Medienkonferenz«Das Resultat ist kein Votum gegen Muslime in der Schweiz»
Die Abstimmungen vom Sonntag sind durch und der Bundesrat tritt vor die Medien. Die Konferenz im Ticker.
Karin Keller-Sutter sowie Guy Parmelin äusserten sich am Sonntagabend zu den Abstimmungen. Der Bundesrat bedauert unter anderem, dass das E-ID-Gesetz abgelehnt wurde.
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Ende
Es gibt keine weiteren Fragen. Die Pressekonferenz ist hiermit beendet.
Nachhaltigkeit
Frage: Wird die Schweiz auch in Zukunft mehr Nachhaltigkeit im Freihandel anstreben?
Parmelin: Wir werden die Anwendung überwachen. Jedes Abkommen habe seine eigenen konkreten Aspekte, die man berücksichtigen muss. Das ist dann Teil der Verhandlungen.
Mercosur
Frage: Was heisst das Resultat für die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten?
Parmelin: Es gibt dort auch Nachhaltigkeitskriterien. Wir sind derzeit in Verhandlungen.
Historisch
Zum ersten Mal sei ein Freihandelsabkommen mit Nachhaltigkeitsbestimmungen verabschiedet worden, sagt Parmelin. Für die Schweiz als Exportnation sei generell der Marktzugang bedeutsam. Auch in Zukunft werde sich der Bundesrat dafür einsetzen.
Indonesien
Jetzt übernimmt Guy Parmelin das Wort. Er äussert sich zum Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien. «Die Stimmbevölkerung ist der Empfehlung des Parlaments und des Bundesrats knapp gefolgt.» Es handle sich um ein gutes und ausgewogenes Abkommen. Erstmals trage ein Abkommen zur nachhaltigen Entwicklung bei und berücksichtige auch die Schweizer Landwirtschaft. Das Ja schaffe Marktzugänge für viele Firmen, sagt Parmelin.
Wer ist am Zug?
Frage: Was möchten Sie jetzt eigentlich bei der E-ID?
Keller-Sutter: Es ist eine Vorlage des Bundesrats gescheitert. Darum ist das Parlament jetzt am Zug. Der Bundesrat muss aber auch einmal eine Aussprache führen. Wir sollten die Eckwerte abstecken. Dann kann es einen Dialog mit dem Parlament geben. Der Wille des Bundesrats ist auf jeden Fall da, um eine Lösung zu finden. Die Frage der Digitalisierung der Schweiz ist zentral, es kommen weitere Projekte. Wir müssen uns daher auch grundsätzlich Gedanken machen.
Bundesrat
Frage: Von Ihren Vorgängern hat man ständig gehört: Wir müssten, wir sollten. Warum stehen Sie jetzt heute wieder mit einem Appell hier? Warum sind die Digitalisierungsfragen so verzettelt?
Keller-Sutter: Sie stellen eine sehr weitreichende Frage. Nicht alle legen dieselben Schwerpunkte. Ich darf sagen, dass es jetzt einen Digitalisierungs-Ausschuss geben wird. Es gibt Vertrauensfragen und Ängste. Immerhin konnte letzten September das Datenschutzgesetz verabschiedet werden. Wir haben keine andere Wahl, als Lösungen zu erarbeiten.
Neue Lösung
Frage: Wie könnte eine E-ID-Lösung aussehen?
Keller-Sutter: Inhaltlich kann ich nichts sagen. Die Ideen, die im Raum stehen, sind teils widersprüchlich und nicht mehrheitsfähig. Ich werde ein Aussprachepapier in den Bundesrat bringen. Für die Schweiz ist es zentral, den Rückstand aufzuholen. Zeitlich ist es so, es geht schnell zwei bis drei Jahre. Aber ich denke, man muss alles daran setzen, jetzt zeitnah alle Kräfte einzubinden. Wir müssen schauen, dass wir jetzt keine Blockade haben. Einige müssen wohl über Ihren Schatten springen.
Kritik
Sind die Ergebnisse Ausdruck davon, dass das Volk die Pandemie-Politik des Bundesrats weniger unterstützt?
Keller-Sutter: Ich will nicht spekulieren. Ich habe heute Politologen gehört, die meinten, es könne sein, dass sich in den Ergebnissen eine gewisse Kritik am Bundesrat zeige.

Fragen
Die Fragerunde ist offen.
