das heikel.

17. Februar 2024 in Berlin: Menschen nehmen an einer Demonstration gegen rechts teil.
In einem Video mit dem Parteilogo der SVP wurde jetzt auch in der Schweiz eine «Remigration» gefordert.
Auch Patrick Aschwanden von der SVP Lauerz tritt im Video auf. 
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17. Februar 2024 in Berlin: Menschen nehmen an einer Demonstration gegen rechts teil.

Fabian Sommer/dpa

Darum gehts

  • SVP-Gemeinderat Patrick Aschwanden aus Lauerz im Kanton Schwyz posierte vor einem Plakat mit der Aufschrift «Wir fordern Remigration!»

  • Der Begriff wird in Deutschland von Rechtsextremen verwendet, auch die rechtsextreme Schweizer Gruppe «Junge Tat» hat ihn schon verwendet.

  • Laut einer Sprachwissenschaftlerin ist es heikel, wenn nun SVP-Vertreter den Begriff in der Asylpolitik verwenden.

Das ist passiert

«Wir fordern Remigration!» steht auf einem Plakat, das in einem Video des «Aktionsbündnis Urkantone» auftaucht. Das Video ist mit dem Logo der SVP versehen und SVP-Gemeinderat Patrick Aschwanden aus Lauerz tritt ebenfalls auf.

Das waren die Reaktionen

Die Juso Schwyz ist «schockiert und hat Angst». Die SVP Schwyz und auch die nationale Partei distanzieren sich.

Darum ist das wichtig

Im Video wird eigentlich gegen ein Bundesasylzentrum in der Region geworben. Um den Begriff der Remigration ist in Deutschland nach einem Geheimtreffen von AfD-Politikern mit Rechtsextremen der Identitären Bewegung eine Debatte entstanden, die letztlich dazu führte, dass Hunderttausende gegen rechts auf die Strasse gingen

Das sagt die Sprachwissenschaftlerin

Ursprünglich ist Remigration ein harmloser Begriff: Er kommt laut Marlies Whitehouse, Sprachwissenschaftlerin an der ZHAW, vom lateinischen: «Migrare heisst auswandern, Remigration ist damit die Rückwanderung.» Aber: «Derzeit wird das Wort von Gruppierungen besetzt, die weit rechts politisieren. Das gibt eine Färbung und es findet eine Instrumentalisierung statt.»

Marlies Whitehouse ist Professorin für Angewandte Linguistik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Marlies Whitehouse ist Professorin für Angewandte Linguistik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. 

ZHAW

Sprache beeinflusst laut Whitehouse immer das Denken und Handeln von Menschen. «So auch in diesem Fall und die Sprache kennt hier keine Landesgrenze.» Indem der Kampfbegriff der deutschen Rechten jetzt auch in der Schweiz verwendet werde, werde auch versucht, Einfluss auf die Meinung der Menschen zu nehmen.

Das sagt die Rassismuskommission

Die eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hat den Begriff auf dem Radar. «Der Begriff ‹Remigration› wird seit einigen Jahren verstärkt von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren genutzt und im Sinne ihrer Ideologie politisch umgedeutet», sagt Geschäftsführerin Alma Wiecken gegenüber SRF. In diesem Kontext findet die EKR den Begriff problematisch: «Wenn ‹Remigration› mit dieser Bedeutung in diesem Kontext genutzt wird, ist das als rassistisch einzuordnen.»

Das sagt die Extremismusforscherin

«Dass SVP-Politiker und Vertreter des ‹Bündnis Urkantone› von Remigration sprechen, ist in der Tat eine heikle Übertragung eines aktuellen Kampfbegriffs aus rechten Kreisen in Deutschland», sagt Mirjam Eser Davolio, Extremismusforscherin am Departement Soziale Arbeit der ZHAW. Im Video werde versucht, die eigentlich Haltung, nämlich die Verhinderung des Bundesasylzentrums «vor der Haustüre» in einen grösseren Rahmen angeblicher asylpolitischer Versäumnisse zu stellen.

«Der Begriff Remigration ist eine Art Losung zum Ansprechen rechtsgerichteter Kräfte. Dass er auf die Schweiz übertragen worden ist, stellt im Politdiskurs einen Tabubruch dar.» Remigration hat laut der Extremismusforscherin zudem eine Doppeldeutigkeit: «Damit kann sowohl erzwungene als auch freiwillige Rückkehr ins Heimatland gemeint werden. Gleichzeitig tönt er deutlich harmloser als seine Synonyme, wenn diese Rückkehr unter Zwang erfolgt, da Abschiebung, Vertreibung oder Deportation deutlich ausgrenzender und gewaltvoller konnotiert werden.»

«Ekelhaft, den eindeutig rechtsextremen Begriff zu nutzen»

Auch Esers Kollege Dirk Baier hat eine klare Meinung zum Video: «Wenn es ernstgemeint ist, wovon ich ausgehe, ist es nur ekelhaft, dass die SVP den eindeutig rechtsextremen Begriff der Re-Migration benutzt, im vollen Bewusstsein, was dieser bedeutet. Die SVP macht sich mal wieder mit Rechtsextremen gemein.» 

Hast du den Begriff «Remigration» zuvor schon einmal gehört?

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