Covid-ZertifikatKönnten Schweizer bei einem Nein zum Covid-Gesetz nicht mehr ins Ausland reisen?
Bodigt das Volk das Covid-Zertifikat, sind laut dem Bundesrat auch für Reisen keine Zertifikate mehr möglich. Einen Plan B gebe es nicht. Ein Staatsrechtler und ein Politiker widersprechen.
Darum gehts
Auch für Auslandsreisen könnten keine Covid-Zertifikate mehr ausgestellt werden, lehne das Volk das Covid-19-Gesetz ab, warnt Gesundheitsminister Alain Berset (SP).
«Verfassungsrechtlich wäre es hochproblematisch, wenn die Menschen in der Schweiz im eigenen Land eingeschlossen wären, weil sie im Ausland kein Covid-Zertifikat mehr vorweisen könnten», sagt ein Staatsrechtler.
SVP-Nationalrat Hans-Ulrich Vogt schlägt vor, dass das Parlament ein neues Covid-Gesetz mit einer viel eingeschränkteren Zertifikatspflicht erlässt.
Der Bundesrat warnt: Sagt das Stimmvolk am 28. November Nein zum Covid-19-Gesetz, drohten Auslandsreisen zum Problem zu werden. «Bei einem Nein zum Covid-19-Gesetz könnten in der Schweiz ab Ende März keine einheitlichen und fälschungssicheren Zertifikate mehr ausgestellt werden», so Gesundheitsminister Alain Berset (SP) an einer Medienkonferenz am Montag. Dies gelte auch für Auslandsreisen. Die gegenseitige Anerkennung durch die EU würde wegfallen. «Einen Plan B gibt es nicht.»
Auch das BAG bestätigte gegenüber 20 Minuten unlängst, dass die Bestimmungen dahinfielen, die die Gleichwertigkeit von Zertifikaten der EU/EFTA-Länder anerkennen. «Das dürfte von der EU nicht akzeptiert werden.» Denn das «EU Digital Covid Certificate»-Framework basiere auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Test-, Impf- und Genesungsnachweisen.
«Verfassungsrechtlich hochproblematisch»
Andere Fachpersonen kommen jedoch zum Schluss, dass der Wegfall des Zertifikats den Schweizerinnen und Schweizern den Weg ins Ausland nicht versperrt. «Verfassungsrechtlich wäre es hochproblematisch, wenn die Menschen in der Schweiz im eigenen Land eingeschlossen wären, weil sie im Ausland kein Covid-Zertifikat mehr vorweisen könnten», sagt Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich. «Je nach Umfang der Reisebeschränkungen ist das mindestens eine notstandsähnliche Situation.»
Er erwarte, dass der Bundesrat einen Plan B entwickle, für den Fall eines Neins zum Covid-19-Gesetz, sagt Uhlmann. «Der Erlass von Notrecht durch den Bundesrat ist zu prüfen.»
Auf jeden Fall müssten dem Parlament laut Uhlmann nach einer Ablehnung des Gesetzes sofort die notwendigen Gesetzesbestimmungen vorgelegt werden, damit die mutmasslich unbestrittenen Teile des Gesetzes verabschiedet werden könnten. «Alternativ ist vor der Abstimmung zu klären, ob EU-Staaten Geimpfte oder Getestete Schweizer auch ohne Zertifikat einreisen lassen werden.»
In Bezug auf die Ausübung ungeimpfter Personen auf ihr Recht auf Freizügigkeit hält die EU fest: «Reisen sind auch ohne das digitale COVID-Zertifikat der EU möglich. Nicht geimpfte Personen müssen ihr Recht auf Freizügigkeit weiterhin ausüben können, gegebenenfalls aber mit Einschränkungen wie Testpflicht oder Quarantäne/Selbstisolierung.»
«Neues Gesetz mit viel eingeschränkterer Zertifikatspflicht»
Die SVP unterstützt als einzige Partei das Covid-19-Gesetz nicht. Auch für SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt steht fest, dass ein Nein zum Covid-19-Gesetz Auslandsreisen nicht im Weg stehen würde. Lehnt das Volk eine Vorlage ab, hindere dies das Parlament nicht daran, eine neue Vorlage auszuarbeiten, sagt das Mitglied der Rechtskommission des Nationalrats.
Entscheidend ist laut Vogt, dass die Zertifikatspflicht nicht auf den Alltagsbereich wie Restaurants oder Fitnesszentren angewendet wird. «Rechtlich und politisch würde nichts dagegen sprechen, dass das Parlament ein neues Covid-Gesetz mit einer viel eingeschränkteren Zertifikatspflicht erlässt, die nur für internationale Reisen und Grossanlässe gilt.»
«Wir sind in einer globalen Pandemie»
Solche Optionen kommen für SP-Nationalrätin Tamara Funiciello nicht infrage. «Wir sind in einer globalen Pandemie und brauchen deshalb das Covid-Zertifikat», sagt das Mitglied der Rechtskommission. Lehne das Volk das Gesetz ab, müsse es auch die Konsequenzen tragen.
Ganz planlos zeigten sich auch die Vertreter des Bundes an der Medienkonferenz nicht. Alain Berset sah bei einem Nein zum Gesetz als einzige Möglichkeit, einen neuen Versuch für das Covid-Zertifikat zu starten. «Dies wäre dann aber nicht mehr dringlich.» Auch handle es sich um einen langwierigen politischen Prozess. Auch Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KDK), sagte: «Die Annahme des Referendums würde uns den Teppich unter den Füssen wegziehen.» Die Kantone wären gefordert, diese Vorgehensweisen mit eigenen Gesetzen abzusichern zu versuchen.
Bleibe über Politikthemen informiert
Interessierst du dich auch über Bundesratswahlen und Abstimmungen hinaus für das Politgeschehen im Land? Liest du gerne spannende Interviews, Analysen, aber auch Lustiges zu aktuellen Themen? Abonniere hier den Politik-Push (funktioniert nur in der App)!
So gehts: Installiere die neuste Version der 20-Minuten-App. Tippe unten rechts auf «Cockpit», dann aufs «Einstellungen»-Zahnrad und schliesslich auf «Push-Mitteilungen». Beim Punkt «Themen» tippst du «Politik» an – schon läufts.
My 20 Minuten
Als Mitglied wirst du Teil der 20-Minuten-Community und profitierst täglich von tollen Benefits und exklusiven Wettbewerben!