KMU stehen wegen Energiekrise vor dem Aus

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7000 Firmen bedroht«Viele gehen stillschweigend zu» – KMU stehen wegen Energiekrise vor dem Aus

Preiserhöhungen, Lohnverzicht, länger arbeiten – Restaurants, Bäckereien, Händler und Coiffeure planen drastische Massnahmen im Kampf gegen die hohen Energiepreise. Doch viele werden wohl bald schliessen.

Bäckereien, Restaurants, Händler, Coiffeure und viele weitere KMU leiden enorm unter den hohen Energiepreisen.
Sie kämpfen laut einer Umfrage des Zahlungsdienstleisters Sumup mit Massnahmen wie Preiserhöhungen oder Lohnverzicht gegen die Geschäftsschliessung.
Doch viele KMU können die Preise nicht so weit erhöhen wie nötig. Ein Brot würde sonst beim Bäcker laut KMU-Verband acht Franken kosten, was aber niemand mehr kaufen würde.
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Bäckereien, Restaurants, Händler, Coiffeure und viele weitere KMU leiden enorm unter den hohen Energiepreisen.

IMAGO/Addictive Stock

Darum gehts

  • Die Energiekrise setzt KMU schwer zu.

  • Für viele geht die Rechnung nicht mehr auf.

  • 7000 Firmen haben keine Absicherung bei den Energiepreisen.

Die Wirtschaft ächzt unter den hohen Energie-, Material- und Transportkosten. KMU reagieren nun mit teils drastischen Massnahmen, um Geschäftsschliessungen zu verhindern.

Der Zahlungsdienstleister Sumup führte eine paneuropäische Umfrage in der der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien durch. Daran nahmen 127 KMU aus der Schweiz teil, darunter hauptsächlich Restaurants, Bäckereien, Händler und Coiffeure. 47 Prozent von ihnen sparen nun beim Strom.

Eine weitere Massnahme:

  • 44 Prozent erhöhen die Preise

Der Einkauf wird also teurer. Doch viele KMU können die Preise nicht so weit erhöhen wie nötig. «Heute müsste das Brot beim Bäcker wegen der Stromkosten für Backöfen und Kühlschränke sieben oder acht Franken kosten, aber das würde niemand mehr kaufen», sagt Roland Rupp, Präsident des KMU-Verbands, zu 20 Minuten.

Würdest du acht Franken fürs Brot bezahlen?

Die weiteren Massnahmen der KMU:

  • 28 Prozent reduzieren ihren Lohn

  • 21 Prozent verringern ihre Marge

  • 19 Prozent arbeiten mehr Stunden pro Woche

Sie arbeiten länger für weniger Geld. Das sei nur möglich, weil sie von den Reserven zehren. «Die meisten schöpfen aus, was noch geht. Ich habe auch schon von vielen gehört, die ihr Geschäft erst in ein paar Jahren aufgeben wollten, aber nun schon schliessen, weil sie nicht noch mehr von ihrem Ersparten investieren wollen», so Rupp.

«Die Politik hat völlig versagt»

Der Lohnverzicht des Chefs oder der Chefin habe auch nur geringe Auswirkungen bei einem KMU mit zehn Angestellten. Die Mitarbeitenden müssten aber keine Angst vor Lohnkürzungen haben. «Wenn eine Verkäuferin mit einem Gehalt von 3500 Franken nun verzichten müsste, würde sie wie in der Corona-Krise einen Job in einer anderen Branche mit besseren Bedingungen suchen», so Rupp.

Deshalb gehe die Rechnung für viele KMU nicht mehr auf. «Viele gehen jetzt stillschweigend zu und es wird noch viele Schliessungen geben», sagt Rupp. Diese Krise sei noch viel existenzieller als die Corona-Krise. «Damals hat uns der Staat noch mit Krediten geholfen, heute unternimmt er nichts. Die Politik hat völlig versagt», so Rupp.

7000 Firmen ohne Absicherung

«Ich teile die Befürchtungen der KMU», sagt Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft. Etwa 20 Prozent der 35’000 Firmen im freien Markt, also rund 7000, hätten keine Absicherung bei den Energiepreisen ab kommendem Januar.

«Das ist eine stattliche Zahl an Firmen, bei denen unklar ist, wie es weitergeht», so Minsch. Manche könnten für eine Zeit lang aufhören zu produzieren und wieder öffnen, sobald die Energiepreise sinken, aber bei einer Bäckerei sei das schwierig. «Leider müssen wir davon ausgehen, dass die eine oder andere Unternehmung mit einem hohen Energiebedarf aufhören muss», so Minsch.

Mehrjährige Energiekrise

Die Energiekrise dürfte die Schweiz noch länger begleiten. «Ich rechne mit einer mehrjährigen Energiekrise», sagte Bundesrat Guy Parmelin in einem Interview im Oktober mit «CH Media». Das Problem: Man habe, so Parmelin, die Risiken definitiv unterschätzt und sich zu sehr darauf verlassen, «im Zweifel zu importieren». Man sei sehr abhängig geworden. «Man hat es verpasst, rasch genug vorwärtszumachen beim Ausbau im Inland.»

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