KahlschlagVerspielt die Migros mit McKinsey ihr soziales Image?
Die Migros setzt beim Abbau voll auf die US-Firma, die als knallhart gilt. Fast die Hälfte der Migros-Spitze besteht aus ehemaligen McKinseyanern.
Migros und McKinsey: Darum gehts
Die Migros überträgt der US-Agentur McKinsey immer mehr Aufgaben.
Die Firma gilt als knallharter Jobkiller.
Einige Migros-Manager haben eine Vergangenheit bei der Firma.
Knall bei der Migros: Die erst 2024 gegründete Supermarkt AG entlässt 150 Angestellte. Weitere 100 müssen innerhalb der Migros eine neue Stelle finden.
Die Trennung von Fachmärkten wie Melectronics soll insgesamt 1500 Jobs von rund 100'000 innerhalb der Migros kosten. Die Migros setzt beim Abbau voll auf den berüchtigten Unternehmensberater McKinsey, der laut manchen Experten als Jobkiller gilt.
McKinsey übernimmt mehr Macht
Mit der US-Firma arbeitet die Migros schon lange zusammen. Doch die Agentur übernimmt immer mehr Aufgaben für die Migros. Nun erhielt sie auch das Mandat der strategischen Oberberatung, wie ein Migros-Sprecher gegenüber dem Finanzportal «Inside Paradeplatz» bestätigt. Bisher war dafür die Konkurrenzfirma Bain & Company zuständig.
Das ist McKinsey
McKinsey ist die grösste Beratungsfirma weltweit und beschäftigt Zehntausende Angestellte. Für sie gilt laut Medienberichten das in Beratungsagenturen bekannte Karrieremodell Up or Out: Wenn Mitarbeitende nicht in einem bestimmten Zeitraum die nächste Hierarchiestufe erreichen, müssen sie das Unternehmen verlassen. Die Firma ist zwar kommerziell erfolgreich, aber berüchtigt dafür, den Marktwert von Unternehmen mit Entlassungen zu erhöhen und steht dafür oft in der Kritik. Laut McKinsey-Schweiz-Sprecher Yannick Orto zeigt die Firma ihren Auftraggebern typischerweise unterschiedliche Optionen auf, basierend auf der eigenen Organisationsentwicklungsexpertise. Dadurch könnten sie «ihre Geschäftstätigkeit in einem herausfordernden Marktumfeld nachhaltig zukunftsfähig, effizient und profitabel gestalten». Weiterhin arbeite McKinsey wesentlich an Wachstumsthemen, mit denen die Klientinnen und Klienten eine Million Arbeitsplätze pro Jahr schaffen könne.
Jetzt weht ein harter Wind in der Genossenschaft. Die McKinsey-Berater messen nun die Zeit, die Angestellte der Migros-Zentrale für ihre Tätigkeiten benötigen, heisst es im Bericht unter Bezug auf einen Insider.
Die McKinseyaner der Migros
Für die Migros sei die Situation unschön. Den Abbau mache sie ungern, es sei aber nicht mehr anders gegangen, sagt ein Insider zu 20 Minuten. Bei Restrukturierungen kämen oft Unternehmensberater dazu. Dann solle es wenigstens McKinsey sein, die bei Arbeitnehmenden sowieso einen schlechten Ruf habe.
Dass die Migros sich für die US-Firma entschied, liege wohl auch daran, dass drei von sieben Mitgliedern der Generaldirektion des Migros-Genossenschaftsbundes eine Vergangenheit bei McKinsey haben (siehe Bildstrecke). Bei der Migros heisst es auf Anfrage, dass McKinsey punktuell bei der Gestaltung der neuen Organisationsstruktur helfe.
Laut Detailhandelsexperte Hans-Peter Kruse wird es für die Migros nun schwieriger, gute Arbeitskräfte zu finden, wenn sie kurz nach Gründung der Supermarkt AG bereits wieder einen Abbau plant. «Bei diesem Hin und Her überlegen sich Bewerber zweimal, ob sie sich so etwas antun möchten», so Kruse.
Angestellte und Bewerber sind gewarnt
Auch Angestellte, die schon lange im Unternehmen sind, könnten sich fragen, wann die nächste Umstrukturierung kommt und ihr Arbeitsplatz in Gefahr ist. Für die Migros sei das fatal, denn die Qualität einer Firma hänge in Zukunft noch mehr davon ab, ob und wie sie gute Köpfe anlocken und motivieren kann.
Findest du es richtig, dass die Migros mit McKinsey arbeitet?
Derweil stehen die Urabstimmungen der Migros-Genossenschaften an. Die Genossenschafterinnen und Genossenschafter können die Jahresrechnung 2023 absegnen und damit den Genossenschaftsrat entlasten.
Genossenschafter entscheiden an Urabstimmung
Über den Sparkurs der Migros können sie aber nicht entscheiden. Laut Migros-Sprecher Marcel Schlatter ist eine Urabstimmung nicht für Entscheidungen des operativen Geschäfts vorgesehen, sondern nur bei Änderungen der Statuten wie vor zwei Jahren bei der Frage, ob die Migros Alkohol verkaufen soll.
Einen Denkzettel an die Geschäftsleitung werde es wegen der negativen Nachrichten aber nicht geben, ist Kruse überzeugt. Dafür sei die Beteiligung jeweils viel zu niedrig.
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