Dengue-Fieber: Europa kann impfen – Schweiz nicht

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Tigermücke in EuropaDengue-Fieber breitet sich aus – Europa kann impfen, die Schweiz nicht

Europa hat einen Impfstoff gegen Dengue-Fieber zugelassen. Die Schweiz hinkt hinterher. Das stösst bei Fachpersonen auf Unverständnis.

Erst kürzlich kam es zu einem lokalen Ausbruch am Gardasee in Italien. 
Rund 138 Dengue-Fälle hat die Schweiz bis im September 2023 verzeichnet – das sind 30 mehr als im Vorjahr.
In der Schweiz ist insbesondere der Kanton Tessin betroffen, wo die Tigermücke sich über den ganzen Kanton ausgebreitet hat: «Die Tigermücke wird sich in der Schweiz, nördlich der Alpen, nach und nach weiter ausbreiten», sagt Peter Lüthy, ehemaliger Mikrobiologe an der ETH und Experte für Stechmücken. 
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Erst kürzlich kam es zu einem lokalen Ausbruch am Gardasee in Italien. 

Projekt Tiger

Darum gehts:

  • Dengue-Fieber breitet sich in Europa aus – davor warnte die WHO im Juli dieses Jahres.

  • Erst kürzlich kam es zu einem lokalen Ausbruch am Gardasee in Italien. 

  • In Europa ist seit 2022 ein Impfstoff zugelassen, in der Schweiz hingegen nicht.

  • Für einen Schweizer Gesundheitspolitiker unverständlich. Er spricht von unnötiger Bürokratie.

Rund 138 Dengue-Fälle hat die Schweiz bis im September 2023 verzeichnet – das sind 30 mehr als im Vorjahr. Das BAG führt die erhöhte Fallzahl auf die Normalisierung des Einreiseverkehrs nach der Pandemie zurück. Trotzdem warnte die WHO dieses Jahr, dass sich das Dengue-Fieber in Europa ausbreitet. Besorgniserregend: Kürzlich kam es am Gardasee in Italien zu einer Häufung von lokalen Ausbrüchen. In der Schweiz sind bisher keine solchen Fälle bekannt.

Doch Jan Fehr, Arzt und Leiter Zentrum für Reisemedizin an der Universität Zürich, sagt: «In Zusammenhang mit dem sich verändernden Klima und den für die Tigermücken günstigen Lebensbedingungen sowie den vielen Reisenden, welche aus Dengue-Gebieten zurückkommen, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis wir die ersten lokalen Ansteckungen in der Schweiz sehen.» 

Dengue sei weltweit klar auf dem Vormarsch: «Man könnte dies auch als stille Pandemie bezeichnen, welche zu einer globalen Herausforderung wird», so Fehr. Leidtragende seien zur Zeit vor allem Menschen in den Tropen und Subtropen. 

So schützt du dich

Dengue kann tödlich enden

In der Schweiz ist insbesondere der Kanton Tessin betroffen, wo die Tigermücke sich über den ganzen Kanton ausgebreitet hat: «Die Tigermücke wird sich in der Schweiz, nördlich der Alpen, nach und nach weiter ausbreiten», sagt Peter Lüthy, ehemaliger Mikrobiologe an der ETH und Experte für Stechmücken. 

Dengue müsse man sehr ernst nehmen. Eine Infektion könne schlimmstenfalls zu inneren Blutungen führen, die bei etwa zehn Prozent  tödlich enden. Der einzige Schutz sei aktuell, die Anzahl der Tigermücken möglichst gering zu halten. «Die zuständigen Behörden tun ihr Bestes. Sie sind aber auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, die beispielsweise unter anderem kein Wasser, auch in kleinsten Gefässen und Behältern, herumstehen lassen soll», so Lüthy.

Schutz könnte auch eine Impfung bieten. Im Gegensatz zu Europa gibt es bei uns aber noch keinen zugelassenen Impfstoff. Laut Swissmedic ist ein Zulassungsgesuch in Prüfung. «Die Herstellerfirmen bestimmen massgeblich den Fahrplan der Zulassung. Sie müssen mit Studien belegen, dass die hohe Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels belegt ist und dass der Nutzen die Risiken übersteigt», sagt Sprecher Alex Josty. Ein solcher Prozess könne mehrere Monate dauern. 

«Die Schweiz sollte vorwärts machen»

Für Severin Lüscher, Hausarzt und Aargauer Grossrat sowie Gesundheitspolitiker, unverständlich: «Die Schweiz sollte vorwärts machen.» Exponierte Schweizerinnen und Schweizer, die in die betroffenen Gebiete reisen, sollte man impfen können. «Dass die europäischen Staaten den Impfstoff zulassen und wir uns mit bürokratischen Hürden herumschlagen, ist unnötig», sagt Lüscher. 

Gemäss Swissmedic spricht die EMA keine Zulassung aus, sondern gibt eine Empfehlung zu Handen der Heilmittelinstitute der einzelnen EU-Länder ab. Diese entscheiden – abhängig von der nationalen Gesundheitslage – über den Einsatz von Arzneimitteln im Land. «Wir wissen heute nicht detailliert, aufgrund welcher Daten und Diskussionen die EMA oder andere Behörden ihre Entscheide fällen», sagt Josty. 

Gäbe die EMA für die Schweiz Empfehlungen ab, wären weder Zulassungsdossier noch die genauen Daten zu den Medikamenten in der Schweiz bekannt. «Diese Daten sind aber notwendig für die effektive und gesetzlich vorgeschriebene Marktüberwachung nach der Zulassung eines Arzneimittels. Für diese Überwachung hat die Swissmedic im Schweizer Raum die Verantwortung. Das übernimmt keine ausländische Behörde.»

Wurdest du schon mal von einer Tigermücke gestochen? 

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