Schweiz: Wie das CO2 wegkriegen? Die sechs Methoden und was sie kosten

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SchweizWie das CO₂ wegkriegen? Die sechs Methoden und was sie kosten

In den Boden pressen, Wald pflanzen oder gleich am Kamin absaugen? Forschende haben untersucht, wie man am besten CO2 aus der Atmosphäre holt – und was es kostet. Es ist die bisher umfangreichste Studie der Schweiz.

Wie soll CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden? Eine Möglichkeit ist, den Stoff direkt abzusaugen. Doch das Verfahren ist teuer. 
Auch in Beton kann CO2 eingelagert werden. Das Verfahren wird aber noch erforscht.
Der Wald speichert viel Kohlendioxid. Holzt man ihn ab und verbrennt das Holz, gelangt es aber wieder in die Atmosphäre.
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Wie soll CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden? Eine Möglichkeit ist, den Stoff direkt abzusaugen. Doch das Verfahren ist teuer. 

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Darum gehts

  • Die Schweiz will bis 2050 netto kein CO2 mehr ausstossen.

  • Es gibt verschiedene Möglichkeiten, CO2 aus der Atmosphäre zu holen.

  • Zwei Millionen Tonnen will die Schweiz jährlich im Inland und weitere fünf Millionen im Ausland aus der Atmosphäre holen.

  • Doch das ist teuer. Forscher rechnen mit Kosten von bis zu 1000 Franken pro Tonne.

Der Bundesrat hat beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 CO2-neutral sein soll. Neben dem Vermeiden von CO2-Emissionen müsse dazu auch gezielt Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt werden. Rund zwölf Millionen Tonnen jährlich entstehen auch 2050 noch, rechnet der Bund.

Forschende der Stiftung für Technologiefolgenabschätzung «TA-SWISS» wollten nun wissen, wie man diese zwölf Millionen Tonnen am besten aus der Atmosphäre holen kann und was es kostet. Dafür haben sie verschiedene Möglichkeiten und Technologien verglichen. Hier die sechs, die am vielversprechendsten sind.

1) Wald pflanzen

Vorteil: Bäume binden bei ihrem Wachstum CO2 und lagern es im Holz ein.

Nachteil: Sterben die Bäume, oder werden sie abgeholzt und verbrannt, wird das CO2 wieder freigesetzt. Ausserdem kann die Waldfläche in der Schweiz nicht unendlich vergrössert werden. Platz für neue Wälder sehen die Forschenden in den Bergen. Alpweiden, die nicht mehr bewirtschaftet werden, könnten gezielt mit Bäumen bepflanzt werden.

Kosten: Ein bis 100 Franken pro Tonne CO2.

Potenzial: Ungefähr drei Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

2) Andere Pflanzen fördern

Vorteil: Wie Bäume speichern auch alle anderen Pflanzen CO2 bei ihrem Wachstum. Sterben sie ab, entweicht nicht das ganze gespeicherte Kohlendioxid in die Atmosphäre. Ein Teil bleibt als Humus im Boden. Bei Mooren ist dieser Anteil besonders hoch.

Nachteil: Wie beim Wald steht auch für andere Pflanzen nicht unendlich viel Platz zur Verfügung. Ausserdem wird das CO2 wieder freigesetzt, wenn zum Beispiel Moore trocken gelegt werden – was auch durch natürliche Prozesse passieren kann – oder der Boden sonst wie gestört wird.

Kosten: Null bis 80 Franken pro Tonne CO2.

Potenzial: Ungefähr 2,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Allerdings sei der Boden nach einigen Jahrzehnten gesättigt, so die Forschenden.

3) Kohle in den Boden einbringen

Vorteil: Auch unter den Boden gepflügte Pflanzenkohle kann CO2 langfristig speichern. Allerdings muss die Kohle dazu, unter Ausschluss von Sauerstoff, im sogenannten Pyrolyse-Verfahren produziert werden. Das in der Kohle gebundene CO2 wird nur sehr langsam wieder freigesetzt.

