Moskau verweigert Europa Hilfe gegen den IS-Terror

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Wegen Ukraine-KriegMoskau verweigert Europa Hilfe gegen den IS-Terror

Spannungen zwischen Russland und Europa erreichen einen neuen Höhepunkt: Trotz der erhöhten Bedrohungslage und obwohl es jüngst selber Ziel eines Anschlags wurde, weigert sich Moskau, Informationen über Terroristen herauszugeben.

Der russische Präsident Wladimir Putin weiss als ehemaliger Geheimdienstler um ...
... den Wert von geteilten Informationen. Doch hat sich Moskau ...
... von einer gemeinsamen Terrorabwehr mit dem Westen abgewandt. 2001 sah das noch anders aus.
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Der russische Präsident Wladimir Putin weiss als ehemaliger Geheimdienstler um ...

AFP

Darum gehts

  • Nach dem IS-Anschlag bei Moskau und vor den Grossveranstaltungen in Deutschland und Frankreich hat Europa hat seine Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

  • Gleichzeitig verweigert Russland, Informationen über Terroristen zu teilen.

  • Hintergrund ist der Ukraine-Krieg, die gemeinsame Terrorabwehr läuft im Gegensatz zu 2001 allerdings schon länger auf Sparflamme.

  • Im Gegensatz dazu sind die USA verpflichtet, Terrorwarnungen zu teilen, selbst mit dem Erzfeind Iran.

Die terroristische Bedrohung durch den IS und radikalisierte Einzeltäter wächst stetig. Nach dem Anschlag bei Moskau Anfang März haben viele europäische Länder ihre Sicherheitsvorkehrungen noch einmal erhöht. Die anstehenden Grossanlässe in Deutschland und Frankreich geben dazu zusätzlichen Anlass.

Die Geheimdienste arbeiten auf Hochtouren. Sie sind in ständigem Austausch, weil es «eine koordinierte Antwort auf die islamistische Bedrohung im Zusammenhang mit dem ISPK» brauche, wie der französische Geheimdienst- und Terrorexperte Claude Moniquet auf «Arte» sagte.

«Das Problem ist, dass Russland nicht mitspielt»

Doch: «Das Problem ist, dass einer nicht mitspielt, und das ist Russland.» So habe sich der französische Geheimdienst unlängst mit der Bitte um Informationen über Terrorverdächtige in Frankreich an Russland gewandt. «Angesichts des angespannten Klimas zwischen Paris und Moskau bekam er die freundliche Antwort, man solle sich doch woanders umsehen.»

Der renommierte deutsche Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom bestätigt: «Ich halte das für absolut glaubwürdig. Der Abbruch des Minimalkonsenses bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus dürfte auch die CIA, den besonders feindseligen MI6 und den BND sowie andere NATO-Dienste betreffen», schreibt er auf Anfrage von 20 Minuten.

Abkehr von gemeinsamer Terrorabwehr

Schon dass Putin die Warnungen der CIA kurz vor den IS-Anschlägen auf die Konzerthalle im Norden Moskaus in den Wind geschlagen und als amerikanische Provokation eingestuft habe, zeige «sehr deutlich die Abkehr von einer gemeinsamen Terrorabwehr».

Eine solche Moskauer Abfuhr an Paris sei gut denkbar, sagt auch Adrian Hänni vom Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies (ACIPSS). «Allerdings: Ein produktiver, regelmässiger Austausch von geheimdienstlicher Informationen zu Terrorismus gibt es zwischen Russland und dem Westen eigentlich ohnehin nicht mehr.»

Der Austausch habe sich in den letzten zehn Jahren verschlechtert und seit dem russischen Angriff auf die Ukraine einen Tiefpunkt erreicht – gerade im Vergleich zur Zeit nach den Anschlägen vom 11. September 2001, als Russland und der Westen im Kampf gegen den Terrorismus noch eng zusammenarbeiteten.

USA sind zu Terrorwarnung verpflichtet

Trotz der Eiszeit unter den Diensten warnte Washington Moskau vor dem Anschlag auf die Moskauer Konzerthalle. Dazu sind die USA bei konkreten Hinweisen gesetzlich verpflichtet, selbst bei Erzfeinden: «Auch dem tödlichen IS-Anschlag in Iran von Anfang Jahr gingen offenbar Warnungen der US-Dienste voraus», sagt Hänni. «Grundsätzlich halten sie sich an die 2015 von Barack Obama erlassene Verordnung.»

Dass Russland heutzutage derlei «Gefallen» nicht mehr retourniert, ist für den Westen insofern negativ, als dass Moskau über wertvolle Informationen zu islamistischen Terrorgruppen aus den Regionen der ehemaligen Sowjetunion verfügt – allen voran über den IS-K, der Europa immer aggressiver mit Anschlägen droht.

Profitieren die Terroristen?

Umso mehr fragt sich, inwieweit die Extremisten mit ihren Plänen von der russischen Verweigerungshaltung in der gemeinsamen Terrorbekämpfung profitieren. «Ich denke nicht, dass sich die neuste Krise mit Moskau auf das Anschlagsrisiko auswirkt», winkt Hänni ab: «Dafür war der Austausch zwischen den Diensten schon lange auf zu tiefem Niveau.»

Dass sich die russischen Geheimdienste besonders offen und transparent über diese Bedrohung austauschen würden, sei auch auf absehbare Zeit kein realistisches Szenario. «Auch wenn das sehr hilfreich wäre im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen.»

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