Wie spielt die Pandemie in die Abstimmungsresultate rein?
Das ist spekulativ. Es ist viel schwieriger, eine Kampagne zu führen. Es sei schwieriger geworden für den Bundesrat, den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern in der Öffentlichkeit zu pflegen. Dieser Austausch fehlt.
E-ID
Die Justizministerin kommt zur nächsten Vorlage, der E-ID, die deutlich abgelehnt wurde. Der Vorschlag stamme ursprünglich vom Bundesrat. Dagegen war da Referendum ergriffen worden. «Wir haben intensive Diskussionen hinter uns. Es gab eine breite direktdemokratische Debatte über die Digitalisierung», sagt Keller-Sutter. Es gebe Ängste beim Thema Digitalisierung. Damit müsse man einen Umgang finden. Es werde weitere Vorlagen geben, die ähnliche Bereiche tangierten, etwa Mobility Pricing oder das E-Voting.
«Das heutige Abstimmungsergebnis zeigte die Malaise der heutigen Digitalisierung. Mit Blick auf die vielen anstehenden Herausforderungen ist es wichtig, dass sich Bundesrat und Parteien grundsätzlicher mit dem Thema auseinandersetzen, um künftige Blockaden zu verhindern.» Es brauche eine breitere Herangehensweise mit allen Akteuren.
Wie geht es nun weiter? «Wir respektieren das Ergebnis. Die Hauptkritik war die Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten. Die Gewinner der heutigen Abstimmung haben nun die Möglichkeit, im Parlament nun eine rein staatliche Lösung einzubringen. Das heutige Nein bedeutet aber nicht, dass eine rein staatliche Lösung eine Mehrheit hätte», sagt Keller-Sutter. Sie zählt Risiken einer rein staatlichen Lösung auf. Man stehe derzeit vor einem Dilemma. Der Bundesrat sei offen für die weitere Diskussion über die Digitalisierung. Es brauche nun eine zeitnahe Lösung.
Zwei Jahre Zeit
«Heute gelten im Tessin und in St. Gallen Verhüllungsverbote. Darüber hinaus kennen 15 Kantone Vermummungsverbote. Nun sind alle Kantone verpflichtet, ein generelles Verhüllungsverbot einzuführen», sagt Keller-Sutter. Die Verfassungsbestimmung trete zwar heute in Kraft, die Kantone müssten aber die Ausführungsbestimmungen nun konkretisieren. Dafür haben die Kantone maximal zwei Jahre Zeit. Der Bund müsse in seinem eigenen Bereich, beim Transport und beim Zoll, eine Umsetzung definieren, sagt Keller-Sutter.
Muslime
Sie begrüsse es, dass sich die Muslime in der Debatte engagiert hätten. Das Resultat sei kein Votum gegen die Muslime in der Schweiz. Keller-Sutter verweist auf andere europäische Länder, die ein Burkaverbot erlassen haben.

Es geht los
Zuerst wird sich Karin Keller-Sutter zum Verhüllungsverbot äussern. Es sei etwas unüblich, erst am Abend eines Abstimmungssonntags vor die Medien zu treten. Dies lag daran, dass die Kantone Zürich und die Waadt bei der Auszählung länger gebraucht hatten.
Keller-Sutter: «Der Bundesrat und das Parlament hatten sich gegen das Verhüllungsverbot in der Verfassung ausgesprochen. Die Mehrheit sieht das nun anders. Die neue Verfassungsbestimmung regelt abschliessend auch die Ausnahmen. Das Verbot gilt nicht in Gotteshäusern, Ausnahmen gibt es bei der Gesundheit und der Sicherheit sowie beim Brauchtum und bei klimatischen Bedingungen.» Bei der Debatte seien die Burka und der Nikab im Fokus gestanden. Keller-Sutter spricht zu den Muslimen und betont, dass es eine Minderheit sei, die eine Vollverhüllung trügen.
Bundesrat
Um 18.30 Uhr informiert der Bundesrat zu den heutigen Abstimmungsergebnissen. Anwesend sein werden Bundespräsident Guy Parmelin sowie Justizministerin Karin Keller-Sutter.
Die Resultate der Abstimmungen
Ein Ja zum Verhüllungsverbot und dem Freihandel mit Indonesien und ein klares Nein zur E-ID: Die Resultate der Abstimmungen vom 7. März 2021 auf einen Blick.
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