ZürichAchtung, bremsen! Plötzlich Tempo 30 auf Transitstrasse
In Zürich-Seebach hat die Stadt auf einer zweispurigen Transitstrasse einen 30er-Abschnitt eingerichtet, allerdings war sie bis Montag noch sehr unauffällig markiert. Die Autos bremsten bei einem Augenschein vor Ort am Montagabend kaum ab.
Darum gehts
Die Stadt Zürich hat auf der Thurgauerstrasse wegen eines neuen Schulhauses Tempo-30 eingeführt.
Dies, weil eine Passerelle für die Schülerinnen und Schüler erst in einem Jahr gebaut wird.
Ein Augenschein vor Ort am Montagabend zeig: Die Zone ist sehr unauffällig angeschrieben. Die Autofahrer fahren meist weiterhin gleich schnell wie vorher.
Verkehrspolitiker halten die Signalisation für dürftig bis ungenügend.
Die Stadt hat tags darauf die Signalisation erweitert.
In Seebach gehen seit eineinhalb Wochen rund 140 Schulkinder ins neue Schulhaus an der Thurgauerstrasse. Gleich neben dem Schulhaus verläuft eine zweispurige Tramlinie sowie eine vierspurige, viel befahrene Strasse. Laut dem Zürcher Schulwegplaner ist es eine anspruchsvolle Stelle, die die Kinder passieren müssen.
Die Thurgauerstrasse ist eine Transitstrasse, eine der wichtigsten im Norden der Stadt Zürich. Erlaubt war dort bis vor kurzem 50 km/h. Doch nun wird der Verkehr gebremst: Neben dem Schulhaus wurde auf einer Länge von 900 Metern eine 30er-Strecke eingerichtet – aufgrund der Schulwegsicherheit.
Die 30er-Strecke sorgte schon vor ihrer Einführung für rote Köpfe, vor allem bei der SVP. Die Temporeduktion solle angeblich nur so lange bleiben, bis dort nächstes Jahr eine Schüler-Passerelle in Betrieb genommen wird. «Aber bei der Stadt Zürich wird aus temporär dann schnell einmal fix», vermutet Stephan Iten, Gemeinderat und Präsident der SVP vom Kreis 11.
Autofahrer bremsen kaum ab
Und die Thurgauerstrasse ist wahrlich kein kleines Quartiersträsschen, sondern die grosse, vierspurige Ein- und Ausfallsroute, auf der Tausende Autos täglich durch Oerlikon, Seebach und Opfikon brausen.
Wie ein Augenschein am Montagabend vor Ort zeigt, ist es den Autofahrern auch nicht bewusst, dass auf der Hochleistungsstrasse jetzt plötzlich auf besagtem Teilstück 30 km/h gefahren werden soll. Rund 90 Prozent der Autos bremsen nicht ab: Es wird fast durchgehend im selben Tempo weitergefahren!
Eine einzige Tafel weit oben in den Bäumen
Angeschrieben ist der 30er-Teilabschnitt am Montagabend stadtauswärts mit einer einzigen Tafel, weit oben in den Bäumen. Wer sie übersieht, wird später nicht mehr an die neue Tempo-Limite erinnert. Zudem fehlten am Montagabend auch noch die grossen 30er-Markierungen auf dem Boden, die anhand der kleinen Markierungen aber wohl demnächst folgen werden. Auch wird die Strasse nirgends optisch verschmälert: Sie sieht weiterhin wie eine normale, vielbefahrene Transitstrasse aus.
«Für das, dass eine 30er-Tempolimite schnell zum Raserdelikt führt, ist es schon etwas sehr mager markiert», meint SVP-Gemeinderat Stephan Iten auf Anfrage. «Und für das, dass es für die Schulwegsicherheit temporär eingeführt wurde, wird eine so spärliche Signalisierung rein gar nichts zur Sicherheit beitragen.»
Auch IG ist unzufrieden mit der Signalisation
«Ich habe schon das Gefühl, dass die Autos jetzt schleichen, die Mehrheit fährt langsamer», findet dagegen Christian Häberli von der IG Grubenacker, die sich dort für die Schulwegsicherheit einsetzt. Aber er findet auch: Die Markierung ist zu wenig sichtbar. «Viel zu unauffällig», ist er enttäuscht. Und er fügt an: «Zudem ist sie nicht fertig. Verkehrsteilnehmer, die aus den Gewerbehäusern auf die Thurgauerstrasse einbiegen, sehen nicht, dass sie auf einen 30er einbiegen. Das habe ich bereits gemeldet.»
Die Interessengemeinschaften hätten der Stadt in den letzten acht Jahren unzählige Vorschläge zur Schulwegsicherheit gemacht, die vorwiegend ignoriert wurden. «Schon ganz zu Beginn der Planung haben wir bemängelt, dass das Schulhaus am falschen Ort steht. Aber wenn sie es schon dort bauen mussten, hätte die Stadt wenigstens in einen sicheren Schulweg investieren müssen.»
Aber es sei «einfach nichts passiert»: «Wir haben noch keine Überführung und die Art und Weise, wie jetzt auch diese dürftige Tempo-30-Markierung erstellt wurde, zeigt einfach, dass die Stadt nur das Minimum für die Sicherheit der Kinder macht. Es gäbe sicher andere Möglichkeiten, um die Temporeduktion auffälliger zu signalisieren.»
Der Stadt ist die Sicherheit der Schüler ein grosses Anliegen
«Der Stadt Zürich ist es ein grosses Anliegen, dass die Schulkinder an der Thurgauerstrasse sicher unterwegs sein können», nimmt Nadja Häberli
Kommunikationsbeauftragte der Dienstabteilung Verkehr, Stellung. «Sie wird die Situation weiter beobachten und die nötigen Massnahmen ergreifen.»
Seit dem 14. August gilt auf der Thurgauerstrasse Tempo-30. Die fehlenden Markierungen seien nun am Dienstag, 27. August, angebracht worden. Die Strecke von 900 Meter sei heute wie folgt stadteinwärts und stadtauswärts signalisiert:
Je 1 Tafel «Signalisationsänderung»
Je 3 Tempo-30-Signalisationen am äusseren Fahrbandrand
Je 3 Tempo-30-Signalisationen auf dem Tramtrassee
Der aktuelle Schulwegplaner zeige heute folgende Situation:

Das ist die heutige Schulwegsituation rund ums Schulhaus Thurgauerstrasse.
Nadja Häberli fügt an: «Die Stadt Zürich hat an einer Veranstaltung am 18. Juni 2024 über die verschiedenen Massnahmen informiert, die sie für die Verkehrssicherheit an der Thurgauerstrasse unternimmt.»
Korrigendum
Die Dienstabteilung Verkehr möchte richtigstellen, dass auf der Thurgauerstrasse die frühere Höchstgeschwindigkeit 50 km/h betrug, nicht wie fälschlicherweise in einer früheren Version dieses Artikels geschrieben 60 km/h. Die 60km/h gelten auf der Thurgauerstrasse erst ausserhalb der Stadtgrenze von Zürich ab Opfiker Boden. Zudem handelt es sich um eine 30er-Strecke und nicht um eine 30er-Zone, wie 20 Minuten in einer früheren Version fälschlicherweise geschrieben hat. Der Unterschied ist der generelle Rechtsvortritt in der 30er-Zone, der auf der Thurgauerstrasse jedoch nicht gilt.
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