«Sinnlos und verkehrsbehindernd»SVP-Politiker will 30er-Zonen auf Kantonsstrassen verbieten
Für den Berner SVP-Grossrat Thomas Knutti sind Tempo-30-Zonen auf stark befahrenen Durchgangsstrassen ein sinnloses Unterfangen. Ein Verkehrs-Experte ordnet ein.
Darum gehts
Der Berner SVP-Grossrat Thomas Knutti wehrt sich gegen weitere 30er-Zonen auf Kantonsstrassen. Diese seien weder umweltfreundlich noch lärmverringernd.
Ein Grünen-Politiker hält dagegen: «Ein niedrigeres Tempo bedeutet auch einen niedrigeren Verbrauch und damit auch eine niedrigere Umweltbelastung.»
Laut einem Verkehrsexperten sind pauschale Tempo-30-Zonen nicht sinnvoll.
«Keine sinnlosen und verkehrsbehindernden Tempo-30-Zonen auf Kantonsstrassen»: Das fordern SVP-Grossrat Thomas Knutti und fünf weitere Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus FDP, Mitte und EDU in einem Vorstoss. In den letzten Jahren seien im Kanton Bern vermehrt 30er-Zonen auf stark befahrenen Durchgangsstrassen realisiert worden. In Schönried (Gemeinde Saanen) solle gar gegen den Willen der Gemeinde die Höchstgeschwindigkeit wieder reduziert werden, schreiben die Motionäre.
Er verstehe nicht, warum der Kanton nun über die Gemeinde hinweg entscheiden wolle, sagt Knutti im Gespräch mit 20 Minuten. Der Kanton argumentiere mit Lärmschutz und der Reduktion von Emissionen, hierfür gebe es aber keine eindeutigen Beweise. Geht es nach dem Oberländer Politiker, soll auf Hauptverkehrsachsen generell Tempo 50 belassen werden, um unnötige Verkehrsbehinderungen zu vermeiden: «Sollten sich dort nicht gerade Wohngebiete oder Schulen befinden, macht es meiner Meinung nach keinen Sinn, das Tempo zu reduzieren, um für mehr Sicherheit zu sorgen.»
Auch aus umwelt- und klimapolitischen Gesichtspunkten sei Tempo 30 nicht sinnvoll, argumentiert Knutti weiter: «Fährt man in einem zu niedrigen Gang, belastet das sogar zusätzlich die Umwelt, da der Verbrauch steigt.» Untersuchungen würden ausserdem zeigen, dass mit Tempo 30 Lärm- und Schadstoffemissionen nicht verringert werden können.
Tempo 30 auf Kantonsstrassen – eine gute Idee?
«Niedrigeres Tempo bedeutet niedrigeren Verbrauch»
Der Grüne Beat Kohler erachtet es dagegen als zentral, dass das Transportaufkommen auf verschiedene Verkehrsträger verteilt wird, allen voran auf den nachhaltigen und effizienten öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn, und der Verkehr so reduziert werden kann. Seiner Meinung nach sind Tempolimits auf ausgewählten Strassen eine weitere sinnvolle Massnahme, um für mehr Sicherheit und weniger Lärm- und Schadstoffemissionen zu sorgen: «Es gibt bereits Kantonsstrassen mit Tempo 30, und zwar explizit aus Sicherheitsgründen und Gründen der Umweltbelastung.» Pauschal auf allen Kantonsstrassen auf Tempo 50 oder 30 zu setzen, hält Kohler nicht für zielführend. Der individuelle Fahrstil könne aber einiges bewirken: «Ein niedrigeres Tempo bedeutet auch einen niedrigeren Verbrauch und damit auch eine niedrigere Umweltbelastung.»
Tempo 30 kann auch mehr Lärm verursachen
Laut Rolf Martin Bergmaier, Dozent an der ZHAW im Bereich Verkehrsplanung und Betrieb Schiene und Strasse, lassen sich der Verkehr und dessen Effizienz mit dem Blutkreislauf im menschlichen Körper vergleichen: «Situativ und zeitlich angepasste Temporeduktionen, zum Beispiel in der Nacht, sind sinnvoller als generelle Vorgaben.» Ein generelles Tempo 30 innerorts senke zudem die Attraktivität, Wirtschaftlichkeit und Kapazität von Tram und Bus. In Wohnzonen sei Tempo 20 oder 30 «wegen querendem Verkehr sinnvoll», auf Hauptachsen könne ein maximales Tempo von 50 km/h im Mischverkehr sinnvoller sein, um Schleichverkehr und Verkehrsbehinderungen wie Staus oder Umwegverkehr durch Wohnquartiere zu vermeiden. In Sachen Lärm- und Schadstoffemissionen könne man nicht pauschal sagen, dass Tempo 30 beides verringere, erklärt Bergmaier: «Insbesondere Verbrennungsmotoren können niedertourig, wenn bergauf fahrend, bei Tempo 30 km/h lauter sein als bei Tempo 50. Der Schadstoffausstoss kann dort ebenfalls grösser sein.»
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