Sumatra: Schweizer Chirurg rettet Orang-Utans am Operationstisch

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SumatraSchweizer Chirurg rettet Orang-Utans mit Notfall-OPs

Andreas Messikommer ist normalerweise Chirurg in der Schweiz. Doch ab und zu reist er für Notfall-Operationen nach Indonesien – und operiert vom Aussterben bedrohte Orang-Utans.

Andreas Messikommer, ein Chirurg aus der Schweiz, reist immer mal wieder nach Sumatra, um dort Orang-Utans zu operieren.
Bereits 26 solche Einsätze hat er hinter sich – die letzten vier in diesem Monat.
Angefangen hatte es in 2004, als Messikommer nach einem tödlichen Tsunami eigentlich für Menschen dort war. Doch plötzlich erhielt er eine Anfrage, einen Eingriff bei einem Menschenaffen durchzuführen.
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Andreas Messikommer, ein Chirurg aus der Schweiz, reist immer mal wieder nach Sumatra, um dort Orang-Utans zu operieren.

Privat

Darum gehts

  • Der Schweizer Chirurg Andreas Messikommer operiert seit 2004 Orang-Utans in Sumatra.

  • Bei seinem letzten Einsatz im März führte er vier anspruchsvolle Operationen durch, darunter eine sechs Stunden lange Frakturbehandlung.

  • Messikommer finanziert die Operationen selbst, um die vom Aussterben bedrohten Tiere zu unterstützen.

Laut der IUCN Redlist gab es bei der letzten Bestandsaufnahme von 2017 nur noch 13'864 Orang-Utans in Sumatra. Die Art gilt als vom Aussterben bedroht. Um so wichtiger ist es, dieser Art von Menschenaffen beizustehen.

So sieht es jedenfalls Andreas Messikommer. Der Schweizer Chirurg operiert eigentlich Menschen – führt seit 2004 aber auch mehrmals Operationen an Orang-Utans durch. So ist er auch diesen Monat wieder notfallmässig nach Sumatra gereist, um vier Operationen durchzuführen.

Insgesamt 16 Stunden am Operationstisch

«Das Operationsprogramm war anspruchsvoll», verkündete Messikommer nach seiner Rückkehr. Die Arbeit an einer verknöcherten Fraktur am Schienbein dauerte sechs Stunden. In zweieinhalb Stunden amputierte Messikommer einen Ellenbogen. Fünf Stunden war er mit einer basizervikalen Hüftfraktur beschäftigt. Nochmal zweieinhalb Stunden verbrachte er mit einem Kiefer-Zahnabszess. Es bestehe kaum ein Unterschied zu den Menschen bei den Operationen, «schliesslich stimmt die Orang-Utan-DNA zu 98 Prozent mit der unseren überein», erklärt Messikommer.

Die Operationen an den Orang-Utans seien nicht gross unterschiedlich zu denen an Menschen, sagt Messikommer.

Die Operationen an den Orang-Utans seien nicht gross unterschiedlich zu denen an Menschen, sagt Messikommer.

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Der Chirurg hat nun insgesamt 26 OPs an den Menschenaffen hinter sich und ist damit der erfahrenste Orang-Utan-Chirurg. Angefangen hat das Projekt nach dem verheerenden Tsunami, der 2004 Südostasien verwüstete und 230'000 Menschen das Leben kostete. «Ich war für einen Monat als Arzt dort. Ganz am Ende meines Engagements operierte ich einen jungen Orang-Utan», erzählte Messikommer in einem Interview mit 20 Minuten in 2018.

«Keine Dankbarkeit, aber die Essgewohnheit normalisiert sich»

Bei den vier letzten Operationen schien alles gut gelaufen zu sein. «Auf gestrige Nachfrage erhielt ich die Auskunft, dass alles okay ist», sagt Messikommer einen Tag nach seiner Rückkehr.

«Jedes Tier, jede Pflanze und jeder Mensch hat seinen Platz, auch die Spinnen in meiner Küche.»

Andreas Messikommer

Auf Anfrage, ob man den Tieren ansieht, dass sie sich nach der Operation besser fühlen, relativiert Messikommer: «Es gibt keine emotionalen Zeichen von Besserung oder gar Dankbarkeit. Aber die Automatismen und Essgewohnheiten normalisieren sich.»

Eine emotionale Bindung würde er mit seinen tierischen Patienten eher nicht eingehen – jedenfalls keine, die über seine generelle Tierliebe hinaus gehe. «Jedes Tier, jede Pflanze und jeder Mensch hat seinen Platz, auch die Spinnen in meiner Küche.», sagt Messikommer.

Manchmal kann Messikommer seine Patienten nach den Operationen im Regenwald besuchen gehen – in der Begleitung von Paneco-Mitarbeitern.

Manchmal kann Messikommer seine Patienten nach den Operationen im Regenwald besuchen gehen – in der Begleitung von Paneco-Mitarbeitern.

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Trotzdem käme es manchmal vor, dass er seine Patienten im Regenwald «mit hoch qualifizierten Mitarbeitern» besucht. Damit gemeint sind Mitarbeitende der Umweltschutzorganisation Paneco mit Sitz in Zürich, für die er in Indonesien arbeitet.

«Es ist besser, als das Geld zu verprassen»

Messikommer betont, dass er sich für die Orang-Utans engagiere, weil sie vom Aussterben bedroht seien. «Leider kann man junge Orang-Utans noch immer auf dem Schwarzmarkt kaufen», bedauert der Chirurg. Auch würde die Abholzung ihrer Wälder ihre Existenz bedrohen. Doch es gebe kleine, langsame Schritte in die richtige Richtung: «Die Schwarzmarktverkäufe der Jungtiere sind mittlerweile besser kontrolliert als früher und haben leicht abgenommen.» Auch die Abholzung sei zurückgegangen.

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Auf die Frage hin, wie seine Operationen finanziert würden, antwortet der Chirurg schlicht: «Alle Kosten übernehme ich». Dazu gehören demnach Flug, Material und die Vor- sowie Nachbereitung. «Diese Auslagen machen Sinn in meinem kurzen Leben», führt er aus. «Es ist besser, als das Geld zu verprassen». Zuletzt warnt Messikommer vor einer «unerträglichen Globalkatastrophe», weil viele Spezien vor dem Aussterben bedroht seien. Und es braucht «möglicherweise jede und jeden, der seinen Teil zur Rettung dieser Tiere beiträgt».

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