Winterthur: Ist der 64-Jährige ein Spielautomaten-König?

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Zürcher OberlandIst der Mann ein Spielautomaten-König oder ein kleiner Fisch?

Ein Türke (64) aus Winterthur soll Drahtzieher eines illegalen Glücksspiel-Imperiums im Zürcher Oberland gewesen sein. Oder gab es andere Hintermänner? Das Urteil des Obergerichts ist noch nicht gefallen.

Winterthur: Ein Mann (64) soll mit illegalen Geldspielautomaten über 600'000 Franken erwirtschaftet haben.
Möglicherweise gab es jedoch andere Hintermänner, die die Spielbankenkommission nicht ermitteln konnte. (Symbolbild)
Das Obergericht hat noch kein Urteil gefällt. Es wird den Parteien schriftlich zugestellt.
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Winterthur: Ein Mann (64) soll mit illegalen Geldspielautomaten über 600'000 Franken erwirtschaftet haben.

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Darum gehts

  • Ein Türke soll während Jahren ein grosses Glücksspielimperium im Zürcher Oberland betrieben haben.

  • Die Spielbankenkommission beziffert den Umsatz seiner über 40 illegalen Spielautomaten auf über 600'000 Franken.

  • Das Bezirksgericht Hinwil büsste den heute 64-Jährigen mit 45'000 Franken.

  • Dagegen erhoben beide Parteien Berufung. Das Obergericht hat noch nicht entschieden.

  • Der Mann wurde bereits ausgeschafft und erschien nicht zum Prozess.

Der heute 64-jährige türkische Geschäftsführer aus Winterthur ist angeklagt, zwischen November 2014 und August 2020 in fünf Lokalen in Wetzikon, Uster und Dübendorf insgesamt 40 Geldspielautomaten betrieben zu haben, ohne eine Konzession zu besitzen. Damit soll der Türke einen Umsatz von über 600'000 Franken erzielt haben. Bei den Lokalen handelte es sich um türkische Treffpunkte und Restaurants.

Die eidgenössische Spielbankenkommission beantragte, den Beschuldigten mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren zu bestrafen, wovon er die Hälfte absitzen soll. Zudem soll er über 580'000 Franken dem Staat abliefern. Es handle sich um einen schweren Fall. Der Türke habe mit den illegalen Spielautomaten einen namhaften Betrag für die Finanzierung seines Lebensunterhalts erwirtschaftet.

Vorinstanz: nur teilweise schuldig

Im Dezember 2022 hat das Bezirksgericht Hinwil den Türken aber nur bezüglich zwei der fünf Lokale schuldig befunden. «Es ist davon auszugehen, dass die Hintermänner, welche die Fäden ziehen, nicht eruiert werden konnten», heisst es im Urteil.

Weiter steht, dass der Mann eine beträchtliche kriminelle Energie zu Tage legte. So hat er beispielsweise dem Verantwortlichen eines der Lokale noch am selben Tag, als die Geldspielautomaten durch die Polizei beschlagnahmt wurden, mitgeteilt, er werde gleich wieder neue Geräte bestellen.

«Die Sicherstellung der Geräte hat ihn offenbar nicht beeindruckt», schreibt das Gericht. Trotzdem erachtete es das Verschulden als «noch leicht».

421 Tage im Gefängnis abgesessen

Das Gericht erlegte dem Beschuldigten eine happige Busse von 45'000 Franken auf. Da der Mann kein Geld hat und bereits 421 Tage in Untersuchungs- und Sicherheitshaft sass, wurden ihm die Hafttage mit je hundert Franken an die Busse angerechnet. Somit galten 42'100 Franken der Busse als bereits bezahlt.

Auf die Ersatzforderung von 580'000 Franken verzichtete das Gericht, weil diese uneinbringlich wäre. Gegen das Urteil erhoben sowohl die Spielbankenkommission als auch der Beschuldigte Berufung ans Obergericht.

Winterthur: Türke wurde in Heimatland ausgeschafft

Am Prozess von Donnerstag erschien der Türke nicht. Der Grund: Das Gericht hat ihn von der Verhandlung dispensiert. Denn das Migrationsamt hat ihn bereits Ende 2022 wegen Schulden in sein Heimatland ausgeschafft. Der 64-Jährige war 1980 in die Schweiz gekommen und hatte in verschiedenen Berufen gearbeitet, bevor er ab 2012 im Spielautomatenhandel tätig wurde. Er hat vier Kinder und ist geschieden.

Sein Verteidiger kritisierte die Spielbankenkommission. Beim Fall handle es sich um eine unendliche Saga, die nun schon zehn Jahre daure. «Die Rechte meines Mandanten sind auf der Strecke geblieben», sagte er. Es gebe keine Beweise, dass sein Mandant der Drahtzieher eines grossen Glücksspielimperiums gewesen sei.

Er hätte mit dem Urteil der Vorinstanz leben können. Nur dass die Busse mit der «unrechtmässigen» Haft abgegolten würde, gehe nicht. Der Verteidiger verlangte für Haft eine Genugtuung von 66'000 Franken.

Fehlende Achtung vor Behörden und Gesetz

Demgegenüber hielt der Anwalt der Spielbankenkommission an seinen Anträgen fest: «Der Beschuldigte war in jedem der fünf Lokale entweder Mieter oder Vermieter.» Er erwähnte nochmals jenen Vorfall, als der Türke nach der Beschlagnahmung der Geldspielautomaten gleich wieder neue Geräte bestellte. «Der Beschuldigte hat keine Achtung vor Behörden und Gesetzen.»

Das Obergericht hat noch kein Urteil gefällt. Es wird darüber entscheiden, ob es schon gefällt werden kann oder noch Zeugen einvernommen werden müssen, wie dies der Verteidiger gefordert hat.

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