TabubruchFünf alt Bundesräte mischen sich in AHV-Streit ein
Eine Mehrheit wünscht sich derzeit eine 13. AHV-Rente. Um das zu verhindern, wenden sich nun die alt Bundesräte Adolf Ogi, Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann per Brief «in ernster Besorgnis» an alle Schweizer Senioren.
Darum gehts
In einer aussergewöhnlichen Aktion wenden sich die alt Bundesräte Ogi, Leuthard und Schneider-Ammann an alle Rentnerinnen und Rentner.
Die bürgerlichen Ex-Magistraten warnen eindringlich vor einem Ja zur 13. AHV-Rente und prophezeien eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um ein Prozent.
Bei den Gewerkschaften kommt die Aktion gar nicht gut an.
In etwas mehr als drei Wochen entscheidet die Stimmbevölkerung, ob sie sich eine 13. AHV-Rente gönnen will. Gemäss Umfragen spricht sich eine klare Mehrheit für die Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes aus – auch die Rentnerinnen und Rentner.
Sie erhalten diese Woche nun per Post eine eindringliche persönliche Warnung davor, am 3. März mit Ja zu stimmen. Das Brisante an der Abstimmungs-Aktion des Nein-Lagers: Der Brief, der 20 Minuten vorliegt, kommt von niemand Geringerem als den alt Bundesräten Adolf Ogi (81, SVP), Doris Leuthard (60, Mitte, vormals CVP) und Johann Schneider-Ammann (71, FDP).
Alt-Bundesräte «mit ernster Besorgnis» um die AHV
Das bürgerliche Trio wendet sich «mit ernster Besorgnis» an alle Deutschschweizer Seniorinnen und Senioren. Denn die finanzielle Zukunft der AHV sei «stark bedroht», erklären die früheren Magistratspersonen. «Was verlockend klingt, ist brandgefährlich», warnen sie. Denn die Initianten würden die Kosten der 13. Rente verharmlosen. Diese betrügen rund fünf Milliarden Franken pro Jahr.

Doris Leuthard und ihre Mitstreiter warnen vor einer deutlichen Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Oskar MoyanoSchon per 2026 müsste die Mehrwertsteuer um ein ganzes Prozent erhöht werden, was das Leben für alle verteuere, argumentieren Leuthard und ihre Mitstreiter. Ausserdem würden die Mehrausgaben die AHV-Sanierung durch die Angleichung des Frauen-Rentenalters «schlagartig wieder zunichtemachen».
Hinter der Kampagne steht die Allianz gegen die 13. AHV-Rente, welcher die bürgerlichen Parteien und Verbände wie Economiesuisse angehören. Insgesamt verfügt das Nein-Lager mit fast vier Millionen Franken über ein doppelt so grosses Kampagnen-Budget wie die Befürworter.

Bundesrat Albert Rösti und alt Bundesrat Adolf Ogi (r.) mit Ehefrauen in Kandersteg: Für gewöhnlich hält sich der 81-Jährige aus der Alltags-Politik zurück, nun macht er eine Ausnahme.
Tamedia AGSVP-Sprecherin Andrea Sommer sagt stellvertretend für die Allianz: «Die alt Bundesräte Ogi, Schneider-Ammann, Leuthard, Deiss und Couchepin engagieren sich gegen die unsoziale und extrem teure 13. AHV-Rente, weil diese Initiative unser wichtigstes Sozialwerk gefährdet.»
Der Brief, in dem die Rentnerinnen und Rentner namentlich angesprochen werden, soll in diesen Tagen gleichzeitig mit den Abstimmungsunterlagen im Briefkasten sein. «Die Adressen stammen aus der Datenbank einer Vermarktungsfirma», so Sommer. Insgesamt würde man so «mehrere Hunderttausend» Menschen im Rentenalter erreichen. Das dürften rund 700’000 Personen sein.
In der Westschweiz erscheine der Brief aus logistischen und zeitlichen Gründen als Inserat in regionalen Zeitungen. Zu den Kosten der Aktion macht Sommer keine Angaben.
Gewerkschaft giftet wegen hoher Bundesratsrenten
Gar nicht gut kommt der Brief beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund an. Chefökonom Daniel Lampart sagt zu 20 Minuten: «Die alt Bundesräte erwähnen in ihrem Brief mit keinem Wort, dass sich die finanzielle Situation der Pensionierten verschlechtert hat.» Sie würden auch keinen Vorschlag machen, wie man dieses Problem lösen könne.
Findest du es gut, wenn sich alt Bundesräte in den Abstimmungskampf einschalten?
«Stattdessen versuchen sie, der Bevölkerung Angst zu machen», so Lampart. Dabei hätten die Teuerung und der Prämienschock eine Monatsrente weggefressen. «Mit ihren über 20'000 Franken Bundesratsrente pro Monat haben sie wohl vergessen, wie es ist, mit 2000 Franken über die Runden zu kommen», wettert der SGB-Mann.
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