Nachteil: Bringt man Pflanzenkohle in den Boden, können Schadstoffe wie Schwermetalle in die Böden gelangen und sich in der Nahrungskette anreichern.

Kosten: Zehn bis 135 Franken pro Tonne CO2.

Potenzial: Bis zu 2,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

4) CO2-Abscheidung direkt bei der Verbrennung

Vorteil: Wenn Holz oder Pflanzen verbrannt werden, kann man gleich beim Entstehen, also am Kamin, das CO2 wieder herausfiltern und es beispielsweise in Gestein einlagern. Der Weltklimarat setzt grosse Hoffnungen in diese Technologie.

Nachteil: Das Verfahren ist aufwändig und nicht gerade billig.

Kosten: 30 bis 400 Franken pro Tonne CO2.

Potenzial: Maximal 5,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

5) CO2 aus der Atmosphäre absaugen

Vorteil: Kohlendioxid, das schon in der Atmosphäre ist, wird gezielt herausgefiltert und in Gesteinsschichten eingelagert. Eigentlich ahmt das Verfahren den Prozess von Pflanzen nach, die CO2 aus der Luft filtern und in ihrem Holz oder den Blättern einlagern.

Nachteil: Es gibt eine erste Testanlage in Island, die jährlich 4000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre holt und im Gestein einlagert. Die Technologie müsste für einen Einsatz im grossen Massstab noch weiterentwickelt werden. Zudem benötigen solche Anlagen Energie, damit sie funktionieren.

Kosten: 80 bis 730 Franken pro Tonne CO2. Künftig wohl um die 100 Franken pro Tonne.

Potenzial: Das geologische Speicherpotenzial in der Schweiz schätzen die Forschenden auf maximal 2500 Millionen Tonnen CO2.

6) Carbonatisierung

Vorteil: Gestein bindet durch natürliche Prozesse CO2. Dieser Prozess kann durch technische Verfahren beschleunigt werden, die sogenannte «Carbonatisierung». Mithilfe neuer Technologien kann zum Beispiel Abbruchbeton bis zu 33 Prozent der Treibhausgase, die bei seiner Herstellung frei werden, wieder schlucken. Dazu wird Betonschutt zermahlen und mit reinem CO2 in Kontakt gebracht. Das Produkt ist ein Kalksteinmehl, das später als Füllstoff für die Herstellung von neuem Beton wiederverwendet werden kann. Dadurch verringert sich der CO2-Fussabdruck von neuen Betonprodukten. Ein weiterer Ansatz wäre, das Gestein mit dem gebundenen CO2 fein zu zermahlen und grossflächig auf landwirtschaftlichen Böden oder Waldböden zu verteilen.

Nachteil: Die Zerkleinerung von Gestein und Abbruchbeton ist mit einem grossen Energiebedarf verbunden. Beim Verteilen des gemahlenen Gesteins in der Landschaft könnten auch Schadstoffe mitverteilt werden.

Kosten: 140 bis 940 Franken pro Tonne CO2. Bis 2050 erwarten die Forschenden Kosten von rund 75 Franken pro Tonne CO2.

Potenzial: Bis zu 2,5 Millionen Tonne CO2 im Jahr 2050.

Fazit

Die Forschenden rufen auf, CO2-Emissionen wenn immer möglich einzusparen. Denn eine Wunderwaffe sei keine der oben genannten Ideen. Jede Tonne CO2, die nicht in die Atmosphäre ausgestossen wird, müsse auch nicht mühsam oder teuer wieder entfernt werden.

Ist eine vollständige Vermeidung von CO2-Emissionen möglich?

Nein. Da ist sich die Forschung einig. Auch 2050 wird die Landwirtschaft, zum Beispiel bei der Tiermast, CO2 produzieren. Ausserdem wird weiterhin Kehricht verbrannt werden und auch die Zementproduktion und andere Industriezweige werden nicht ohne den Ausstoss von CO2 produzieren können.

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