Superspreader-EventsSteigende Infektionen: Corona-Sommerwelle rollt auf die Schweiz zu
Die Pandemie ist vorbei, das Coronavirus ist aber nach wie vor da. Aktuell sorgt es wieder für steigende Fallzahlen – im Ausland, aber auch bei uns. Das ist die Situation.
Darum gehts
Das Coronavirus ist in Europa zurück. Auch in der Schweiz steigen die Infektionszahlen wieder an – getrieben durch die neuen Varianten KP.2 und KP.3.
Trotz steigender Fallzahlen bleibt die Zahl der schweren Krankheitsverläufe gering, neue Massnahmen sind nicht geplant.
Nach wie vor sinnvoll ist es laut den Behörden und einem Infektiologen, die Tipps vom BAG zu beachten.
Personen mit geschwächtem Immunsystem müssten ja aus epidemiologischer Situation auch in Zukunft durch einen Impfstoff geschützt werden.
In vielen Ländern baut sich eine Covid-Sommerwelle auf (siehe Bildstrecke unten). Auch die Schweiz befindet sich mittendrin. «Es ist ein stetiger Anstieg des Infektionsgeschehens von Sars-CoV-2 zu beobachten», sagt BAG-Sprecher Simon Ming. 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen.
Welche Varianten treiben das Infektionsgeschehen an?
Aktuell sorgen die Varianten KP.2 und KP.3 für die meisten Fälle. Sie gehören zu den so genannten Flirt-Varianten und sind für rund 60 bis 70 Prozent der Infektionen verantwortlich. Die restlichen 30 bis 40 Prozent gehen auf die Vorgängervariante JN.1 zurück. Das zeigt, wie viel bei Corona noch in Bewegung ist: Noch vor einem Monat hatte das BAG erst vier Fälle registriert, die auf KP.2 zurückgehen.
Warum nennt man sie Flirt-Varianten?
Genau genommen heissen sie FLiRT-Varianten. Mit flirten hat das also nichts zu tun. Es sind Abkürzungen für die neuesten Mutationen jener Protein-Spitzen oder -Spikes, die dem Virus das Andocken erlauben. KP.2 oder KP.3 haben F-, L-, R- und T-Mutationen. Fantasievolle Virologen machten daraus: Flirt.
Warum steigen die Zahlen gerade jetzt?
Laut Ming gibt es dafür vor allem zwei Gründe: «Der eine ist, dass die durch frühere Infektionen erworbene Immunität im Laufe der Zeit abnimmt. Der zweite sind die neuen Virusvarianten.» Sie wiesen Mutationen auf, mit denen sie die bestehende Immunabwehr besser umgehen können. «Sars-CoV-2 ist besonders gut darin, unser Immunsystem auszutricksen», schreibt der Berliner Molekularbiologe Emanuel Wyler auf Tagesspiegel.de. Schon minimale Veränderungen am Virus reichten aus, «von unseren Antikörpern weniger gut erkannt und blockiert zu werden.»
«Sars-CoV-2 ist besonders gut darin, unser Immunsystem auszutricksen.»
Eine weitere Rolle dürften Grossanlässe wie die Fussball-EM oder Public Viewings spielen, bei denen viele Menschen zusammenkommen. Auch das mässige Wetter, bei dem sich viele in Innenräumen treffen, könnte dazu beitragen.
Verursacht das Virus schwere Erkrankungen?
Das ist die gute Nachricht: «Die Zahl der Hospitalisationen ist weiterhin sehr gering», sagt Ming vom BAG. Zudem scheinen die aktuellen Varianten «keinen schwereren Krankheitsverlauf als bisherige Omikron-Varianten» auszulösen.
Das bestätigt auch das Stadtspital Zürich: Zwar verzeichne man aktuell «etwas mehr Covid-Fälle, jedoch sind diese Patientinnen und Patienten nicht sehr schwer erkrankt.» Die allermeisten Betroffenen seien vorerkrankt und/oder in höherem Alter und «müssen in diesem Rahmen hospitalisiert werden.»
Kommen die Massnahmen zurück?
Davon ist nicht auszugehen, so Ming: «Aufgrund der relativ milden Symptomatik der neuen Varianten sind derzeit keine neuen Massnahmen geplant.» Er weist aber darauf hin, dass die Tipps vom BAG weiterhin gültig seien:
Wer Erkältungssymptome hat, sollte Kontakte zu anderen Personen vermeiden.
Maske tragen kann helfen, eine Infektion über Aerosole und Tröpfchen zu vermeiden.
Durch Abstand halten lässt sich das Risiko einer Infektion zusätzlich reduzieren.
Regelmässig lüften verdünnt die Konzentration von Corona- und anderen Viren.
In Taschentuch oder Armbeuge husten und niesen.
Impfen wird vor allem Risikopersonen empfohlen, doch auch weniger gefährdete Personen können ihre Impfung auffrischen.
Auch eine gute Qualität der Raumluft ist laut dem BAG zentral, um Übertragungen zu reduzieren.
BAGDer Tessiner Infektiologe Andreas Cerny ergänzt: «Es gibt keinen Grund, weiterzugehen als die sowieso geltende Regel, vulnerable Personen nicht zu besuchen, wenn man erkältet ist. Auch andere Atemwegsviren können vulnerable Personen gefährden.»
So gehen die Spitäler mit der Sommerwelle um
In England haben einige Spitäler die Maskenpflicht wieder eingeführt, nachdem die Zahl der mit Covid-19 eingelieferten Patienten «sprunghaft angestiegen» ist.
In der Schweiz ist dies derzeit kein Thema. Nur wer Erkältungssymptome hat, wird gebeten, Maske zu tragen, so das Unispital Zürich, das Inselspital und das Stadtspital Zürich auf Anfrage von 20 Minuten. Das gelte für Patientinnen und Patienten, Besuchende und Mitarbeitende. Am Unispital Basel und dem Kantonsspital Winterthur sind Masken in solchen Fällen Pflicht. Alle Spitäler geben an, die Covid-Situation kontinuierlich zu beobachten. «Die Maskenpflicht könnte nötigenfalls schrittweise wieder ausgeweitet werden», teilt etwa das Inselspital mit. Aktuell sei dies aber nicht vorgesehen.

Bei Erkältungssymptomen gilt in den meisten Spitälern: Maske tragen.
UnsplashAuf welche Symptome muss man sich bei einer Infektion einstellen?
Als mögliche Symptome von KP.2 gelten wie bei früheren Varianten auch vor allem Fieber, Husten, Schüttelfrost und Muskelschmerzen.
Wie weiss ich, ob ich Corona habe, wenn ich mich krank fühle?
Laut Cerny kursieren derzeit auch andere respiratorische Viren auf niedrigerem Niveau. Ohne Test sei es fast nicht möglich, herauszufinden, ob man Corona habe. «Ich empfehle die Testung in Absprache mit dem behandelnden Arzt», so Cerny.
Sind wiederholte Erkrankungen jetzt Normalität?
«Es scheint, dass das SARS CoV-2 Virus bei uns bleiben und dass der wiederkehrende Kontakt mit dem Virus unser Immunsystem immer wieder stimulieren wird», sagt Cerny. Personen mit geschwächtem Immunsystem müssten ja aus epidemiologischer Situation auch in Zukunft durch einen Impfstoff geschützt werden.
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