Immobilienpreise gehen durch die Decke«Viele können sich Wohneigentum nicht mehr leisten»
Der weltweite Immobilienmarkt ist so überhitzt wie seit 15 Jahren nicht mehr. Auch in der Schweiz steigen die Preise. So bleibt der Traum vom eigenen Haus für viele unerfüllt.
Darum gehts
Die globalen Immobilienpreise erreichen einen Höchststand.
Sie sind so hoch wie seit 2006 nicht mehr.
Auch in der Schweiz steigen die Preise für die eigenen vier Wände.
Kommt es nun zur nächsten Immobilienkrise?
Der Immobilienexperte beantwortet die wichtigsten Fragen.
Die Preise für Häuser und Wohnungen gehen derzeit in fast allen Weltregionen durch die Decke. Der Anstieg ist im Jahresvergleich so hoch wie seit 2006 nicht mehr, als kurz darauf die US-Immobilienkrise begann. Den grössten Preisanstieg gibt es in der Türkei mit Plus 32 Prozent.
Doch auch in der Schweiz kosten Haus und Wohnung plötzlich mehr als im letzten Jahr. Vor allem für junge Familien wird der Traum vom Eigenheim deshalb immer schwieriger zu erfüllen. Wer kann sich überhaupt noch eine Immobilie leisten und kommt jetzt die nächste Immobilienkrise? 20 Minuten hat dem Immobilienexperten Stefan Heitmann von Moneypark die wichtigsten Fragen zur Preisexplosion gestellt.
Wie dramatisch ist die Lage im Schweizer Immobilienmarkt?
Stefan Heitmann*: Die Pandemie hat die Nachfrage stark befeuert. Gleichzeitig kommen weniger Immobilien auf den Markt, da vor allem ältere Menschen aktuell nicht verkaufen möchten. Dies erhöht das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage.
Warum ist das Eigenheim nun so beliebt?
Wohneigentum ist zurecht ein Lebenstraum für die allermeisten von uns. Unser Zuhause ist unser Lebensmittelpunkt, vor allem von Familien. Dies hat sich während der Corona-Pandemie nur noch verstärkt.
Wie viel mehr muss ich nun für ein Haus zahlen?
Wir sehen aktuell im Schnitt Preise, die rund 10 bis 15 Prozent über dem Schätzwert liegen, in Einzelfällen aber auch deutlich darüber hinausgehen können.
Wie schlimm wird es noch?
Wir gehen davon aus, dass die Immobilienpreise noch weiter anziehen, dies aber nicht unbegrenzt tun. Denn schon heute sehen wir viele potenzielle Käufer, die sich Wohneigentum nicht mehr leisten können. Der Markt wird sich also automatisch selbst korrigieren, wenn die Nachfrage zurückgeht.
Immobilienpreise
7,3 Prozent mehr bezahlen fürs Haus
Die Immobilienberatungsgesellschaft Knight Frank hat die Preisentwicklung von Häusern und Wohnungen in 56 Ländern zwischen März 2020 und März 2021 untersucht. Im Schnitt stiegen die Preise um 7,3 Prozent. In 13 Ländern war der prozentuale Preisanstieg gar zweistellig. In der Schweiz beträgt die Zuwachsrate 6,5 Prozent. Die Gründe für den Preisanstieg im Immobilienmarkt sind fast überall dieselben: Es wird zu wenig gebaut, während sich immer mehr Menschen gerade nach der Corona-Krise ein Eigenheim wünschen. So übersteigt die Nachfrage das Angebot.
Was sind die Folgen für Normalverdienende?
Leider bekunden viele Neukäufer mittlerweile Mühe, eine Hypothek zu erhalten. Wir appellieren hier auch an die Kreditgeber, mehr innovative Hypothekarmodelle anzubieten, um junge Familien, die Wohneigentum kaufen möchten, zu Eigentum zu verhelfen. Denn Wohneigentum ist finanziell attraktiv – wer ein Eigenheim besitzt, spart bis zu 50 Prozent Wohnkosten gegenüber einem vergleichbaren Mietobjekt.
Sollte ich Angst vor der nächsten Immobilienkrise haben?
Nicht in der Schweiz, weil der Markt im Vergleich zum Ausland viel stärker reguliert ist. Diese Massnahmen greifen korrigierend in den Markt ein. Es bleibt deshalb ein gesunder Markt, in dem es aber leider immer schwieriger wird, Eigentum zu erwerben.
Welche Folgen haben diese Regulierungen?
Wer einen Markt so streng reguliert, zwingt Menschen in die teurere Miete und verhindert Wohneigentum. Aber auch wir alle sind mitverantwortlich. In der Schweiz kaufen wir sehr spät und bleiben danach in dieser Immobilie – wir machen die Schweiz also zu einem «buy and die»-Markt.
Verstärken die tiefen Hypothekarzinsen den Preistreiber-Effekt noch?
Nein, das Problem wurde nicht durch die tiefen Zinsen verursacht, sondern durch das geringe Angebot an Immobilien auf dem Markt. Zudem sind die finanziellen Kriterien, die ein Hypothekarnehmer erfüllen muss, unverändert streng und berücksichtigen nicht die gesunkenen Zinsen am Markt.
*Stefan Heitmann ist Gründer und CEO des Schweizer Hypothekarspezialisten Moneypark. Die TX Group, zu dem auch 20 Minuten gehört, ist an Moneypark beteiligt.
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