Graubünden: Skigebiete kämpfen ums Überleben

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GraubündenDorfbewohner retten ihr Skigebiet – aber es ist «Pflästerlipolitik»

Mehr als 40 Prozent der früheren Schweizer Skigebiete gibt es nicht mehr, Tendenz steigend. Manche Orte wie Tschiertschen wenden die Schliessung zwar ab – aber nur vorerst.

Tschiertschen: Ein malerisches Bergdorf in Graubünden, ...
... dessen Skigebiet aber immer wieder ums Überleben kämpft, ...
... denn es ist kaum rentabel.
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Tschiertschen: Ein malerisches Bergdorf in Graubünden, ...

Marketing Tschiertschen

Darum gehts 

  • Kleine Schweizer Skigebiete kämpfen ums Überleben.

  • So auch die zwei Bündner Orte Tschiertschen und Hochwang.

  • Oftmals ist der Betrieb nur durch Spenden und Darlehen weiter möglich.

Die Schweizer Skigebiete stecken in der Krise: Schneemangel als Folge zu hoher Temperaturen, steigende Energiepreise, ausbleibende Gäste. All das spürt man deutlich. Laut Informationen des Nachrichtenmagazins «Spiegel» gibt es bereits mehr als 42 Prozent der 545 dokumentierten Schweizer Skigebiete nicht mehr. Damit es nicht noch mehr werden, sammelt man im Kanton Graubünden regelmässig Geld, so zum Beispiel erst kürzlich im Skigebiet des kleinen Orts Tschiertschen. 

Für die Rettung des örtlichen Skigebiets Tschiertschen-Praden waren  600'000 Franken an Zuwendungen nötig, ansonsten wäre das Skigebiet Geschichte gewesen. Zusammen kamen 1,2 Millionen Franken – in Form von Aktien, die man kaufen konnte.

Damit konnten die Bewohner des Dorfs und andere Sympathisanten das Skigebiet, das ihnen so sehr am Herzen liegt, retten. Zuvor wurde dafür ordentlich die Werbetrommel gerührt. So hatte beispielsweise Hans-Peter Walser, ein Bewohner des Bündner Orts, in einem dramatischen Aufruf an die Menschen im Dorf in Form von Flugblättern appelliert: «Tschiertschen-Praden würde nach über 70 Betriebsjahren von der Landkarte der Wintersportorte verschwinden. Zu diesem Szenario gibt es keinen Plan B.»

Zu wenig Schnee, zu wenig Gäste

Aber wie konnte es überhaupt zu diesem wirtschaftlichen Engpass kommen? Eine einfache Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben offenbart: Das Skigebiet ist einfach nicht rentabel. Denn ein Betriebstag kostet mit allem Drum und Dran circa 13'000 Franken – die werden aber über Tickets nicht wieder reingeholt. Vor allem dann, wenn der Schnee fehlt und nicht alle Pisten geöffnet sind.  Daher ist Tschiertschen auf Darlehen angewiesen, und eben auf engagierte Menschen, die die Aktien zeichnen. Diese Art des Haushaltens wird dort selbst als «Pflästerlipolitik» bezeichnet. Für die nächsten zehn Jahre ist man aber zuversichtlich. 

Wo gehst du am liebsten Skifahren?

Tschiertschen ist aber kein Einzelfall. Ganz in der Nähe, am gegenüberliegenden Hang in Hochwang, ist das Skigebiet in dieser Saison trotz guter Schneelage geschlossen. Nur die Hochwanghütte hat geöffnet: Für Skitourengeher und Schneeschuhwanderer. Auch hier fehlt es an Geld, auch hier ist man auf Zuwendungen angewiesen. Bis Ende April müssten 600'000 Franken zusammenkommen, Ende Januar fehlten noch etwa 200'000 Franken. Käme das Geld zusammen, könnte man am 21.12.2024 wieder starten, fünf weitere Jahre wären damit gesichert. Die Menschen dort fürchten trotzdem, dass sich ein Investor aus dem Ausland das Skigebiet unter den Nagel reissen könnte.

Es trifft vor allem kleinere Skigebiete

Tschiertschen und Hochwang gehören beide zu den kleineren Skigebieten, die teils auch schon etwas in die Jahre gekommen sind. Für die Menschen aus den Orten sind sie aber Teil des sozialen Miteinanders: Man trifft sich auf der Piste, hält einen Schwatz. Um dorthin zu kommen, braucht es nur ein paar Schritte aus der eigenen Haustür. Viele von ihnen sind mehrfach die Woche auf der Piste, die Kinder stehen schon von klein an auf den Brettern. 

Aber auch Gäste von ausserhalb schätzen die Atmosphäre im schönsten Dorf von Graubünden, zu dem Tschiertschen im Jahr 2020 gekürt worden ist. Das familiäre Ambiente und dass dort weniger los ist auf den Pisten, ist für viele Gold wert. Auch deswegen haben sich viele Ferienhausbesitzer des Orts an der Spendenaktion beteiligt. Während die Zukunft der beiden Gebiete vorerst also relativ sicher erscheint, braucht es dort wohl langfristig andere Lösungen, um sie weiterhin am Leben zu halten. 

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