Gleich fünf SVP-Politiker sollen heute ihre Immunität verlieren

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SVP-Tribunal?Gleich fünf SVP-Politiker sollen heute ihre Immunität verlieren

Am Montag müssen gleich vier Nationalräte und ein Ständerat der SVP vor der Immunitätskommission antraben. Es geht um Marco Chiesa, Peter Keller, Thomas Aeschi, Michael Graber und Andreas Glarner. Die wichtigsten Antworten.

Gleich fünf SVP-Politiker müssen am Montag um ihre Immunität zittern:
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi und Nationalrat Michael Graber wegen eines Handgemenges mit Polizisten diesen Sommer im Bundeshaus.
Nationalrat Andreas Glarner wegen eines islamkritischen Tweets.
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Gleich fünf SVP-Politiker müssen am Montag um ihre Immunität zittern:

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Am Montag müssen fünf SVP-Politiker vor der Immunitätskommission erscheinen.

  • Es geht um Vorwürfe gegen Marco Chiesa, Peter Keller, Thomas Aeschi, Michael Graber und Andreas Glarner.

  • Die Vorwürfe reichen von einem Handgemenge mit Polizisten bis zu vermeintlich rassistischen Äusserungen.

  • Die Kommission entscheidet, ob die Immunität aufgehoben wird, was Ermittlungen ermöglichen würde.

Dass die Immunität von gleich fünf Politikern auf dem Spiel steht, gab es so noch nicht. Dass gleich alle aus der SVP stammen, ebenso wenig. Denn normalerweise tagt die Kommission ein- bis zweimal pro Jahr und meist nur wegen jeweils eines Falls.

Und doch kommt es nun am Montag ab 13 Uhr im Bundeshaus zum grossen Showdown. Wir sagen dir, was du wissen musst.

Warum geniessen Politikerinnen und Politiker überhaupt Immunität?

Wer im National-, Stände- oder Bundesrat sitzt, geniesst eine gewisse Immunität gegenüber der Strafverfolgung. Allerdings nur für Handlungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Amt stehen. Die Immunität soll die Politikerinnen und Politiker vor willkürlichen oder gar politisch motivierten Strafanzeigen schützen. Nicht immun sind Politikerinnen und Politiker, wenn ihre Taten nichts mit dem Amt zu tun haben – also etwa, wenn jemand betrunken Auto fährt.

Geht eine Anzeige gegen eine Politikerin oder einen Politiker ein, muss die sogenannte Immunitätskommission entscheiden, ob die Staatsanwaltschaft ermitteln darf.

Wer muss am Montag bei der Immunitätskommission antraben?

Peter Keller, Marco Chiesa, Thomas Aeschi, Michael Graber und Andreas Glarner – alle sind Mitglied der SVP.

Was wird ihnen vorgeworfen?

Thomas Aeschi und Michael Graber – ein Handgemenge

Peter Keller, Marco Chiesa – eine Inserate-Kampagne

Andreas Glarner – ein Tweet

Wie läuft der Nachmittag ab?

Los geht es um 13 Uhr. Zuerst müssen Peter Keller und Marco Chiesa antraben, danach die anderen drei. Die Kommission will noch am späteren Nachmittag ihre Entscheide kommunizieren, voraussichtlich in Form einer Medienmitteilung, sagt ihr Präsident Pierre-André Page zu 20 Minuten.

Wer urteilt über die Immunität?

Die nationalrätliche Immunitätskommission besteht aus neun Mitgliedern. Zusammengesetzt sind sie nach den Parteistärken im Rat. Weil die SVP im Nationalrat stark ist, besetzt sie vier der neun Sitze, auch den Präsidenten stellt sie derzeit. Weitere prominente Mitglieder sind Mattea Meyer, Co-Präsidentin SP, Gerhard Pfister, Präsident die Mitte und Aline Trede, Fraktionschefin der Grünen.

Wie stehst du zur Immunität von Politikern?

Auch der Ständerat hat ein Gremium, das sich mit Immunitätsfällen befasst. Dort ist es aber keine eigene Kommission, sondern die Fälle werden in der Rechtskommission behandelt.

Wie wahrscheinlich ist eine Aufhebung der Immunität?

In der Mehrzahl der Fälle wird die Immunität nicht aufgehoben, das zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Besonders wenn öffentliche Äusserungen angeklagt werden sollen, wie bei Keller, Chiesa und Glarner. Die Meinungsfreiheit von Politikerinnen und Politikern wird in der Regel sehr hoch gehalten.

Heikel ist der jetzt diskutierte Fall für Peter Keller. Denn dieser ist unterdessen nicht mehr Nationalrat, aber immer noch stellvertretender Generalsekretär – und die Kampagne der «Neuen Normalität» läuft weiter. Bei Anzeigen, die nach seinem Rücktritt aus dem Rat eingehen, schützt ihn die Immunität nicht mehr.

Einen Fall wie bei Thomas Aeschi und Michael Graber, wo es um Widerstand gegen Bundespolizisten geht, gab es noch nicht. Dementsprechend schwierig ist eine Prognose.

Was passiert bei Aufhebung oder Nicht-Aufhebung?

Sollte die Immunität aufgehoben werden, dürfen die Strafverfolgerinnen und -verfolger ihre Ermittlungen fortführen. Ein Entscheid der Kommission ist keine Vorverurteilung im folgenden Strafverfahren. Bei einem Nein zur Aufhebung endet die Strafuntersuchung.

Was muss erfüllt sein, damit die Immunität aufgehoben wird?

Die Kommission stellt sich die Frage, ob ein Straftatbestand vorliegen könnte. Wenn ja, wägt sie «zwischen dem öffentlichen Interesse an der ungehinderten Ausübung des parlamentarischen Mandats und dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung ab. Überwiegt das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung, heben die Kommissionen die Immunität auf», schreiben die Parlamentsdienste auf ihrer Homepage.

Die Immunität wird zudem nur dann aufgehoben, wenn sich sowohl die nationalrätliche als auch die ständerätliche Kommission einig sind. Sagt beispielsweise die erste Kammer Nein zur Aufhebung, die zweite aber Ja, muss sich die erste noch einmal mit dem Fall befassen. Bleibt sie beim Nein, wird die Immunität nicht aufgehoben und der Fall ist erledigt.

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