ZürichRecht auf ein «Leben ohne Handy»: Stadtrundgang mit der Piratenpartei
Überwachungskameras im Hauptbahnhof und obligatorische Kreditkartenzahlung für einen Kaffee: Monica Amgwerd zeigt in Zürich Orte, die sie im Laufe der Digitalisierung problematisch findet.
Darum gehts
Piratenpartei-Generalsekretärin Monica Amgwerd vertritt die «Initiative für ein Grundrecht auf digitale Integrität».
Bei einem kurzen Stadtrundgang zeigt Amgwerd ein paar lebensnahe Beispiele, welche die Thematik der Initiative ansprechen.
Darunter sind Überwachungskameras im öffentlichen Raum, der Umgang mit Kundendaten und Bargeldzahlung.
Das Billett schnell übers Handy kaufen, die Steuererklärung online ausfüllen und Geschenke bequem im Online-Shop bestellen: Die Digitalisierung bringt uns viele Vorteile. Doch was ist, wenn man gar nicht mehr ohne Smartphone oder Internet auskommt? Oder wenn die Privatsphäre eingeschränkt wird?
«Wir müssen für Leitlinien sorgen, die eine menschenwürdige Digitalisierung garantieren, um deren Vorteile nutzen zu können», sagt Zürcher Piratenpartei-Generalsekretärin Monica Amgwerd, die vorletzte Woche mit ihrem Komitee die kantonale «Initiative für ein Grundrecht auf digitale Integrität» eingereicht hat. Die Volksinitiative fordert, dass ein Leben ohne Handy möglich bleiben muss. Konkret sollen sechs neue Einzelrechte für ein solches Grundrecht in der Kantonsverfassung verankert werden.
Überwachungskamera-Spaziergang
20 Minuten hat mit Amgwerd einen Stadtrundgang in Zürich gemacht, um Orte zu besichtigen, wo sich Fragen zur «digitalen Integrität» der Bürgerinnen und Bürger ergeben.
Die Tour begann im Zürcher Hauptbahnhof, wo gemäss Amgwerd etwa 200 Überwachungskameras installiert sind. «Echtes Sicherheitspersonal bietet Sicherheit und tatsächliche Hilfe für uns Menschen bei Gefahren», sagt Amgwerd. Überwachungskameras seien aber eine Sparmassnahme auf Kosten des Grundrechts auf Privatsphäre. «Dies wird umso heikler durch die jetzt aufkommende KI-Überwachung wie etwa Gesichtserkennung», meint Amgwerd.

Zürcher Piratenpartei-Generalsekretärin Monica Amgwerd zeigt zahlreiche Überwachungskameras im Zürcher Hauptbahnhof.
20min/Hermann Eichhorn«Videoaufnahmen nach 100 Tagen gelöscht»
Wir haben bei der SBB AG bezüglich des Zwecks der Kameras nachgehakt. «Der Einsatz von Videoüberwachungsanlagen erfolgt zum Schutz der Reisenden, des Betriebs und der Infrastruktur», sagt SBB-Mediensprecher Martin Meier.
Eine Herausgabe der Daten an die Strafverfolgungsbehörden erfolge aber nur gegen eine entsprechende Verfügung. «Erfolgt keine Herausgabe, werden die Videodaten gemäss Gesetzgebung nach 100 Tagen automatisch gelöscht», sagt Meier. Gesichtserkennungssoftware sei bei der SBB weder im Einsatz noch geplant.
Weiterverkaufte Kundendaten?
Danach ging es zur Schweizerischen Post AG: «Von der Post weiss man aus Medienartikeln, dass sie Kundendaten an Adresshändler weiterverkaufte», sagt Amgwerd. Damit spricht Amgwerd unter anderem von einem Bericht vom SRF aus dem Jahr 2013, wonach die Post damals die Datenbank des Adresshändlers Schober mit Adressen von Nachsendeaufträgen aktualisiert habe. Mit solchen Daten kann gemäss Amgwerd Werbung gemacht oder sogar politisch Einfluss genommen werden: «Die Post gehört vollständig dem Staat und dieser soll sich digital-ethisch stets vorbildlich verhalten.» Für sie reiche das Datenschutzgesetz nicht aus.
«Die Post verkauft weder Adressen noch gibt sie diese heraus», schreibt uns Post-Sprecherin Nathalie Dérobert. Personen könnten jedoch die Dienstleistung «Adressaktualisierung» nutzen, um beispielsweise bei einem Umzug sämtliche Post an die neue Adresse weiterzuleiten. Dies aber nur mit ausdrücklicher Bewilligung. «Die Post hält sich stets an alle Datenschutzgesetze», erklärt Dérobert.

Mit Bargeld zu zahlen, ist keine Selbstverständlichkeit: Mancherorts werden digitale Zahlungsmittel benötigt.
20min/Hermann EichhornRecht auf Offline-Leben
Zuletzt hat Amgwerd Lust auf einen Kaffee an der Bahnhofstrasse. Doch mit ihrer Banknote kommt sie nicht weit: Man kann nur mit Karte oder Twint bezahlen. «Wer digital zahlt, hinterlässt eine Datenspur. Das sollte freiwillig sein.» Das Initiativkomitee will dies mit einem Recht auf Offline-Leben erreichen.
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