«Ungenügend»SVP und Gewerkschaften schiessen scharf gegen EU-Deal des Bundesrats
Kaum hat der Bundesrat die Ergebnisse der Verhandlungen präsentiert, hagelt es Kritik von links bis rechts. Die Gewerkschaften sind skeptisch, die SVP macht auf Frontalopposition.
Darum gehts
Der Bundesrat hat am Freitag die Ergebnisse der Verhandlungen mit der EU präsentiert.
Die SVP wehrt sich mit Händen und Füssen gegen das neue Abkommen und sieht die Schweizer Unabhängigkeit in Gefahr.
Freundlicher tönt es seitens der Wirtschaft und der Parteien in der politischen Mitte.
Nach monatelangem Hin und Her steht das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU fest. Die Bundesräte Ignazio Cassis, Guy Parmelin und Beat Jans präsentierten dieses am Freitag vor den Medien.
Ihre Botschaft: Die Schweiz habe ihre wichtigsten Interessen eingebracht und erfolgreich verhandelt. Konkret muss Bern künftig höhere Kohäsionsbeiträge zahlen, es wurde eine Schutzklausel verhandelt und die verschiedenen Abkommen werden in separaten Botschaften behandelt.

Anti-EU-Aktion der SVP auf dem Bundesplatz, bevor der Bundesrat das Ende der Verhandlungen verkündete.
20min/Stefan LanzDie Kritik am Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten. Die SVP «beerdigte» bereits am Morgen die Schweizer Freiheit mit einer symbolischen Aktion. Sie warnt wie erwartet vor «fremden Richtern» und will das Abkommen mit aller Kraft bekämpfen.
Gewerkschaft Unia bekämpft Schutzklausel «vehement»
Widerstand zu erwarten ist aber auch von linker Seite. Die Gewerkschaft Unia schreibt: «Das heute vom Bundesrat kommunizierte Verhandlungsergebnis lässt viele Fragen offen. Die bisher bezüglich Lohnschutz bekannten Elemente genügen nicht.»
Es brauche Klarheit und materielle Zusagen bei Spesenregelungen. Die «Verwässerung der Personenfreizügigkeit» mit Schutzklauseln und die «Diskriminierung von Arbeitnehmenden auf Grund ihrer Herkunft» bekämpfe die Unia.

Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard kritisiert das Abkommen mit der EU scharf.
20min/Matthias SpicherDer Gewerkschaftsbund seinerseits bezeichnet die Resultate als «ungenügend» und will das weitere Vorgehen Ende Januar festlegen.
Für die Gewerkschafts-Dachorganisation der Arbeitnehmenden Travail.Suisse sei die Schwächung des Lohnschutzes im Abkommen inakzeptabel – sie nehme das neue Abkommen zur Kenntnis.
Schweizerischer Arbeitgeberverband begrüsst Abschluss der Verhandlungen
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) begrüsst hingegen den Abschluss der Verhandlungen und kündigt an, das Verhandlungsergebnis sowie dessen innenpolitische Umsetzung, sobald beides vorliegt, eingehend zu prüfen.
Interessierst du dich für die Beziehungen zwischen Bern und Brüssel?
In Bezug auf die Personenfreizügigkeit mit der EU betont der SAV in einer Medienmitteilung, dass der Erhalt des aktuellen Lohnschutzniveaus oberste Priorität hat. Gleichzeitig sei es jedoch essenziell, den liberalen Arbeitsmarkt unter allen Umständen zu bewahren.
Grüne und GLP bejubeln Verhandlungsergebnis
Wie EU-Chefin Ursula von der Leyen sprechen die Grünliberalen von einem «historischen Tag». Sie sprechen von einer «Chance, den bilateralen Weg aus der Sackgasse zu führen». Die «massgeschneiderte Paketlösung» biete unserer Bevölkerung freien Zugang zu den europäischen Bildungs- und Forschungsprojekten.

Die GLP um Parteipräsident Jürg Grossen spricht von einem historischen Tag und unterstützt das Abkommen.
20min/Matthias SpicherIn Feierlaune zeigt sich mit den Grünen eine weitere Partei, die selbst nicht im Bundesrat vertreten ist. Das Abkommen sei «ein Garant für stabile und gute Beziehungen, von welchen sowohl die Schweiz als auch die EU profitieren». Hartnäckig müsse der Bundesrat aber beim Lohnschutz bleiben.
FDP findet Resultate «deutlich besser»
«Wir jubeln die Verträge weder hoch, noch verdammen wir sie», heisst es von Seiten der FDP. Das Resultat der Verhandlungen sei «deutlich besser» als bei früheren Versuchen. Der damalige Abbruch der Verhandlungen sei demnach richtig gewesen.
Wie jeder Vertrag enthalte auch die neuen Bilateralen Vor- und Nachteile, so die FDP. Erst nach einer sorgfältigen Prüfung werde die Partei ihr endgültige Wertung bekannt geben.
Volk soll das letzte Wort haben
Für die Mitte-Partei seien die Verhandlungsergebnis ein klaren Fortschritt. Trotzdem müsse «die Bevölkerung die Möglichkeit haben, einzeln über diese Beschlüsse abstimmen zu können», meint Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter.
Die SP fordert hingegen Unternehmer- und Arbeitgeberverbände auf, ihre «Blockadehaltung» aufzugeben. «Ihre Verweigerung, mit den Gewerkschaften an einer tragbaren Lösung zu arbeiten, ist das grösste Hindernis für ein breit unterstütztes Gesamtpaket», kritisiert SP-Nationalrat Eric Nussbaumer.
Economiesuisse feiert «wichtiges Etappenziel»
Der Abschluss der Verhandlungen sei ein wichtiges Etappenziel, schreibt auch der Verband der Schweizer Unternehmen economiesuisse. Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung betont: «Geregelte Beziehungen und Rechtssicherheit im Verhältnis mit der EU als wichtigste Handelspartnerin der Schweiz sind für den Schweizer Wirtschaftsstandort von essenzieller Bedeutung.»

«Geregelte Beziehungen und Rechtssicherheit im Verhältnis mit der EU sind von essenzieller Bedeutung», meint Monika Rühl, Direktorin economiesuisse.
EconomiesuisseNeben der langfristigen Sicherung des Marktzugangs in wichtigen Bereichen stehen für die Wirtschaft insbesondere die Stärkung der Versorgungssicherheit durch den Abschluss eines Stromabkommens sowie die Teilnahme am europäischen Forschungsprogramm Horizon Europe im Vordergrund.
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