ZürichVerkehrschaos wegen Rad-WM? «Die Stadt wird lahmgelegt»
Während der Rad-WM ist in Zürich an ein Durchkommen mit dem Auto fast nicht zu denken. Betroffene aus Witikon und Zollikon erzählen, welche Einschränkungen sie in Kauf nehmen müssen.
Darum gehts
Vom 21. bis 29. September 2024 finden die UCI Rad- und Para-Cycling-Strassen-Weltmeisterschaften in der Region Zürich statt.
Während neun Tagen werden über 50 Rennen ausgetragen.
Zahlreiche Strassen werden für den Anlass gesperrt.
Ab Samstag kommt das öffentliche Leben im Stadtquartier Seefeld, ab Mittwoch in Witikon sowie in den Seegemeinden Zollikon und Küsnacht wegen der Velo-WM praktisch zum Erliegen. Weil derart viele Strassen gesperrt sind, ist an ein Durchkommen mit dem Auto nicht zu denken. Das Gewerbe verordnet deswegen Zwangsferien, betroffene Anwohner müssen umdisponieren, die Post kann Briefe und Pakete nicht zustellen.
Die Gemeinde Zollikon spricht gar von einer «Einkesselung». «Es wird dringend empfohlen, auf das Auto zu verzichten und mit dem öffentlichen Verkehr oder dem Velo in die Stadt zu reisen», heisst es auch auf der Website der Stadt Zürich. Das von den Behörden titulierte «Velo-Fest für alle» ist für viele ein Ärger. 20 Minuten hat mit zahlreichen betroffenen Personen gesprochen.

Während der Rad-WM kommt es ab Mittwoch zu zahlreichen Verkehrseinschränkungen.
Stadt ZürichD.S. (59): «Weiss nicht, wie ich zur Arbeit komme»
«Ich wohne in Zollikon, muss für die Arbeit aber jeweils nach Küsnacht. Weil ich erst kürzlich eine Rücken-OP hatte, fällt es mir schwer, zweimal täglich 40 Minuten zu Fuss zu gehen. Auch mit dem ÖV komme ich nicht zum Geschäft, ausser ich mache einen Riesen-Umweg. Als ich bei der Gemeinde nachfragte, welche Optionen es gebe, sagte man mir: ‹Nehmen Sie doch das Velo.› Ich musste lachen, so absurd war das. Kurz gesagt, habe ich keine Ahnung, wie ich nächste Woche zur Arbeit kommen soll.
In der Familie machen wir uns auch wegen meiner 88-jährigen Schwiegermutter Sorgen, die direkt an der Rennstrecke wohnt und immer wieder auf Hilfe angewiesen ist. Nächste Woche ist sie total abgeschnitten. Wir werden sie mit Lebensmitteln eindecken und hoffen, dass es nicht zu einem Notfall kommt.»
J. (32): «Wir kriegen während der WM ein Kind»
«Wir wohnen im Zürcher Kreis 2, kriegen unser Kind aber im Spital Zollikerberg. Dass der Geburtstermin genau während der Rad-WM-Woche ist, bedeutet natürlich zusätzlichen Stress. Aber dass man für einen solchen Anlass, der sich nur an ein kleines Zielpublikum richtet, gleich die ganze Stadt lahmlegt, ist schon ziemlich extrem. Ins Spital kommen wir hoffentlich trotzdem irgendwie.»
Wie gehst du mit den Verkehrseinschränkungen während der Rad-WM um?
S.M.: «Kriege keine Besucher im Spital»
«Ich habe am Montag einen geplanten Eingriff in der Schulthess-Klinik. Die liegt – wie auch das Kinderspital oder das Balgrist – mitten im City Circuit der Rad-WM. Die Strecke ist von täglichen Sperrungen betroffen. Ich muss jetzt schon am Sonntag einchecken, was unnötige Kosten verursacht. Nach Hause könnte ich am Donnerstag, trotz Spezialbewilligung ist es aber sehr schwierig, ins Spital zu gelangen. Das bedeutet also, dass ich vier Tage keine Besucher empfangen werde. Für mich ist das keine Tragödie, für die Kinder im Kispi wohl schon.»
T.L.: «Wie das ältere Leute machen, weiss ich nicht»
«Ich wohne mit meiner Familie in Witikon. Wir haben nicht direkt etwas gegen diese Rad-WM. Aber mühsam wird es schon. Wir werden am Morgen alle zuerst zehn Minuten durch den Wald zum weiter entfernten Tram spazieren müssen, statt einfach zur Busstation vor der Tür. Ende Nachmittag dauert das für die Kinder noch länger, weil Witikon ja auf dem Züriberg ist. Wir werden uns schon arrangieren können, wie das ältere und alleinstehende Leute machen, weiss ich nicht.
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