Trinkgeld geben in der Schweiz

Trinkgeld geben in der Schweiz: Zehn Prozent sind hier üblich. Gibst du Trinkgeld und was glaubst du – landet es beim ganzen Team?

Trinkgeld geben in der Schweiz: Zehn Prozent sind hier üblich. Gibst du Trinkgeld und was glaubst du – landet es beim ganzen Team?

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Leser-AufruF«20 Rappen Trinkgeld brauche ich nicht»

Trinkgeld geben gilt als sensibles Thema – wieso eigentlich? Vier Personen aus der Schweizer Gastrobranche erzählen, wie es hierzulande ums Trinkgeld steht. Und wie siehst du das Ganze?

Trinkgeld gibst du als Gast, Kundin oder Kunde zusätzlich zum Rechnungsbetrag. Es ist eine freiwillige Zahlung, die eine besondere Qualität des Services honorieren soll. Trinkgeld zu geben gehört für viele als Standard dazu, um Servicekräfte wertzuschätzen.

Je nach Land gibt es Servicepauschalen oder Zuschläge, die bereits Bestandteil der Rechnung sind. Das Trinkgeld erfolgt on top. In der Schweiz ist Trinkgeld inklusive – seit 1974 ist es im Preis inbegriffen. Obwohl die Abgabe von Trinkgeld dadurch freiwillig ist, zahlen viele trotzdem obendrauf. 

Wie viel Prozent Trinkgeld gibst du und wovon machst du es abhängig?

Wie viel Prozent Trinkgeld gibst du und wovon machst du es abhängig?

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«Jedes Team-Mitglied soll Trinkgeld erhalten»

Gibst du Trinkgeld, weil du dich gut beraten und in guten Händen gefühlt hast, fragst du dich eventuell, ob dieses auch bei der Servicekraft bleiben darf. Dominik Hartmann-Suter, Inhaber des Schwyzer Restaurant Magdalena, erzählt uns: «Ob die Person, der man das Trinkgeld gibt, dieses behält oder ob man das Trinkgeld am Ende des Abends unter allen Teammitgliedern aufteilt, ist jedem Restaurant selbst überlassen».

In seiner Lehre habe er es überall anders erfahren: Mal habe etwa der Service den grössten Teil bekommen und nur ein kleiner Teil ging noch an die Küche. «Bei uns im Magdalena machen wir es so, dass jede und jeder vom Team den gleichen Teil Trinkgeld bekommt. Vom Lehrling bis zur Person, die das Geschirr und Besteck abwäscht. Das ist wichtig und fair, denn jede und jeder gibt seinen Teil für das ganze Erlebnis dazu.»

Auch im Ausland – wie den USA oder in Asien – gelten zehn Prozent Trinkgeld als Standard. In Europa gilt: je nördlicher man sich aufhält, desto unüblicher ist Trinkgeld geben. Etwa in Skandinavien. Schweden ist die Ausnahme. 

Auch im Ausland – wie den USA oder in Asien – gelten zehn Prozent Trinkgeld als Standard. In Europa gilt: je nördlicher man sich aufhält, desto unüblicher ist Trinkgeld geben. Etwa in Skandinavien. Schweden ist die Ausnahme. 

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«Die 20 Rappen hab ich zurückgeschoben»

Naomi ist 32 Jahre und arbeitet seit 14 Jahren als Barkeeperin in der Gastro, unter anderem an der Zürcher Langstrasse. Sie erzählt: «Ich hatte mal einen Gast, dessen Bier hat 4,50 Franken gekostet. Er gab mir fünf Franken, ich ihm 50 Rappen zurück und er schob mir ganz grosszügig 20 Rappen davon über den Tresen. Die hab ich ihm dann wiederum retour geschoben und gesagt: Ich glaube, du brauchst das Geld dringender als ich.»

Sie sieht es so: Rundet man 50 Rappen nicht auf, solle man das Trinkgeld lieber ganz lassen. Für sie sei es total ok, dass man bei einem Bier nur einmal Trinkgeld gibt und bei den nächsten drei Stangen nicht mehr. «Es geht einfach um die Wertschätzung. Trinkgeld ist für mich essenziell. Fixkosten zahle ich vom Lohn, aber Einkäufe, auswärts essen gehen und ähnliches über das Trinkgeld. Wenn es, wie während Corona, komplett ausfällt, fällt auch das private Leben weg.» 

Im Ausland gelten oft andere Trinkgeld-Regeln. Lange Zeit hiess es auf Touristenwebsites, in Asien «reiche ein höfliches Lächeln». Dies hat sich glücklicherweise zunehmend geändert. In den USA werden 15 bis 20 Prozent Trinkgeld erwartet – es ist eine zusätzliche Einnahme neben sehr geringen Löhnen.

Im Ausland gelten oft andere Trinkgeld-Regeln. Lange Zeit hiess es auf Touristenwebsites, in Asien «reiche ein höfliches Lächeln». Dies hat sich glücklicherweise zunehmend geändert. In den USA werden 15 bis 20 Prozent Trinkgeld erwartet – es ist eine zusätzliche Einnahme neben sehr geringen Löhnen. 

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«Man kann sich glücklich schätzen» 

«Das Wort ‹Tip› kommt bekanntlich von dem Ausdruck ‹To improve personnel›. Es soll also eine Wertschätzung dem Personal gegenüber sein. Natürlich fällt das Trinkgeld besser aus, wenn das Team motiviert und gut gelaunt ist», so Yanis, Chef de Rang im Pop-up Restaurant Anoah Plantbased.

«Enttäuscht wurde ich im Anoah noch nie, da das Trinkgeld etwas Zusätzliches und nicht selbstverständlich ist. Man kann sich also glücklich schätzen, wenn man diesen Bonus neben dem Lohn bekommt.» Auch im Anoah wird das Trinkgeld fair unter allen Mitarbeitenden aufgeteilt. 

Trinkgeld für den Lieferdienst

Und was ist mit Take-away oder Lieferdiensten? Diese Dienstleistungen gehen in Sachen Trinkgeld oft vergessen. Niels Bogaerts, Chef der Schweizer «Just Eat»-Fahrerflotte sagt uns: «Ich empfehle, mindestens ein bis zwei Franken pro Person pro Bestellung – vor allem an Tagen mit schlechten Wetterverhältnissen – zu geben. Das Trinkgeld kann elektronisch über unsere App oder in Bargeld gegeben werden und kommt immer 100 Prozent dem Fahrer zugute.»

Wer mit dem Handy Essen bestellt, kann den Betrag auf bestimmten Plattformen aufrunden oder das Trinkgeld bar überreichen.

Wer mit dem Handy Essen bestellt, kann den Betrag auf bestimmten Plattformen aufrunden oder das Trinkgeld bar überreichen.

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Was ist deine Meinung zu Trinkgeld?

Wir wollen von dir wissen: Wie viel Trinkgeld gibst du in der Schweiz oder im Ausland? Schaffst du selbst in der Gastro und ärgerst dich über wenig oder gar kein Trinkgeld? Wie findest du, sollte die Aufteilung gehandhabt werden? Fülle das Formular aus und erzähls uns!

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