Umfrage zeigtGrosser Frust über Schweizer Politik – «muss zu denken geben»
Populismus, Polarisierung und Zersplitterung: Diese drei Dinge nerven laut einer aktuellen Umfrage am Schweizer Politsystem am meisten. Sie führen dazu, dass fast die Hälfte der Bevölkerung unzufrieden mit der Politik ist.
Darum gehts
Die Unzufriedenheit mit der Schweizer Politik ist gross.
Das ergab eine Umfrage mit über 6000 Teilnehmenden.
Fast die Hälfte glaubt nicht, dass die Politik die grossen Probleme wirklich lösen kann.
Die Politik sei zunehmend in der Hand von Reichen, Lobbys und der Wirtschaft, glauben 60 Prozent.
Die Möglichkeit, sich per Volksabstimmung zu äussern, wird aber sehr geschätzt.
Wie steht es um die Schweizer Demokratie? Antworten auf diese Frage liefert eine neue Umfrage der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft, die heute erschienen ist. Anlass für den neuen «Demokratiemonitor» ist das 175-Jahr-Jubiläum der Schweizer Verfassung.
Grosser Pessimismus
Die guten Nachrichten vorweg: 91 Prozent der Bevölkerung geben an, ziemlich oder sehr an Politik interessiert zu sein. Allerdings ist knapp die Hälfte der Befragten unzufrieden mit der Politik. Die Leute seien sogar «überraschend pessimistisch», sagt Che Wagner, Programmleiter bei «Pro Futuris» und Auftraggeber der Studie.
«Die Menschen glauben nicht mehr, dass die Politik die grossen Probleme wirklich lösen kann», sagt Wagner weiter. Fast die Hälfte der Befragten sind dieser Meinung. Zu den grossen Problemen gehören das Gesundheitswesen, die Altersrenten, der Klimawandel, aber auch die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich. Letztere wird nicht nur von Linken, sondern weit ins bürgerliche Lager hinein als grosses Problem wahrgenommen.
«Das muss zu denken geben!», sagt Che Wagner. Er findet, man müsse das politische System an sich überdenken, um die Zufriedenheit wieder zu erhöhen. Eine Möglichkeit sieht er in neuen Formen der politischen Teilnahme wie beispielsweise Bürgerräte.
Reiche und Lobbys haben Politik in der Hand
Besonders angeprangert wird von den Umfrageteilnehmenden der Populismus. In der Wahrnehmung von 75 Prozent der Befragten erhalten laute, besonders provozierende Politikerinnen und Politiker zu oft eine Stimme. Dies gehe zulasten derjenigen Politikerinnen und Politikern, die tatsächlich gute Ideen hätten.
Glaubst du, dass die Politik die grossen Probleme lösen kann?
Grosse Sorge bereitet den Befragten auch, dass die Bevölkerung in immer kleinere Gruppen zerfällt, die sich immer unversöhnlicher gegenüberstehen. Gemeint ist damit beispielsweise die Polarisierung wegen der Covid-Massnahmen.
Knapp 60 Prozent der Teilnehmenden sind zudem der Meinung, dass die Politik in der Hand von Lobbyisten, Reichen und der Wirtschaft sei – die Umfrage wurde vor der CS-Rettung durch den Staat durchgeführt.
Gute Möglichkeiten mitzubestimmen
Allem Pessimismus zum Trotz werden die politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten durchs Band gelobt. «Insbesondere die Möglichkeit, Volksinitiativen zu starten, das Referendum zu ergreifen sowie an Wahlen teilnehmen zu können, wird von allen Bevölkerungsgruppen sehr geschätzt», schreiben die Studienautoren.
Und für Che Wagner überraschend ist, dass es eine relativ grosse Offenheit für das Ausländerstimmrecht gibt. 38 Prozent finden, die ausländische Wohnbevölkerung in der Schweiz habe derzeit zu schlechte Möglichkeiten, sich politisch Gehör zu verschaffen.
Verfasst hat die Studie das Institut gfs Bern im Auftrag des Thinktanks «Pro Futuris» der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft.
Für die Studie wurden im Februar und März 2023 insgesamt 6238 Menschen in der Schweiz ab 14 Jahren befragt. Es wurden Schweizerinnen und Schweizer, aber auch in der Schweiz geborene Menschen ohne Schweizer Pass befragt.
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