Wahlen in SachsenBSW wird zum Machtfaktor: Ist eine Koalition mit der AfD denkbar?
Die erst im Januar gegründete Partei BSW feiert bei den Landtagswahlen in beiden Bundesländern grosse Erfolge. Nun stellt die Partei stellt mögliche Regierungskoalitionen in Aussicht.
Darum gehts
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen aus dem Stand zweistellige Ergebnisse erzielt und zieht in beide Parlamente ein.
Die CDU schliesst Koalitionen mit der AfD aus, weshalb eine Zusammenarbeit mit dem BSW in Thüringen und Sachsen möglich ist.
Parteichefin Sahra Wagenknecht hat jedoch hohe Hürden für eine Regierungsbeteiligung gesetzt, darunter die Ablehnung von US-Raketenstationierungen und weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine.
Erst vor rund acht Monaten gegründet, ist für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nach den Landtagswahlen vom Sonntag eine Regierungsbeteiligung in Thüringen und Sachsen zum Greifen nah. Die Linkspartei-Abspaltung zieht den ersten Hochrechnungen zufolge in beide Landesparlamente ein – und das aus dem Stand zweistellig. Für mögliche Regierungskoalitionen hat Parteichefin Sahra Wagenknecht die Hürden jedoch hoch gesetzt.
Wo liegt das BSW bei den zwei Wahlen vom Sonntag?
Im Januar gegründet, bei der Europawahl über fünf Prozent und nun der Einzug in zwei Landtage – «das hat es in der bundesdeutschen Geschichte überhaupt noch nie gegeben», zeigte sich Wagenknecht bereits am Sonntagabend stolz. Den ersten Hochrechnungen zufolge schafft es die Partei in beiden Bundesländern auf den dritten Platz – in Sachsen lag sie bei bis zu zwölf Prozent, in Thüringen könnten es sogar mehr als 15 Prozent sein.
Die CDU – in Sachsen knapp vor oder Kopf an Kopf mit der AfD, in Thüringen auf dem zweiten Platz hinter der AfD – schloss Bündnisse mit deren rechtsextremen Landesverbänden aus. In Thüringen hat sie deshalb keine andere Möglichkeit, als mit dem BSW zu koalieren. Auch in Sachsen könnte sie mit dem BSW zusammengehen, eine Neuauflage der Koalition mit SPD und Grünen ist aber voraussichtlich ebenfalls möglich. Vor allem in Thüringen ist das BSW damit das Zünglein an der Waage: Die Partei wird mit darüber entscheiden, ob es zu einer Koalition mit parlamentarischer Mehrheit oder einer Minderheitsregierung kommt.
Welche Hürden gibt es für mögliche BSW-Koalitionen?
Parteichefin Wagenknecht hat vor der Wahl Bedingungen für Regierungskoalitionen aufgestellt, die mit Landespolitik eigentlich nichts zu tun haben. Ein solches Bündnis müsse die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland sowie weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen – und dies auch in einen Koalitionsvertrag mitaufnehmen -, forderte sie.
Die Menschen wünschten sich eine Landesregierung, «die bundespolitisch ihre Stimme erhebt», betonte Wagenknecht am Wahlabend erneut. Ob es zu BSW-Koalitionen kommt, wird nun davon abhängig sein, ob und inwiefern die Parteichefin ihre Forderungen aufrecht erhält. Denn die CDU lehnt diese ab. Der Leipziger Politologe Hendrik Träger hält es deshalb für möglich, dass Wagenknecht die Hürden absichtlich hoch gesetzt hat, um eine Regierungsbeteiligung abzulehnen. Sie könne dann sagen, «an uns lag es nicht, aber unsere Bedingungen wurden nicht erfüllt», sagte er der Nachrichtenagentur AFP vor der Wahl.
Welche innerparteilichen Folgen hätte ein Regierungseintritt?
Der Kasseler Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder unterstellt Wagenknecht ein grosses Interesse, dass das BSW nicht Teil einer Landesregierung wird. «Wenn die BSW-Leute vor Ort in eine Regierung eintreten, könnten sie sich von Wagenknecht emanzipieren.» Aus Sicht der Parteichefin hält er deshalb eine Regierungsbeteiligung des BSW für den «Worst Case», die Duldung einer Minderheitsregierung hingegen für ideal. «Die Partei hätte dann einen gewissen Einfluss – ohne Regierungsverantwortung», sagte er AFP vor der Wahl.
Die BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, Katja Wolf, traut sich allerdings durchaus ein Regierungsamt zu, Sachsens BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann ebenfalls. Schroeder prophezeite deshalb «eine erste Kraftprobe innerhalb des BSW».
Ist eine Koalition von BSW und AfD denkbar?
Aus der Partei waren dazu vor der Wahl unterschiedliche Stimmen zu vernehmen. So erteilte Ko-Parteichefin Amira Mohamed Ali einer Zusammenarbeit mit der AfD eine klare Absage. Katja Wolf behielt sich hingegen die Zustimmung zu AfD-Gesetzesvorschlägen vor, ebenso Wagenknecht selbst, die aber gleichzeitig Koalitionen mit der AfD ausschloss.
Schroeder hält «punktuelle Kooperationen» der beiden Parteien für möglich, aber keine Koalition. «Im BSW sind viele aus der alten Linkspartei dabei, die würden da nicht mitmachen», betonte er.
Wie sieht es mit der Bundestagswahl aus?
Wagenknecht will das BSW langfristig als Partei etablieren, von grosser Bedeutung ist daher die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Politikwissenschaftler Schroeder sieht die Ost-Wahlen deshalb als «wichtige Zwischenetappe». Die Partei zeige mit dem Gewinn erster Mandate, «dass sie handlungs- und mobilisierungsfähig ist».
Regiert das BSW auf Landesebene geräuschlos mit, könnte sie Träger zufolge davon im Hinblick auf die Bundestagswahl profitieren. Klappt dies nicht oder müssen viele Wahlkampfforderungen verworfen werden, prognostiziert er enttäuschte Wähler und «einen Ernüchterungsprozess». Träger gibt weiter zu bedenken: «Als Teil einer Landesregierung könnte die Partei im Bundestagswahlkampf nicht mehr als klassische Fundamentalopposition auftreten, wie sie das machen kann, wenn sie keiner Regierung angehört.»
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.