Juristin erklärt«Damit verstösst Coop nicht gegen die Religionsfreiheit»
Laut den Bekleidungsvorschriften von Coop und Denner sind beim Verkaufspersonal jegliche Kopfbedeckungen untersagt. Eine Juristin schätzt ein, ob ein Kopftuchverbot zulässig ist.
Darum gehts
Verkaufsmitarbeitende von Coop und Denner dürfen während der Arbeit kein Kopftuch tragen.
Laut einer Juristin kann dieses Verbot unter Umständen zulässig sein – mit einem generellen Verbot von Kopfbedeckungen verstosse Coop aber nicht gegen die Religionsfreiheit.
Arbeitgeber können im Einzelfall Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden verletzen.
Ob eine Mitarbeiterin mit direktem Kundenkontakt ein Kopftuch tragen darf oder nicht, variiert unter den Schweizer Detailhändlern stark. Während bei Aldi und Lidl ein Hidschab erlaubt ist, verbietet das Bekleidungsreglement für Verkaufsmitarbeitende von Coop und Denner jegliche Kopfbedeckungen. Bei der Migros unterscheiden sich die Vorschriften sogar regional: In Zürich ist ein Kopftuch aus religiösen Gründen gestattet, in anderen Regionen wie Basel, der Ostschweiz, dem Aargau, Bern und Solothurn hingegen nicht.
Kleidervorschriften grundsätzlich erlaubt
«Die Frage, ob und in welchen Fällen Arbeitgeber das Tragen von religiöser Kleidung untersagen dürfen, ist noch ungenügend geklärt», schreibt die Fachanwältin Arbeitsrecht Dayana Berényi Kamm. Grundsätzlich dürften Arbeitgeber Verhaltensweisungen erteilen, wozu auch Kleidervorschriften gehören. Die Weisungen müssten aber sachlich begründet sein und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden respektieren.
Coop begründet das Kopftuchverbot wie folgt: «Im Verkauf sind Kopfbedeckungen wie Baseball-Kappen, Hüte, Mützen oder Kopftücher generell nicht erlaubt, da diese nicht zur Verkaufsuniform gehören.»
Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden verletzt
Laut Berényi Kamm verstösst Coop als privatrechtliche Arbeitgeberin mit einem Kopfbedeckungsverbot nicht gegen die Religionsfreiheit laut Artikel 15 der Bundesverfassung. «Die Arbeitgeberin kann durch das Kopftuchverbot im Einzelfall jedoch Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden oder ihre Fürsorgepflichten als Arbeitgeberin verletzen», fügt die Anwältin hinzu.
Kündigung wegen Kopftuch
So wurde in der Schweiz geurteilt
Eine Berner Grosswäscherei kündigte einer Arbeitnehmerin angeblich aus Sicherheits- und Hygienegründen, weil die Frau mit dem Kopftuch bei der Arbeit erschien. Das Regionalgericht Bern-Mittelland erklärte diese Kündigung in seinem Urteil vom 8. September 2016 für missbräuchlich. Das Unternehmen konnte zu wenig aufzeigen, warum das Kopftuch ein Sicherheitsrisiko darstellt und warum es die Hygiene negativ beeinflusst. Das Unternehmen musste der Frau eine Entschädigung von drei Monatsgehältern zahlen und die Gerichtskosten übernehmen.
Kopftuchverbot unter Umständen zulässig
Ein Kopftuchverbot könne neben nachvollziehbaren Sicherheits- und Hygienegründen auch zulässig sein, wenn sich das Tragen des Kopftuchs nachweislich negativ auf die Kontakte mit Kunden auswirke. «Bei Arbeitnehmenden mit Kundenkontakt kann also ein Kopftuchverbot unter Umständen zulässig sein».
So urteilte der Europäische Gerichtshof
Der Europäische Gerichtshof hat in zwei Fällen aus Deutschland entschieden, dass ein Arbeitgeber das muslimische Kopftuch am Arbeitsplatz verbieten darf, wenn ein internes Betriebsreglement allen Angestellten verbietet, religiöse, politische und philosophische Überzeugung durch das Tragen von Symbolen zur Schau zu stellen. Führt diese Regel indirekt zu einer Diskriminierung von Frauen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, so muss das Unternehmen das Verbot durch ein legitimes Ziel, wie eine neutrale Position gegenüber der Kunden, begründen.
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