Neue Milch-Alternative: Trinken wir bald Milch aus dem Labor?

Milch aus dem Labor entsteht anhand der Präzisionsfermentation. Schweizer Unternehmen sind bereits interessiert.

Milch aus dem Labor entsteht anhand der Präzisionsfermentation. Schweizer Unternehmen sind bereits interessiert.

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Neue AlternativeRichtige Kuhmilch ohne Kühe? So funktionierts!

Mittlerweile lassen sich Lebensmittel dank Fermentation im Labor und Gärtank nachbauen. Was für die Labor-Milch spricht und welche Schweizer Unternehmen sie nutzen wollen.

Bereits vergangenes Jahr sprachen wir im Interview mit Food-Expertin Hanni Rützler über die Präzisionsfermentation: Hierbei können anhand von Hightech spezifische Hefen und Nährstoffe nachgebaut werden und dadurch Milch- und Käseersatz mit nachgebautem Kasein-Protein entstehen. Man spricht in diesem Fall umgangssprachlich von Milch und Milchprodukten aus dem Labor.

Was genau ist Labor-Milch?

Mithilfe der DNA von Kühen können Organismen wie Pilze die benötigten Proteine herstellen. In die sogenannte Mikroflora wird das genetische Material von Kühen eingeführt, wodurch die Pilze Milchproteine produzieren können – identisch zu denen der Kühe. Die Mikroflora ernährt sich pflanzenbasiert. Am Ende kommt somit zwar Milch heraus, die auch auf der DNA von Kühen basiert und dieselben Proteine enthält, jedoch ohne dass eine Kuh dafür gemolken wurde. Denn die Labor-Milch entsteht komplett in Gärtanks.

«Präzisionsfermentation ist eine Meilenstein-Technologie. Naturidentische Milchprodukte können in der Antarktis genauso hergestellt werden wie auf einer Raumstation», so Dr. Grzegorz Kubik vom Fraunhofer Institut IGB in Stuttgart gegenüber dem SWR.

Labor-Milch: Milch, die auf der DNA von Kühen basiert, jedoch im Gärtank entsteht.

Labor-Milch: Milch, die auf der DNA von Kühen basiert, jedoch im Gärtank entsteht. 

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Was spricht für Milch aus dem Labor?

Der Trend zur veganen Ernährung wächst, doch nicht nur Vegetarierinnen und Vegetarier oder sich vegan Ernährende dürften sich über das Forschungsergebnis freuen. Denn nebst der Tierhaltung ist auch das Thema Klimaschutz für viele wichtig bei der Kaufentscheidung. Die Labor-Milch schneidet hier gut ab: Die Herstellung wäre laut dem Unternehmen Perfect Day, das an der Entwicklung der neuen Milch mitarbeitet, mit «97 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen, 99 Prozent weniger Trinkwasserverbrauch und 60 Prozent weniger Energieverbrauch im Vergleich zu traditioneller Milch» deutlich umwelt- und klimafreundlicher.

Kühe haben keinen guten Ruf, wenns ums Klima geht. Labor-Milch wäre weitaus klimafreundlicher.

Kühe haben keinen guten Ruf, wenns ums Klima geht. Labor-Milch wäre weitaus klimafreundlicher. 

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Würdest du Milch aus dem Labor trinken?

Welche Schweizer Unternehmen setzen auf Labor-Milch?

Der internationale Konzern Unilever unterstützt das Vorhaben, den Milchersatz schnell auf den Markt zu bringen, bereits. Wenn die Milch aus dem Labor marktreif ist, soll sie etwa für die Herstellung der beliebten Ben-&-Jerry’s-Eiscreme genutzt werden. Laut Andy Sztehlo, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Unilever für Speiseeis, könnte ein solches Produkt in etwa einem Jahr erhältlich sein. Wie sieht es mit anderen Unternehmen in der Schweiz aus? «Die Entwicklung naturnaher, bio-fermentierter Methoden zur Herstellung von Molkenprotein beobachten wir mit Interesse», sagt Simone Burgener, Spokesperson und Communication Manager bei der Emmi Management AG.

Aktuell gebe es aber noch viele Fragezeichen bei der Herstellung rund um bio-fermentiertes Milchprotein – nicht zuletzt, was die Zulassung und die Konsumentenakzeptanz betreffe. «Wir sehen hier Parallelen zum frühen Hype um pflanzliche Fleisch- und Milchersatzprodukte mit den bekannten Szenarien und Problemen», so Burgener.

Weiterhin auch herkömmliche Milch

Emmi betont, bereits über 20 Jahre Erfahrung in der Herstellung von pflanzenbasierten Milchalternativen zu haben. «Für uns ist der Bereich eine strategische Nische, in der wir seit ein paar Jahren auch mit unseren veganen Marken, wie etwa Beleaf in der Schweiz, erfolgreich am Markt sind.» Dennoch setze man nach wie vor auch auf herkömmliche Kuhmilchprodukte.

Bei Emmi beobachtet man Innovationen wie die Labor-Milch gespannt.

Bei Emmi beobachtet man Innovationen wie die Labor-Milch gespannt.

Emmi Management AG

«Milch ist weltweit nach wie vor ein sehr gefragtes Naturprodukt mit einem Wachstum von rund zwei Prozent jährlich in den letzten zehn Jahren», so Burgener. Sie fügt hinzu: «Wegen ihrer Versatilität und ihres Geschmacks sind wir weiterhin vom Potenzial hochwertiger Milchprodukte überzeugt.» Wann und in welcher Form wir die Labor-Milch hierzulande kosten können, steht also noch aus. 

Ob Milch oder Fleisch: Was hältst du von Lebensmitteln aus dem Labor?

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